Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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„Wir alle haben eine ähnliche Geschichte“

Dominik Duda ist von Dortmund nach Oppeln gekommen, um hier sein berufliches und privates Glück zu finden. Vor vielen Jahren haben die Eltern den umgekehrten Weg eingeschlagen und sind mit der Hoffnung auf eine bessere Zukunft nach Deutschland ausgewandert. Mittlerweile ist die alte Heimat zu einem neuen Zuhause geworden – Dank der Arbeit beim Bund der Jugend der Deutschen Minderheit.

 

Dominik Duda aus Dortmund fühlt sich in Oberschlesien wie zu Hause. Foto: Marie Baumgarten

 

 

Oppeln. Hinter den Ufern des Oderflusses die wiederaufgebauten Stadtmauern, die Heilige-Kreuz-Kathedrale aus dem 13. Jahrhundert und ein Gebäude, das die Menschen, die darin arbeiten, das „Minderheitenhaus“ nennen. Die Beschilderungen an der Fassade in deutscher und polnischer Sprache weisen auf die wechselhafte Geschichte der Stadt hin. Dominik Duda (28) ist vor eineinhalb Jahren aus Dortmund in die Hauptstadt der gleichnamigen Woiwodschaft gekommen. Von den zwischen 200.000 und 300.000 Deutschen in Polen leben die meisten in den Dörfern rund um Oppeln. Als entsandter Kulturmanager des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) unterstützt Dominik Duda die Jugendlichen der Deutschen Minderheit. Das tut er, indem er beispielsweise Schulungen für ein strukturiertes und effektives Arbeiten im Bereich Projektmanagement organisiert. Ganz nebenbei, so hofft er, sollen die Schulungen identitätsbildend wirken. „Mit der Identität ist das so eine Sache. Einige bezeichnen sich als Deutsche, andere als Schlesier, wieder andere als deutsche Schlesier“, sagt Dominik Duda.

 

 

Als mit der politischen Wende 1990 die Deutschen in Polen als nationale Minderheit anerkannt werden und sie sich in Verbänden zu organisieren beginnen, so entsteht auch 1992 die Jugendorganisation „Bund der Jugend der Deutschen Minderheit“ (BJDM), die heute ihren Sitz im „Minderheitenhaus“ in Oppeln hat.

 

 

Quelle des Glücks

Dominik Duda teilt sich im dritten Stock ein Büro mit Geschäftsführerin Sarah Maron (22). In einem zweiten Zimmer stehen ein langer Tisch und ein Flipchart, hier finden Versammlungen, Schulungen und Deutschkurse statt. In der Küche, die gleich daran anschließt, wird in der Mittagspause gemeinsam gekocht, geplaudert, gescherzt. Die vielen Fotos an den Wänden der ganzen Etage zeigen Jugendliche, die sich in den Armen liegen, die tanzen und lachen. Es sind Erinnerungen an gemeinsame Projekte.

 

Für Dominik Duda ist es wichtig, dass die jungen Menschen sich als Teil einer Gemeinschaft begreifen, deren deutsch-schlesische Wurzeln sie verbindet und stark macht. Eine Gemeinschaft, die offenherzig auf die polnische Gesellschaft zugeht, ihr zeigt, dass die deutsche Minderheit lebendig ist, dass sie für ein friedliches Miteinander beider Nationen steht und sich für die Region einsetzt. Ein Mal im Jahr werden beispielsweise in großem Stil Spenden für Kinderheime und Krankenhäuser gesammelt. Das Gefühl haben, Einfluss auf die Gestaltung der Welt zu nehmen und zu einer Gemeinschaft gehören, das wirkt sinnstiftend und ist deshalb für den Menschen eine Quelle des Glücks. Dominik Duda wünscht sich, dass daraus möglichst viele Jugendliche schöpfen mögen.

 

 

Einer von ihnen

Er selbst tut es auch. Denn obwohl in Dortmund geboren, ist er doch auch einer von ihnen, einer der hier verwurzelt ist. Mutter und Vater sind in Schlesien geboren und aufgewachsen. Mit Anfang 20 entschließen sich beide, aus den engen Mauern des kommunistischen Regimes auszubrechen und in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft nach Deutschland auszuwandern. Das war damals in der 80er Jahren, als zwar diejenigen Schlesier, die durch Nachweise wie die Geburtsurkunden deutschstämmiger Vorfahren eine deutsche Staatsangehörigkeit erlangen können und mit dem politischen Status „Aussiedler“ von Deutschland aufgenommen werden. Jedoch werden die meisten Anträge auf Ausreise abgelehnt. Es gilt: Paragraph vier, du bleibst hier. Wie es ihnen trotzdem gelungen ist die Ausreise zu erwirken? Ganz einfach: Sie sind auf Besuch in die Bundesrepublik gereist und nicht mehr zurückgekommen.

 

Zu diesem Zeitpunkt sind die Eltern übrigens nicht verheiratet. Sie kennen einander noch nicht einmal. Erst in der Erstaufnahme-Einrichtung Unna-Massen bei Dortmund, wohin sie von dem Grenzdurchgangslager Friedland aus geschickt werden, schließen sie Bekanntschaft und verlieben sich. Sie legen gemeinsam das deutsche Abitur ab, studieren, finden Arbeit. Als die Großeltern in Rente gehen, verlassen auch sie Polen und folgen den Kindern nach Dortmund. 1990 kommt hier Dominik zur Welt. Mit sieben Jahren besucht er zum ersten Mal die Heimat der Eltern und Großeltern. Seitdem hat er den Klang des schlesischen Dialektes im Ohr, des sogenannten „Wasserpolnisch“, das Elemente der polnischen, deutschen und tschechischen Sprache zusammenbringt. Polnisch lernt er aber erst als Erwachsener in einem Sprachkurs an der Universität in Duisburg. „Eine Parallele zu meinen Großeltern. Sie haben auch erst als junge Erwachsene Polnisch gelernt, erst nach Ende des Zweiten Weltkrieges.“

 

Dominik spürt schon als Kind, dass er sich durch seine besondere Familiengeschichte von den Freunden und Mitschülern unterscheidet. Nach seinem Politikstudium beschließt er, künftig nur einer solche Tätigkeit nachzugehen, die in einem deutsch-polnischem Kontext steht. Und weil er in seiner Freizeit schon viele Jugendprojekte auf die Beine gestellt hat, bewirbt er sich für eine Stelle bei der Jugend der deutschen Minderheit in Oppeln. „Es sollte diese Stelle werden oder keine“, sagt Dominik. „In Oppeln fühle ich mich zu Hause. Es ist nicht das Polen, das man sieht, wenn man in Warschau aus dem Zug steigt. Hier ist Schlesien – die Sprache ist anders, die Architektur ist anders. Hier fühle ich mich mit den Menschen auf ganz besondere Weise verbunden, vor allem mit den jungen Menschen, mit denen ich zusammenarbeite. Wir alle haben eine ähnliche Geschichte.“

 

Marie Baumgarten

 

 

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