Reformationssonntag, 03.11.2024
- Lesung: 5. Buch Mose 6,4-9
- Lesung: Matthäusevangelium 5,1-10
Predigt: Römerbrief 3,23-24
Denn alle haben gesündigt und verfehlen die Herrlichkeit, die sie vor Gott haben sollten, sodass sie ohne Verdienst gerechtfertigt werden durch seine Gnade aufgrund der Erlösung, die in Christus Jesus ist.
Römerbrief 3,34-34
SCH2000: Die Bibel (Schlachter 2000)
Den gnädigen Gott suchen und finden
Martin Luther, der deutsche Kirchenreformator, ordnete sein Leben der Frage „Wie finde ich den gnädigen Gott” unter, sagte Papst Benedikt XVI. während eines ökumenischen Gottesdienstes mit Vertretern/innen der Evangelischen Kirche in Deutschland am 24.09.2011 in Erfurt. Diese Aussage ist ein präzises Resümee des Lebens Luthers. Der Augustinermönch ging ins Erfurter Kloster, um vor Gott gerecht zu werden. Als junger Student machte er mehrere Erfahrungen mit dem Tod seiner Freunde und Professoren. Mit Furcht dachte er über das, was nach dem Tod kommt. „Werde ich gerecht vor Gott? Wird er mich in seinen Himmel aufnehmen? Wie geht er mit meiner Sündhaftigkeit um?“ Das waren die Fragen, die ihm später auch als Mönch und Priester keine innerliche Ruhe gaben. So fing er an, dank der Inspiration des Johannes Staupitz, seines Klostervorgesetzten, die Bibel zu lesen und Biblische Theologie zu studieren. Später, um das Jahr 1515, fand er auch seine Ruhe, als er an der Wittenberger Universität Leucorea Vorlesungen über den Römerbrief hielt. Unter anderen, fand er im oben erwähnten Text, eine der Antworten auf seine zahlreichen Fragen.
Der Mensch ist ein Sünder. Durch Adam und Eva ist er so tief gefallen, dass er sich mit eigenen Kräften nicht aus der teuflischen Gefangenschaft lösen kann. Er will es zwar, ist aber zu schwach, um die Befreiung zu erreichen. So kann sich der Mensch auch nicht von alleine Gott nähern und ist nicht in der Lage, erlöst zu werden. Es ist eine sehr traurige, pessimistische Vision der menschlichen Kondition vor Gott. Lutheraner zu sein, bedeutet nun, ein tiefes Bewusstsein der eignen Sündhaftigkeit zu haben, ohne Perspektiven sich auf eigene Hand davon zu befreien.
Der gnädige Gott liebt den Menschen und will ihn nicht verlieren
Aber die Rettung kommt trotzdem! Gott kennt seinen Menschen und sendet gnädig Hilfe in Person seines Sohnes – Jesus Christus. Der Mensch kann sich nicht alleine von der Sünde befreien. Das macht für ihn der Sohn Gottes am Kreuz. Er nimmt unsere Sünden auf sich und gibt uns dadurch eine neue Erlösungsperspektive. Diese Handlung kann man eigentlich auch mit einem Wort beschreiben: Gnade. Der gnädige Gott liebt den Menschen und will ihn nicht verlieren. Die wichtigste Aufgabe für den Menschen ist, diese Haltung Gottes zu erkennen und mit Liebe auf Seine Liebe zu antworten. Wenn wir uns also Gott mit eigenem Schuldbewusstsein nähern und unsere Sünden bekennen – so werden sie von Jesus ans Kreuz getragen. So muss der Prozess der Umkehr zu Gott erfolgen. Am Vortag des Reformationsfestes und Reformationssonntags ist es wichtig, sich diese reformatorischen Gedanken zu vergegenwärtigen. So wird uns Gott näher – der gnädige Gott – so wird es leichter, ihn zu finden.
Das Wort „Reformation” bedeutet eine Umgestaltung, Auflegung von neuen Akzenten im Kirchenleben und in der Frömmigkeit. Sie müssen nicht gleich evangelisch werden, aber es ist immer wichtig, neue Akzente in der Religiosität zu finden, damit sie nicht abstirbt. Von genau diesem Absterben der Religion werden wir gegenwärtig Zeugen. Es kann sein, dass wir im Christentum, egal ob katholisch oder evangelisch, neue Akzente und Inspirationen brauchen. Luthers Frage, wie finde ich den gnädigen Gott? kann uns zu dieser Suche ermuntern. Amen.