Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Zwei Tage, drei Räume, viele Themen

Am 23. und 24. November organisierten das Nordinstitut (Instytut Północny) und das Forschungsinstitut „Wojciech Kętrzyński“ in Allenstein (Olsztyn) eine internationale Konferenz mit dem Titel „Deutsche Lager in den Jahren 1939-1945 – Aktueller Forschungsstand“. Während der zwei Tage wurden in einem dichten Programm von den Teilnehmern viele verschiedene Aspekte zu unterschiedlichen deutschen Lagern beleuchtet.

In einer Galerie unter der raumhohen Zeichnung einer Friedenstaube und umgeben von weiteren interessanten Kunstwerken zu tagen, davon träumt sicher so mancher Wissenschaftler – vor allem, wenn er sich normalerweise mit Dokumenten und Archiven befasst. Die ersten beiden Blöcke des „Museumspanels“ der Konferenz fanden aus räumlichen Gründen nämlich nicht im Sitz des Nordinstituts im Polnischen Haus in Allenstein statt, sondern im Ausstellungsraum des nebenan gelegenen Plastischen Lyzeums, der den Teilnehmern das beschriebene beflügelnde künstlerische Ambiente bot.

Museen im Blick, Lager auf der Landkarte

„Das Thema ist weiterhin aktuell, wir haben es extra weit gefasst, um vielen Wissenschaftlern die Möglichkeit zu geben, ihre Forschungen zu präsentieren“, erklärte Dr. Emilia Figura-Osełkowska, die für die Organisation der Konferenz verantwortlich war. Denn auch nach so vielen Jahren gibt es Lücken im Wissen, alternative Ansätze, andere Sichtweisen und modernere Methoden für neue Erkenntnisse.

Grund genug für eine neue Monografie über das deutsche Konzentrationslager Stutthof, deren Konzept Dr. Marcin Owsiński vom Stutthof-Museum vorstellte. „Bisher fehlt eine abgerundete Darstellung. Die Geschichte des Lagers soll in drei Bänden in drei Zeitabschnitten präsentiert werden, dazu ein Kalendarium der Ereignisse und der traurigste Band mit den Namen aller Opfer“, fasst er den Umfang der anstehenden Arbeiten zusammen. Eine Veröffentlichung soll in zwei bis drei Jahren erfolgen.

Im Plastischen Lyzeum in Allenstein wurde über das deutsche Konzentrationslager Stutthof gesprochen.
Foto: Uwe Hahnkamp

Einen ähnlichen Zeitrahmen hat Emilia Figura Osełkowska für die interaktive Landkarte der deutschen Lager auf dem Gebiet des ehemaligen Ostpreußen im Blick, die sie in ihrem Vortrag auf der Konferenz vorstellte. „Sie wird eine Quelle für verschiedene Informationen und ein Werkzeug für Forscher sein. Neben den grundlegenden Daten sollen Bibliografien zu den einzelnen Lagern und – wie wir hoffen – auch Bilder hinterlegt werden. Aber wir sind offen für weitere Ideen“, führte sie aus. Hinzu kommen Erläuterungen zur Geschichte und zu den Arten der deutschen Lager, die allgemein verständlich verfasst sein sollen, um auch alle Menschen zu erreichen, die sich selbst ein Bild machen wollen.

Vernichtung und Zwangsarbeit

Die weiteren wissenschaftlichen Panels fanden im Lesesaal und im Konferenzraum des Nordinstituts „Wojciech Kętrzyński“ statt. In dieser nüchterneren Atmosphäre nahm unter anderem Dr. Radosław Wiśniewski vom Muzeum Pogranicza in Soldau (Działdowo) das früher dort existierende deutsche Konzentrationslager genauer unter die Lupe. Von der Fläche und der Zahl der Gebäude her sehr klein, wandelte es sich vom Arbeitserziehungslager zum Durchgangslager und später zum Vernichtungslager. Hier wurden viele – vor allem polnische – Geistliche und 1940 im Rahmen der Aktion T4 etwa 1.900 behinderte Deutsche und Polen umgebracht. 300 von ihnen stammten aus der Provinzial-Heil- und Pflege-Anstalt Kortau bei Allenstein – deren Gelände heute Teil der Universität Ermland-Masuren ist.

Im Konferenzraum des Nordinstituts fand unter anderem ein Vortrag zum Thema Zwangsarbeit und Erich Koch statt.
Foto: Uwe Hahnkamp

Diese Aktion zur „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ steht auch mit dem damaligen Gauleiter der NSDAP in Ostpreußen, Erich Koch (1896–1986), in Zusammenhang, um den sich ein weiterer Vortrag drehte. Dr. Ralf Meindl vom Deutschen Historischen Institut in Warschau (Niemiecki Instytut Historyczny w Warszawie) behandelte dieses Thema im internationalen, deutschsprachigen Panel „Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter in der Konzeption von Erich Koch in Ostpreußen“. Koch war als Gauleiter für das Funktionieren der Wirtschaft zuständig und brauchte Arbeitskräfte. In der Landwirtschaft tätige Arbeitskräfte galten nämlich als unqualifiziert. Sie wurden daher viel häufiger zur Wehrmacht eingezogen – und mussten ersetzt werden. „Deshalb schickte man Kriegsgefangene aus Lagern, die der Wehrmacht unterstanden, auf einzelne Höfe. In Hohenstein (Olsztynek) etwa waren mehrere Hunderttausend Gefangene inhaftiert, die dort gar nicht hineinpassten. Die meisten davon waren auf Bauernhöfen“, schilderte Ralf Meindl eine Lösung. Zwangsarbeiter wurden hingegen von der SS „herangezogen“ und unter anderem in der Industrie eingesetzt. Das nutzte Erich Koch für die Betriebe seiner 1933 gegründeten Erich-Koch-Stiftung unter anderem in Białystok, wo auch Juden aus dem dortigen Ghetto arbeiten mussten. Er konnte zwar Zwangsarbeiter für Höfe und Firmen bei der SS anfordern, direkten Einfluss auf die Lager hatte er allerdings nicht.

Uwe Hahnkamp

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