Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Keine Politik. Dafür gute Gespräche

Das kleine Wichelsdorf unweit der Grenze zu Sachsen liegt heute in der Woiwodschaft Lebus, gehört aber zum historischen Schlesien. Im dortigen Schloss wird einmal im Jahr auf einem Ball die deutsch-polnische Freundschaft zelebriert.

Nach der Corona-Zwangspause im letzten Jahr, war es am vergangenen Wochenende wieder so weit: Auf einem gemeinsamen Fest im Schlosshotel Wichelsdorf (Wiechlice) machen Deutsche und Polen die Nacht zum Tag.Es wird gut gespeist, getrunken und getanzt.

Als Oberschlesierin verkörpert Cornelia Thomalla aus dem rund 700-Einwohner-Ort Dobrau im Kreis Krappitz (Krapkowice) ein bisschen von beiden Nationen in sich, der deutschen und polnischen und fühlt sich an diesem Abend pudelwohl. „Meine Familie gehört zur deutschen Minderheit und so haben wir Deutsch gelernt. Wir haben Arbeit bekommen dank der deutschen Sprache und freuen uns, dass wir guten Kontakt nach Deutschland haben.“

 

BU: Die Oberschlesierin Cornelia Thomalla und der Schweizer Fritz genießen die ausgelassene Stimmung bei Tanz und Live-Musik. Fotos: Marie Baumgarten

 

An ihrer Seite hat die Leiterin der Bauabteilung einer deutschen Firma ihren Freund Fritz. Man hört es am Dialekt: Ein Schweizer, aus dem Kanton Zürich. Der einzige an diesem Abend. Für den Unternehmer, der im Sicherheitsbereich tätig ist, war Schlesien bis vor Kurzem noch Neuland. Zumindest fast. Dass dort Deutsche leben, das wusste er. Von einer Bekannten, 86, die als Deutsche nach dem Krieg aus Schlesien geflüchtet ist. Zuerst nach Deutschland, durch Heirat kam sie in die Schweiz. Ihr Vater war Müller und musste zum Ende noch in den Krieg ziehen. „Sie hat immer viel von Schlesien erzählt. Ich habe ihr eben Fotos vom Fest geschickt.“

Es ist gerade eine Woche her, als beim Warschauer Unabhängigkeitsmarsch ein Pole die deutsche Fahne anzündet. Man spürt: Polens Ton gegenüber Deutschland ist rauer geworden. Umso wichtiger sind Veranstaltungen wie diese, die die Völker verbinden, sagt Organisator Alfred Theisen. „Keine Politik. Dafür gute Gespräche, Musik und Tanz. Und nach zehn Minuten weiß man nicht mehr, wer Deutscher ist und wer Pole. Wir haben einfach Spaß.“

 

Der Görlitzer Unternehmer Theisen veranstaltet seit zehn Jahren den deutsch-polnischen Ball auf Schloss Wichelsdorf. In der Vergangenheit zumeist für einen guten Zweck wie beispielsweise den Wiederaufbau der Görlitzer Stadthalle. In diesem Jahr ist darauf verzichtet worden, denn nach Corona sind viele Taschen leer. Die sich nähernde vierte Welle sorgte außerdem für etliche Absagen.

Schlossherr Zbigniew Czmuda ist dennoch zufrieden und freut sich über die ausgelassene Stimmung. Die einstige Schlossruine hatte er mit viel Mühe wiederaufgebaut. „Der Ballsaal war einmal ein Stall“, erklärt er den staunenden Gästen. Bestes Aushängeschild für die Botschaft des deutsch-polnischen Balls auf Schloss Wichelsdorf sind die beiden Veranstalter selbst. Denn Czmuda und Theisen verbindet eine jahrelange Freundschaft, aus ihr ist schließlich dieser Abend hervorgegangen. Und das Versprechen: Es soll nicht der letzte gewesen sein.

Marie Baumgarten

 

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