Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Millionen-Umsatz hinter Gittern

Der Gefängnisshop in Nordrhein-Westfalen bietet 1.500 Produkte an. Vom Nistkasten in Form einer Kuckucksuhr mit hängenden Tannenzapfen für 17,60 Euro über bunte Filzpantoffeln aus der Serie „Ferdi“ für 21 Euro bis hin zum klassischen Aktenwagen zu Preisen ab 365 Euro. Die Produktpalette dieses Online-Händlers der besonderen Art ist wirklich umfangreich.


Der Händler, der unter der Schirmherrschaft des nordrhein-westfälischen Justizministeriums steht, wird von verschiedenen „Unternehmen“ beliefert, nämlich von 28 der 35 Justizvollzugsanstalten des Landes. Der Online-Shop heißt „Knastladen.de“. Die Initiative, die mehr als 1.500 Produkte anbietet, erwirtschaftet einen Jahresumsatz von rund elf Millionen Euro. Ein Ergebnis, das unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten Anerkennung verdient, zumal die Nachfrage kontinuierlich steigt. Nach Angaben von Maurits Steinebach, Sprecher des nordrhein-westfälischen Justizvollzugsdienstes, werden monatlich durchschnittlich mehr als 3.000 Produkte aus dem Gefängnisshop bestellt.


Zusammenarbeit zwischen Häftlingen und Wärtern
Für Maurits Steinebach zählt auch das erklärte Ziel der Justizvollzugsanstalt, durch Ausbildung und Training die Fähigkeiten der Häftlinge für eine Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln und zu fördern. So lernen die Häftlinge im Rahmen der Beschäftigungstherapie das gemeinsame Planen sowie den Umgang mit verschiedenen Materialien, Werkzeugen und Maschinen. Dies spiegelt sich auch in der vielfältigen Produktpalette wider, denn, so der Ministeriumssprecher, „die Produkte werden im Wesentlichen von den Insassen und Wärtern entworfen und entwickelt“. So gibt es in der Justizvollzugsanstalt Willich einen Schaukelelefanten aus Holz namens Fridolin für 93 Euro. Die Häftlinge in der Werkstatt der Justizvollzugsanstalt Remscheid hingegen haben sich auf den Werkstoff Edelstahl konzentriert, zum Beispiel in Form einer Edelstahl-Gartenbank mit Rückenlehne für 790 Euro oder eines Edelstahl-Grills für 620 Euro. Wie man sieht, handelt es sich dabei nicht um Artikel zum halben Preis, aber die Gartenbank wurde bereits mehr als hundert Mal verkauft. Ein Tischfußballtisch für 598 Euro war ebenfalls sehr beliebt. Dieser Tisch, der inzwischen ausverkauft ist, wird aufgrund der großen Nachfrage jetzt wieder produziert. Pünktlich zum Start der Gartensaison sind auch Grillprodukte sehr gefragt. Von der Grillzange mit NRW-Logo für 16 Euro über Schürzen für Grillmeister aus „Original-Gefängnisstoff“ bis hin zum Rundgrill für 370 Euro. Ganz oben auf der Bestellliste stehen auch verschiedene Vogelfutterautomaten und andere Artikel für Tiere. Zum Beispiel das Modell „Villa Wutz“, ein kleines Haus für Meerschweinchen für 24,90 Euro, und ebenfalls für Meerschweinchen das etwas teurere Modell „Texas Scheune“ für 32,50 Euro. Erwähnenswert ist auch der Fledermauskasten mit dem NRW-Logo für 15 Euro.

Der 598 Euro teure Tischfußballtisch ist aufgrund der großen Nachfrage wieder in Produktion.

Alle Fäden an einem Ort
Ob man einen Luxusabfalleimer aus Edelstahl ab 1.500 Euro, einen Gartenschlauchhalter aus Metall für 49,90 Euro oder ein Deutschland-Puzzle aus Holz für 12,50 Euro bestellt, alle Fäden des Geschäfts laufen in einem Zentrum in der JVA Castrop-Rauxel zusammen. Von dort aus werden Geschäft und Logistik gesteuert. Die handwerklich begabten „Mitarbeiter“, die ihre Strafe im Gefängnis absitzen müssen, helfen übrigens auch bei speziellen Kundenwünschen, so Maurits Steinebach. Was auf der Online-Plattform des Shops nicht verfügbar ist, versuchen die Häftlinge, die für den Shop arbeiten, auf individuelle Bestellung herzustellen. Das ganze Geschäft läuft äußerst zufriedenstellend. Auch, weil „Knastladen.de“ auf Messen und öffentlichen Veranstaltungen außerhalb der Website neue Kunden gewinnen konnte. Andererseits, so fügt Maurits Steinebach hinzu, genießen viele Häftlinge durch den Verkauf der von ihnen hergestellten Produkte Anerkennung für ihre Leistungen. Das Lohnniveau der Häftlinge in Nordrhein-Westfalen hängt jedoch nicht davon ab, ob sie in einem Gefängnisshop arbeiten: „Die Höhe des Entgelts ist nach der Leistung der Gefangenen und der Art der Tätigkeit gestaffelt. Bei durchschnittlichem Lohnniveau kann ein Häftling ein monatliches Grundgehalt von rund 300 Euro verdienen“, erklärt der Sprecher. Hinter Gefängnismauern gelten die Regeln der freien Marktwirtschaft zwar nicht, doch die Häftlinge können schon vor ihrer Entlassung auf diese Regeln vorbereitet werden.

K.Ś.

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