Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Zum Schulbeginn

Deutsch in der 7. und 8. Klasse der Grundschule darf nicht mehr gleichzeitig als Fremd/ und Minderheitensprache unterrichtet werden. Foto: R. Urban

Pünktlich zum Beginn des neuen Schuljahres in Polen veröffentlichte der Verband deutscher Gesellschaften einen offenen Brief des für Bildung verantwortlichen Vorstandsmitglieds Rafał Bartek. Obwohl die Zahlen der Deutsch lernenden Schüler immer noch hoch sei, sehe er wegen der für die Minderheit negativen Rechtsauslegung des Bildungsministeriums die bisherige Entwicklung in Gefahr.

 

Die Corona-Pandemie hat im vergangenen Schuljahr den Lehrbetrieb in Polen jäh unterbrochen und seit Mitte März funktionierte der Unterricht nur noch in online-Form. Dies blieb, wie Rafał Bartek, Vorstandsmitglied des Verbandes deutscher Gesellschaften, in seinem offenen Brief an Eltern, Lehrer, Mitglieder der Minderheit und deren Untzerstützer schreibt, natürlich auch nicht ohne Folgen für den Deutschunterricht als Minderheitensprache. „Wir sind uns dessen bewusst, dass ein Elternteil nicht immer in der Lage war, einen Lehrer zu ersetzen, und Online-Unterricht den im Klassenzimmer sowie die Lehrer-Schüler-Treffen nicht ersetzen kann“, lesen wir im Brief.

 

Negative Auslegung

Für den Deutschunterricht als Minderheitensprache kam allerdings erschwerend hinzu, dass das Schuljahr 2019/2020 das erste gewesen ist, in dem die vor zwei Jahren neufestgelgte Auslegung der Bildungsgesetze für den Minderheitenunterricht vollständig gegriffen hatte. Wie wir im Wochenblatt mehrmals berichtet haben, geht es dabei darum, dass von nun an in den letzten beiden Grundschulklassen Deutsch nicht mehr gleichzeitig als Minderheiten- und Fremdsprache unterrichtet werden darf und wer Deutsch weiterhin als Minderheitensprache wählt, muss eine weitere Fremdsprache erlernen. Dies führte dazu, dass in den meisten Fällen die Eltern für ihre Kinder in der 7. und 8. Klasse Deutsch als Fremdsprache gewählt haben, um so weiteren Mehrstunden zu entgehen und bei den Pflichttests zum Schulabschluss Deutsch als Prüfungsfach angeben zu können, was nur geht, wenn es als Fremdsprache gelernt wird.

 

SKGD-Vorsitzender Rafał Bartek
Foto: R.Urban

 

Wie Rafał Bartek schreibt, sehen zwar die offiziellen Zahlen der Deutschlernenden in den Grundschulen polenweit nicht schlecht aus, denn in 591 Einrichtungen lernten im vergangenen Schuljahr 51.513 Grundschüler Deutsch als Minderheitensprache. In den Oberschulen sieht man allerdings weiterhin einen starken Rückgang, denn in nur drei Lyzeen, einer technischen Oberschule und vier Fachschulen polenweit lernen die Schüler Deutsch als Minderheitensprache. Dieser Trend ist zwar seit Jahren sichtbar. Er wird aber nun durch die von der Minderheit stark kritisierte Rechtsauslegnung des Bildungsmiministeriums noch verstärkt, denn es entsteht eine Lernpause von zwei Jahren, bis die Schüler in eine Oberschule gehen.

 

„Wir sind uns der wichtigen Rolle bewusst, die die Kenntnis einer Minderheitensprache für Minderheitengemeinschaften, aber auch für ganze Regionen, die von einer bestimmten Minderheit bewohnt werden, spielt. Deshalb werden wir uns weiterhin nicht nur um den Abbau dieser Barrieren bemühen, sondern auch um so wichtige Veränderungen im Bildungssystem, die schließlich zur Umsetzung der Bestimmungen der von Polen ratifizierten Charta der Regional- oder Minderheitensprachen führen werden“, betont Bartek.

 

Nicht nur in der Schule

Dabei sollte aber die Bildung nicht nur als Prozess in der Schule angesehen werden, sondern auch außerhalb. Deshalb dankt VdG-Vorstandsmitglied Rafał Bartek in seinem Brief allen Eltern und Unterstützern der deutschen Minderheit für ihr Engagement, die deutsche Sprache im Alltag, im öffentlichen Raum wieder zu etablieren. Dem dienen ebenfalls außerschulische Bildungsprojkete, wie der Samstagskurs. Hinzu kommt auch eine neue Initiative vor allem für die Siebt- und Achtklässler – die Deutsch AG – als Unterricht auf Freiwilligenbasis.

 

Zur Bildung trage auch das Projekt Lernraum.pl bei, das von der Deutschen Bildungsgesellschaft und dem VdG ins Leben gerufen wurde, sowie die von der deutschen Minderheit mit Mitteln aus dem Haushalt der Bundesrepublik nach Jahren des Wartens aufgenommenen Vorhaben des Aufbaus eines Ausstellungs- und Dokumentationszentrums der Deutschen in Polen sowie eines Forschungszentrum der Deutschen Minderheit. Auch diese beiden Initiativen dienen der Bildung, wenn auch nicht nur der sprachlichen, meint Rafał Bartek.

 

Rudolf Urban

 

Den offenen Brief können Sie hier im Wortlaut nachlesen:

Offener Brief es VdG zum Schulbegin 2020 S1
Offener Brief es VdG zum Schulbegin 2020 S2
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