Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

Ratibor – wo die Vergangenheit mit der Gegenwart zusammenwächst

 

Ratibor, der Ort, der in erster Linie für das leckere Bier aus der lokalen Brauerei bekannt ist, ist heute eine multikulturelle Stadt. Nicht nur gebürtige Schlesier, sondern auch andere Nationalitäten leben heute in einem Punkt, der dank seiner Nähe zur tschechischen Grenze auch von unseren südlichen Nachbarn, vor allem aus dem tschechischen Teil Schlesiens und dem nahen Mähren, gerne besucht wird. Denn die Stadt hat heute nicht nur rund 55.000 Einwohner und ein reges Kulturleben, sondern auch eine reiche und interessante Geschichte.


Jahrelang war Ratibor die Residenz der Fürsten von Oppeln und Ratibor und somit fungiert es als eine der historischen Hauptstädte Oberschlesiens. Und eine gewisse Erhabenheit dieser Stadt ist auch heute noch zu spüren, und sei es nur bei einem einfachen Spaziergang durch ihre Gassen. Historisch gesehen ist Ratibor die älteste Stadt Südschlesiens. Sie wird schon in der „Chronik“ von Gallus Anonymus erwähnt, wo über die Eroberung der Festung Ratibor durch die Ritter von Bolesław III. Schiefmund im Jahre 1108 berichtet wird. Woher kommt denn eigentlich der Name „Ratibor“? Die Antwort ist einfach und typisch für einen Ort, der vor mehr als tausend Jahren gegründet wurde: Einer alten Sage nach ging in der Gegend der heutigen Stadt auf die Jagd ein Fürst namens Racibor, der sich die nächsten Tage rechts der Oder niederließ. So sollte die Geschichte der Stadt beginnen.

Die mehr als tausendjährige Geschichte der Stadt ist in Form von Bau- und Kunstdenkmälern aus fast allen Epochen beibehalten. Einige von ihnen sind bis heute erhalten geblieben und tragen zum besonderen Kolorit der Stadt bei. Darunter die als Perle der schlesischen Gotik bezeichnete Schlosskapelle des heiligen Thomas von Canterbury. Sie befindet sich im Ostflügel des Piastenschlosses im Stadtteil Ostrog. Die Burg, mit deren Bau 1108 begonnen wurde, ist auch heute das Schmuckstück der Stadt und das berühmteste Gebäude. Sehenswert sind auch die schöne Dominikanerkirche St. Jakobus und die Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt gleich nebenan. Sie liegen direkt am malerischen Marktplatz, dem Wahrzeichen der Stadt. Heute ist er der wichtigste öffentliche Platz der Stadt, und er war es auch früher. Im Zentrum stand das heute nicht mehr existierende große Rathaus, das zur Zeit der preußischen Herrschaft über Ratibor erbaut wurde.

Im Ratiborer Zentrum Foto: P. Kandziora

Der deutsche Dichter der Romantik Joseph von Eichendorff, der in Lubowitz nahe Ratibor geboren wurde, darf hier nicht unerwähnt bleiben. Eine Kopie des berühmten Eichendorff-Denkmals steht in der heutigen Młyńska-Straße. Die Initiative zur Errichtung einer Statue Eichendorffs ging vom Gesangverein „Liedertafel“ aus. Zum Gedenken an Eichendorff finden in Ratibor alljährlich Anfang September die „Eichendorff-Tage“ statt. Auf diese Weise sind die Spuren des deutschen Dichters, der an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert in der Region lebte, jede Zeit in der Stadt sichtbar.

Aber wie steht es um die deutsche Sprache hier? Wie sieht es eigentlich mit dem Dialekt aus? Aus der Geschichte wissen wir, dass Ratibor bis zum Zweiten Weltkrieg lange Zeit deutschsprachig war. Die Daten zeigen, dass 8% der in der nationalen Statistik, die Deutsch als Muttersprache angegeben haben, für den Kreis Ratibor registrierte Personen sind. Ist das viel? Man kann darüber streiten, aber eines ist sicher: Es ist auch der lebendigen deutschen Minderheit in der Stadt zu verdanken. Es gibt auch deutschsprachige Sendungen im lokalen Radio. Und Schlesisch? Genaue Zahlen kennen wir zwar nicht, aber man kann mit Sicherheit sagen, dass es in Ratibor ziemlich viele schlesischsprachige Menschen gibt. Der Dialekt ist buchstäblich überall zu hören – auf der Straße, in den Schulen und sogar an den Kassen der Geschäfte. Schlesisch ist in diesem Ort einfach etwas Selbstverständliches.

Die schlesische Mundart ist in diesem Ort einfach etwas Selbstverständliches.

Ratibor ist ein wunderschöner Ort, in den man sich in vielerlei Hinsicht verlieben kann. Die Stadt ist, wie schon gesagt, reich an Kultur, aber auch an Geschichte, die noch heute an vielen Orten sichtbar ist, an denen die Vergangenheit mit dem Heute verschmilzt.

Paulina Kandziora

Der Artikel Entstand dank der Zusammenarbeit mit der Antidotum –  Redaktion.

Show More