Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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West und Ost verbinden

Die Grundschulen in Deutschendorf und Schlobitten im Kreis Braunsberg sind einzigartige Schulen in der Woiwodschaft Ermland-Masuren. Unter einem Dach lernen die Kinder zwei Minderheitensprachen: Deutsch und Ukrainisch. Wird das so weitergehen?


Die Grundschulen in Schlobitten und Deutschendorf, die beide in der Gemeinde Deutschendorf im Landkreis Braunsberg liegen, sind zehn Kilometer voneinander entfernt, haben aber viele Gemeinsamkeiten. Gemeinsam ist ihnen, dass sie beide von der Gemeinde betrieben werden und kleine Schulen sind. In Schlobitten gibt es 82 Schüler, in Deutschendorf 112. Was sie gemeinsam haben, ist ein gemeinsamer Deutschlehrer, aber vor allem haben sie gemeinsam, dass sie die einzigen Schulen in Ermland und Masuren sind, in denen Kinder zwei Minderheitensprachen – ihre jeweiligen Muttersprachen Deutsch und Ukrainisch – unter einem Dach lernen. Einige Schüler haben auch eine dritte Muttersprache – Polnisch.

Die ukrainische Sprache war die erste, die offiziell in diesen Schulen eingeführt wurde. Das war, wie sich die Schulleiterinnen erinnern, vor über 20 Jahren. Deutsch ist vor über 10 Jahren in beide Schulen eingetreten. Woher kamen die Ukrainer in Ostpreußen? Während der Weichsel-Aktion 1947 siedelte der polnische Staat 140.000 Menschen zwangsweise aus der Westukraine um. 55.000 wurden nach Ostpreußen deportiert. Ein großer Teil der deutschen Bevölkerung Preußens floh, wurde von der Roten Armee ermordet oder nach Deutschland zwangsumgesiedelt.

Zurzeit, im Februar 2022, wird in der Schule in Deutschendorf Deutsch als Muttersprache für 29 Schüler in zwei jahrgangsübergreifenden Gruppen unterrichtet, Ukrainisch für zehn, ebenfalls in zwei jahrgangsübergreifenden Gruppen. In Schlobitten lernen 16 Kinder in zwei Gruppen Deutsch und vier in einer Gruppe Ukrainisch. Außerdem lernen vier weitere Schüler dieser Schule Ukrainisch in einer Schule in Preußisch Holland, zu der sie von ihren Eltern gebracht werden.

Glänzender Abschluss: Zeugnisvergabe zum Ende des Schuljahres 2020/2021 an der Grundschule in Schlobitten (Foto: Facebook/ Szkoła Podstawowa im. Mikołaja Kopernika w Słobitach)

Beide Schulleiterinnen, Marzena Wakieć aus Deutschendorf und Olga Karpińska aus Schlobitten, versichern, dass die Kinder eifrig ihre Sprachen und die Geschichte und Kultur ihrer Länder lernen wollen, weil dieser Unterricht sehr attraktiv ist. Beide Lehrerinnen tun ihr Bestes. Die Deutschlehrerin hat zum Beispiel enge Kontakte zum Verein der deutschen Minderheit in Elbing geknüpft und Kinder beider Schulen nehmen an Wettbewerben und Treffen teil, die vom Verein organisiert werden.

„Wir haben keine nationalen Spannungen unter den Kindern festgestellt. Hier kennt jeder jeden, und Nationalität, Sprache und Religion sind keine Gründe für Unterschiede. Auch unter den Eltern gibt es keine nationalen Konflikte. Diese Gemeinden sind zu klein. Wir verbinden den Westen mit dem Osten“, versichern sie.

Beide Schulleiterinnen stellen fest, dass die Eltern die Verordnung des Bildungsministers zur Reduzierung der Stundenzahl für Deutsch als Minderheitensprache ab dem neuen Schuljahr offenbar noch nicht kennen.

Sie sind jedoch sehr besorgt darüber.

Eine Stunde Deutsch pro Woche sei weniger als das Minimum, das notwendig sei, um sicherzustellen, dass die Kinder die Sprache erlernen könnten, argumentieren sie. Die Reduzierung der Stundenzahl bedeutet, dass die Deutschlehrerin, die sich um eine Vollzeitstelle bemüht hat, ab September in Teilzeit arbeiten muss. Sie befürchten, dass die Lehrerin, die 30 Kilometer von Elbing nach Schlobitten und Deutschendorf pendelt, sich eine andere Stelle suchen wird.

„Für uns ist es unverständlich“, sagen sie, „warum manche Kinder drei Stunden ihrer Sprache haben sollen und andere nur eine pro Woche. Sprachkenntnisse sind eine große Lebenschance für unsere Kinder aus unserem eher armen und entvölkerten Landkreis. Dies sollte ihnen nicht vorenthalten werden.“

Beide Schulleiterinnen hoffen jedoch, dass die Regierung letztlich von einer Kürzung der Fördermittel für Deutsch als Minderheitensprache Abstand nimmt, da diese Kürzung nur Schaden anrichten würde.

Lech Kryszałowicz

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