Die vor zwei Jahrzehnten in Berlin initiierte „Lange Nacht der Museen“ bürgerte sich schon fest in Polen ein. Auch in Ermland-Masuren finden jeweils im Mai solche Veranstaltungen statt, die gerne besucht werden. In Allenstein ist vor allem das regionale Museum für eine erfolgreiche Durchführung der Europäischen Museumsnacht zuständig.
Bei der letzten Ausgabe gab es u. a. eine nächtliche Erkundung des Schlachtfeldes von Tannenberg sowie einige Aufsehen erregende Veranstaltungen im Museum für Volkskunde in Angerburg (Węgorzewo). Dort wurde etwa Kartoffelsuppe nach ostpreußischer Art gekocht und serviert.
Interessant ging es auch dieses Jahr im kleinen, aber feinen Opinogóra zu. Der Ort liegt bei Ciechanów im nördlichen Masowien. Er gehörte einst der polnischen Aristokratenfamilie Krasiński. Seit einem halben Jahrhundert beherbergt sein Schmuckstück, wie das dortige neogotische Schlösschen ohnehin genannt werden kann, ein Romantik-Museum. An den anderen Gebäuden des in früheren Zeiten ansehnlichen Anwesens nagte leider so sehr der Zahn der Zeit, dass sie langsam verkamen. Bis man endlich EU-Subventionen bekam und diese aufgestockt hat, um sämtliche zu diesem weitläufigen Gut gehörenden Häuser und die ganze umliegende Parkanlage entweder wiederaufzubauen oder sie vollständig zu sanieren. Heutzutage prangen sie durch ihre jüngst renovierten Innenräume, wo regelmäßig anspruchvolle Veranstaltungen angeboten werden.
Nicht anders geschah es in der Nacht vom 14. zum 15. Mai 2016. Wahre Renner waren eine Lesung der Gedichte von Jan Twardowski sowie zwei hervorragende Konzerte. Doch für Kunstinteressierte stand noch eine höchst interessante Ausstellung zur Besichtigung, in der Gemälde von bekannten polnischen Malern des 19. Jahrhunderts präsentiert werden. Sehr viele von ihnen waren übrigens Absolventen einer schon damals angesehenen Kunstakademie in München. Ihre pietätvoll restaurierten Gemälde wurden aus den Sammlungen der Nationalmuseen in Warschau und Krakau ausgeliehen. Die meisten zeigen Motive aus der polnischen Geschichte, einige Maler befassten sich mit literarischen und mythologischen Stoffen. Daneben sind auch Bilder zu bestaunen, bei denen es sich um biblische Geschichten handelt.
Unter den Ausstellungsstücken sind auch Gemälde, die einen direkten Bezug auf die deutsch-polnische Vergangenheit nehmen. So ist es etwa im Fall des Malers Anton Johann Blank (1785-1844), der jetzt mit seinen Porträts in Opinogora vertreten ist. Blank erblickte 1785 im damals preußischen Allenstein das Licht der Welt, ging aber später nach Warschau und Dresden, wo er sich weiterbildete und einen Namen machte. Aus heutiger Sicht könnte er sicherlich für einen Europäer gehalten werden, der zwei Kulturkreisen angehörte. In Opinogóra kann man das Bildnis seiner Dresdner Verlobten Amelia Peschwell, stilisiert als griechische Göttin der Jugend Hebe, bewundern. Was dabei auffallen mag, ist die Tatsache, dass der zeitgenössische deutsche Künstler Karl Wilhelm Wach Königin Luise in der gleichen Manier – nämlich ebenfalls als Hebe, nur diesmal vor dem Brandenburger Tor in Berlin – dargestellt hatte. Und noch ein Tipp in diesem Zusammenhang: In der Warschauer Nationalgalerie kann man Anton Werners Gemälde „Der 19. Juli 1870 (König Wilhelm am Sarkophag seiner Mutter, der Königin Luise, im Mausoleum zu Charlottenburg)“ sehen, das früher im Schlesischen Museum zu Breslau hing.
Grzegorz Supady