Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Minderheit mit Luxusaufgabe

Nach den neuesten Statistiken gibt es in Dänemark seit einiger Zeit immer mehr Deutsche. Eine wachsende Zahl von Bundesbürgern entscheidet sich für einen neuen Lebensaufbau im nördlichen Nachbarland. Welche Rolle dabei die deutsche Minderheit spielt und warum dies für deren Strukturen zu einem Problem werden könnte, ist ein Thema für sich.


Seit einigen Jahren ist die Anzahl der deutschen Staatsbürger in Nordschleswig um mehr als 70 Prozent gestiegen. Die Gründe für diesen Anstieg sehen Vertreter der deutschen Minderheit in Dänemark etwa in der Unzufriedenheit einiger mit der deutschen Corona-Politik zwischen 2020 und 2022. Nicht alle waren mit dem „Impfdruck“ des Mainstreams in Deutschland zufrieden und suchen dementsprechend immer noch die Perspektive in anderen Ländern. Für andere wiederum ist das Versprechen eines weniger hektischen Lebens besonders schmackhaft. Dänemark soll einen besseren Kompromiss zwischen Kariere und Familie sowie mehr Zeit fürs Private bieten. Obwohl sich dieses Bild nicht immer in der Realität widerspiegelt, bleiben doch viele Deutsche in Dänemark.

Die beruflichen und privaten Argumente sind zwar nennenswert, doch am kraftvollsten scheint das finanzielle Argument im Hinblick auf Immobilien zu sein. Die Quadratmeterpreise für Eigentumswohnungen in der Kommune Apenrade beispielsweise liegen bei etwa 1.100 Euro. Im Vergleich dazu bezahlen Wohnungskäufer in Schleswig-Holstein derzeit im Schnitt etwa 3.400 Euro pro Quadratmeter. Ein Unterschied von bis zu 300 Prozent also kann durchaus dazu beitragen, dass so mancher sich über eine Ausreise wenigstens Gedanken macht.

Deutschsprachige Schulen in Dänemark werden immer mehr zum Magneten, aber auch zur Herausforderung für die deutsche Minderheit.
Foto: Oleryhlolsson/wikimedia.org

Ein weiteres bedeutendes Argument für deutsche Familien, sich im südlichsten Teil Dänemarks niederzulassen, sind die 14 deutschsprachigen Schulen der deutschen Minderheit. Zwischen 2021 und 2022 allein ist die Schülerzahl von 1.642 auf 1.869 gestiegen. Damit ist vor allem der Schul- und Sprachverein der deutschen Minderheit in Dänemark, der für die Trägerschaft der Einrichtungen verantwortlich ist, gefragt.

Erfahrenes Personal zu finden, das die Spezifika der deutschen Volksgruppe versteht, ist genauso schwierig wie der logistische Aspekt.

Wieso jedoch wird der Luxusfall eines Mitgliederzuwachses für die Volksgruppe zum Problem? Angesichts des allgemein zurückgehenden Engagements, von dem Volksgruppen in ganz Europa berichten, müsste eine solche Ausnahme doch freuen? Das tut sie auch, jedoch erfordert sie zugleich eine Bewältigung von Herausforderungen. Wie in ganz Europa, gibt es auch in Dänemark eine Krise des Lehrerberufs. Erfahrenes Personal zu finden, das die Spezifika der deutschen Volksgruppe versteht, ist genauso schwierig wie der logistische Aspekt, Räumlichkeiten für den Unterricht bereitzustellen. So ist die Volksgruppe mehr denn je auf die Hilfe sowohl der Bundesrepublik und Dänemarks als auch auf eigene Kreativität und Tatkraft angewiesen.

Es bleibt also abzuwarten, wie die Minderheit diese bevorstehenden Aufgaben bewältigen und wie stark die Zahl der Deutschen noch ansteigen wird. Nach Angaben der Bundesregierung gehören der deutschen Minderheit in Dänemark im Moment rund 15.000 Menschen an, während in Nordschleswig insgesamt etwa 250.000 Personen leben.

Łukasz Biły

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