Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

Aktivität und Sichtbarkeit

Mit Joanna Hassa, der Geschäftsführerin des Verbandes deutscher Gesellschaften (VdG), sprach Rudolf Urban über das vergangene Jahr und die zukünftigen Herausforderungen für den Dachverband.

Wie war das vergangene Jahr für den VdG?

Es war ein sehr schwieriges Jahr, vor allem wegen der steigenden Bürokratie, die uns im VdG besonders trifft, weil wir als Dachverband das meiste bearbeiten. Wir versuchen dabei die Mitgliedsorganisationen möglichst zu schonen.
Doch Bürokratie ist nicht das ausschlaggebende. Das Jahr war schwierig, weil wir immer noch diskriminiert wurden und die gesamte Zeit dagegen vorgegangen sind. Viele unserer Schritte, die Kürzung des Deutschunterrichts als Minderheitensprache abzuschaffen, war eben damit verbunden und wir konnten sie nicht immer gut vorplanen, denn es war nicht bekannt, ob wir Gesprächstermine in den Ministerien erhalten oder schnell auf Aussagen von Politikern antworten müssen. Wir haben auch mit vielen Gemeinden gesprochen, um sie von der Finanzierung der gekürzten Deutschstunden zu überzeugen, was vor allem in Oppeln Früchte getragen hat, weniger in der Woiwodschaft Schlesien.
Durch unser Engagement auch schon im Jahr davor konnten wir die deutsche Seite davon überzeugen, dass sie uns zusätzliche Mittel für den Ausgleich des ausgefallenen Unterrichts zur Verfügung stellt. Diese zusätzlichen 5 Mio. Euro im Jahr 2023 waren vor allem für die außerschulische Sprachförderung für Kinder und Jugendliche gedacht.
Dabei muss man aber sagen, dass 5 Mio. Euro zusätzlich zunächst ein Gefühl der Freude und des Danks ausgelöst haben, dann ist aber auch klar geworden, dass diese Mittel innerhalb eines Jahres sinnvoll ausgegeben werden müssen, was schon eine Herausforderung ist. Man muss die Ausgaben planen, mit den Fördermittelgebern absprechen und am Ende wurden nicht immer all die Projekte bewilligt, die wir uns vorgenommen haben. Letztendlich waren wir aber natürlich über diese Hilfe froh, denn so wir konnten viele neue Initiativen starten, die wir sonst nicht geschafft hätten. Das waren zwar einerseits Renovierungen in Schulen, den DFK-Begegnungsstätten und einigen anderen Organisationen, andererseits waren es aber vor allem viele Sprachprojekte für die Jugend, die auch im BJDM stattgefunden haben. Das waren Sprachcamps, Sprachzirkel und –kurse, unterschiedliche Sprachangebote, die die einzelnen Organisationen der deutschen Minderheit in ganz Polen auf ihre Mitlieder zugeschnitten haben und damit auch teilweise mehr Aktivität an den Tag legten.

Und wie sieht dieses Jahr aus? Weitere zusätzliche 5 Mio. Euro kommen nicht mehr. Wird es also einfacher, weil weniger Geld da ist und damit auch weniger Arbeit auf die Organisationen zukommt?

Es wird eher schwieriger, denn die Organisationen wurden motiviert, viele neue Projekte zu machen und jetzt sind wir finanziell auf dem Niveau von 2022 oder 2021. Die Lust auf die neuen Projekte wurde geweckt, die Menschen wollen weiterhin aktiv sein, wir können aber einige von ihnen, eben wegen der geringerer Mittel, nicht mehr realisieren.
Weniger Mittel gibt es auch wegen den sog. Wechselkursverlusten, die bei Überweisungen aus Deutschland entstehen. Bei der Planung der Ausgaben waren die Wechselkurse Euro/PLN deutlich günstiger für uns, nachdem sich der Zloty aber stabilisiert hat, erhalten wir letztendlich weniger Geld und damit bleibt auch weniger für die Realisierung der Projekte.
Deshalb müssen wir nach anderen Geldquellen suchen. Wir motivieren unsere Mitgliedsorganisationen immer, nach Drittmitteln in anderen Organisationen, bei Selbstverwaltungen oder privaten Sponsoren zu suchen, weil das auch ggf. erlaubt Initiativen zu starten, die so von der deutschen oder polnischen Regierungsseite nicht finanziert werden können.
Wir wollen auch unseren Kontakt mit den Organisationen der deutschen Minderheit in ganz Polen vertiefen. Einmal geht es um eine bessere Vernetzung und Kommunikation, aber auch um konkrete Gespräche über das vergangene Jahr, die Pläne für die kommenden Monate und schon Ausblicke auf das Jahr 2025, damit wir noch besser vorbereitet sind, was die Zukunft bringt.
Auch das Thema Bildung bleibt ein großes Thema, weil zwar die gekürzten zwei Deutschstunden in die Schulen zurückkehren, es gibt aber auch viele Themen in diesem Bereich, die weiterhin unserer Aktivität bedürfen. Da denke ich an den Deutschunterricht als Minderheiten- und Fremdsprache in den beiden letzten Grundschulklassen, der weiterhin nicht kombiniert werden darf. Es geht aber auch allgemein um die Qualität des Unterrichts, also der zugänglichen Lehrbücher und der Anzahl der Lehrer, die in den Schulen arbeiten.

Es gibt über 40 Organisationen der DMI in Polen. Wie ist ihre Kondition?

Es ist sehr unterschiedlich. Alles ist mit der Aktivität verbunden. Wir als Dachverband und alle unsere Organisationen müssen die Aktivität noch stärker zeigen. Wir hatten früher mehr politische Unterstützer, womit ich konkrete Menschen meine, die sich für uns eingesetzt haben. Viele von ihnen sind nicht mehr politisch aktiv, einige sind auch leider verstorben. Wir müssen also neue Wege gehen, die politischen Vertreter in beiden Ländern erreichen und auf unsere Themen aufmerksam machen. Das geht aber eben nur mit Aktivität und Sichtbarkeit nach außen.
Unsere Organisationen müssen also mehr Öffentlichkeitsarbeit machen, dann stehen sie nicht vor dem Aus, wenn neue Mitglieder kommen und auch die Förderung bleibt nicht aus, wenn die Mittelgeber sehen, dass es Sinn macht, die deutsche Minderheit in Polen weiterhin zu finanzieren.
Dabei will ich aber betonen, dass jede Organisation für sich einen eigenen Weg gewählt hat und jede weiß am besten, was sie machen kann und will in ihrer Region. Als VdG unterstützen wir sie gern auf ihrem Weg.

Und was hat im VdG nicht geklappt?

Es gab einige Projekte, die nicht so reibungslos verlaufen sind, obwohl sie problemlos hätten verlaufen sollen. Dabei will ich aber keine konkreten Titel und Organisationen nennen, denn wir wollen unsere Mitglieder und die dort Beschäftigten und vor allem Ehrenamtlichen nicht kritisieren. In internen Runden wird dann aber natürlich offen darüber gesprochen, um Abhilfe zu schaffen und die Projekte nächstes Mal besser verlaufen zu sehen.
Bei einigen Projekten fehlte die Aktivität, das Vorhaben von Anfang bis Ende durchzuführen. Manches lag aber nicht an der Aktivität, sondern dem Aufwand, dem manche kleinere Organisationen nicht gewachsen sind. Da wollen wir in Zukunft daran arbeiten, dass die Bürokratie weniger wird, aber wir müssen uns alle auch darüber im Klaren sein, dass die Fördermittelgeber ebenso ihre Vorgaben haben, die sie einhalten müssen.

 

Show More