Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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„Die großen Vier“

Sowohl in Polen als auch in Deutschland findet ein Preiskampf zwischen den größten Anbietern auf dem Supermarkt- und Discountmarkt statt. An der Weichsel beobachten die Kunden seit vielen Wochen die Rivalität zwischen den beiden Ketten Biedronka und Lidl. In allen Zeitungen und auf Plakatwänden versuchen die Ketten zu beweisen, dass in ihren Geschäften die Produktpreise derzeit am niedrigsten sind.

Für die deutsche Kette Lidl ist die Konzentration auf möglichst niedrige Preise seit Jahrzehnten ein Rezept, um Kunden anzulocken und die Gewinne zu steigern. Diese Strategie hat auch ihre Schattenseiten – Mitarbeiter beschweren sich über die schwierigen Arbeitsbedingungen und Landwirte warnen, dass die von den Discountern diktierten Preise ihre Betriebe unrentabel machen, aber die Kunden sind glücklich! Lidl und Aldi sind zwei deutsche Discount-Ketten, die seit Jahren ihre Ladenketten in Polen ausbauen. Auch in Deutschland konkurrieren die beiden Konzerne seit Jahrzehnten darum, die beliebteste Kette zu sein. Zusammen mit Rewe und Edeka bilden sie die so genannten „großen Vier“, die fast 80 Prozent des deutschen Einzelhandelsmarktes kontrollieren.

Symbol der deutschen Expansion

Lidl ist in den letzten Jahrzehnten zum Sombol deutscher Expansion geworden. In den Geschäften dieser Marke kaufen Polen, Italiener, Franzosen und Engländer ein.
Foto: DMCGN/Wikipedia

Lidl ist Teil der Schwarz Gruppe, zu der auch die Kaufland SB-Warenhäuser gehören. Lidl ist in den letzten Jahrzehnten zu einem Symbol der deutschen Expansion geworden. Polen, Italiener, Franzosen und Engländer kaufen in den Läden der Marke ein. Allein in Deutschland hat die Kette mehr als 3.000 Filialen. Insgesamt beschäftigt die Schwarz Gruppe weltweit mehr als eine halbe Million Menschen. Seit Jahren gibt es Lidl auch in den Vereinigten Staaten. In Übersee sah der Gründer der Gruppe, Dieter Schwarz, in den 1950er Jahren die Idee der großflächigen Läden, in denen die Kunden selbstständig Produkte auswählen und zur Kasse gehen. Seit der Eröffnung seines ersten Ladens im Jahr 1968 hat Dieter Schwarz das Konzept des Discounters immer weiter verfeinert. Im Mittelpunkt stand dabei immer der niedrige Preis. In den folgenden Jahrzehnten haben die „großen Vier“ durch die Optimierung ihrer Prozesse die Bedingungen geschaffen, die heute in ganz Deutschland herrschen. Hierzulande sind die Lebensmittelpreise trotz hoher Löhne niedriger als in den meisten anderen EU-Ländern. Nach Angaben von Eurostat gaben die Deutschen im Jahr 2022 nur 11,5 Prozent ihres monatlichen Haushaltsbudgets für Lebensmittel aus. Die Polen mussten in diesem Zeitraum hingegen 18,7 Prozent für den gleichen Zweck ausgeben.

Rücksichtslose Verhandlungen

Was die Kunden genießen können, ist für die Landwirte eine Quelle der Frustration.

„Wir kennen die Rohstoffe, die in das Produkt einfließen, wir wissen, wie viel Energie es braucht, um das Produkt herzustellen, wir kennen auch viele andere Faktoren“, so erklärte der damalige Lidl-Deutschlandchef Christian Härtnagel in einem Interview mit dem Handelsblatt im Mai 2023, wie der Konzern mit den Herstellern verhandelt. Dieser Punkt ist in den letzten Jahren zunehmend in die Kritik geraten. Mit dem Argument der Größenordnung und dem Erreichen eines großen Kundenstamms im Rücken fordern die Verhandlungsführer der Discounter von den Herstellern Preise am Rande der Rentabilität. In diesem Jahr wollte die deutsche Brauerei Bitburger aufgrund steigender Produktionskosten die Preise für ihre Biere anheben. Nach einer Reihe von Gesprächen mit den „großen Vier“ musste sie diese Pläne jedoch aufgeben. Hingegen beschloss der Süßwarenhersteller Haribo, die Preise in einer Zeit der Inflation zu erhöhen. Daraufhin verschwanden die beliebten Bonbons aus den Regalen der Lidl-Filialen in ganz Europa, und die Kette bot stattdessen nur noch ähnliche Produkte aus eigener Herstellung an. Denn auch die Praktik, mehr und mehr in die Rolle des Produzenten zu schlüpfen, ist ein Trend, auf den die Schwarz Gruppe setzt. Bei Lidl und Kaufland wird ein Großteil der Produkte, wie Getränke, Schokolade oder Kaffee, in konzerneigenen Fabriken hergestellt.

Landwirte im Minus         

Was die Kunden genießen können, ist für die Landwirte eine Quelle der Frustration: „Bei unverarbeiteten Lebensmitteln wie Kartoffeln, Äpfeln usw. sind die Bauern eigentlich dazu verdammt, das letzte Wort der Supermärkte hinnehmen zu müssen”, erklärt Reinhild Benning, Expertin der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die sich unter anderem mit der Lage der Landwirtschaft beschäftigt, im Interview mit der Deutschen Welle. Die Expertin weist jedoch darauf hin, dass nicht nur die Supermärkte ein Problem in diesem komplexen System darstellen. Auch die großen Produzenten, die den Bauern ihre Ernte abkaufen, diktieren Preise, die nicht einmal die Produktionskosten decken: „Die deutsche Verarbeitungsindustrie ist sehr exportorientiert, bis zu 50 Prozent der Produktion gehen ins Ausland“, so Benning. Der Kampf um die niedrigsten Preise zahlt sich bestimmt für die Ketten selbst aus. Die Schwarz Gruppe hat im Jahr 2022 einen weltweiten Umsatz von 154,1 Milliarden Euro verzeichnet. Derzeit investiert die Gruppe Hunderte von Millionen Euro in Technologieprojekte: Sie baut ihr Servernetz aus und entwickelt ihren Online-Handel. Im vergangenen Jahr flossen große Summen von den Konten der Gruppe an Aleph Alphas, ein Unternehmen, das an künstlicher Intelligenz arbeitet. Die Verantwortlichen der Schwarz Gruppe versichern, dass die künstliche Intelligenz den Online-Einkaufsprozess automatisieren wird. Sie wird auch dazu beitragen, die Selbstbedienungskassen zu verbessern.

K.Ś.

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