Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

Deutschland sollte sein Interesse an Polen verstärken

Mit Dr. Markus Ehm, dem Leiter des Regionalprojektes Mitteleuropa der Hanns-Seidel-Stiftung, das die Projektarbeit in Polen koordiniert, sprach Andrea Polański über die Wahrnehmung politischer Veränderungen in Polen nach den Parlamentswahlen, insbesondere im Hinblick auf die deutsch-polnischen Beziehungen, die Projektarbeit der Hanns-Seidel-Stiftung in Polen und die Zusammenarbeit mit der deutschen Minderheit.

Die HSS ist die politische Stiftung der CSU. Worin unterscheidet sich die Hanns-Seidel-Stiftung von anderen politischen Stiftungen?

Es gibt in Deutschland 6 politische Stiftungen, von denen jede einer politischen Partei nahesteht. Natürlich unterscheiden sich die Parteien ideologisch, das heißt, sie setzen verschiedene thematische Schwerpunkte. Bei der Hanns-Seidel-Stiftung kommt noch hinzu, dass die CSU eine Partei ist, für die man nur in Bayern stimmen kann. Unsere Stiftung hat daher eine regionale Ausrichtung mit dem Schwerpunkt Bayern, den die anderen Stiftungen nicht haben. Was politische Themen betrifft, spielte für uns in der Vergangenheit und spielt auch heute das Thema Sicherheit eine wichtige Rolle.

Seit dem Sommer 2022 ist die Hanns-Seidel-Stiftung in Polen tätig. In dieser Zeitspanne von fast zwei Jahren haben sich politisch viele Dinge in Polen ereignet. Wie haben Sie diese Veränderungen wahrgenommen?

In unserer Arbeit nehmen wir bislang keine größeren Veränderungen wahr. Wir führen in Polen Dialogprogramme durch. Wir konnten das vor dem Regierungswechsel gut machen, und so setzen wir die Arbeit bislang fort. Wir nehmen natürlich wahr, dass es im Land selbst einen politischen Wechsel gegeben hat. Die alte Regierung positionierte sich Deutschland gegenüber sehr kritisch, jetzt hören wir andere Töne aus Warschau. Wir gehen davon aus, dass sich die deutsch-polnischen Beziehungen verbessern werden. Zum anderen gehen wir davon aus, dass Polen in der Europäischen Union eine noch wichtigere Stimme haben wird, da Premierminister Donald Tusk großen Wert auf Partnerschaften legt. Wir sehen, dass er das Weimarer Dreieck zwischen Deutschland, Polen und Frankreich stark unterstützt. Wir glauben also, dass Polen sich wesentlich stärker international einbringen wird, als es bisher der Fall war.

Dr. Markus Ehm
Foto: privat

Während der 8 Jahre der PiS-Regierung könnte man die deutsch-polnischen Beziehungen als angespannt bezeichnen. Am 15. Oktober hat jedoch die damalige Opposition rund um Premierminister Tusk die Wahlen gewonnen. Was erhoffen Sie sich nun von der neuen Regierung in Bezug auf die deutsch-polnischen Beziehungen?

Wir hoffen natürlich, dass sich der Ton ändert. In Deutschland haben die Menschen kein Verständnis dafür, dass Polen Reparationen einfordert, auch die Bundesregierung lehnt diese Forderungen ab. Ich denke, dass ein freundlicherer Ton auch von polnischer Seite die deutsche Politik eher erreichen wird und dass die deutsche Politik einen Schritt auf Polen zu machen wird. Wir bemerken, dass der Sprachunterricht in den Gebieten, in denen die deutsche Minderheit lebt, wieder auf normalem Niveau stattfinden kann. Das bedeutet, dass die polnische Regierung den Sprachunterricht mit 3 Stunden pro Woche unterstützt, worüber wir uns sehr freuen. Sprachkenntnisse sind natürlich eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass viele Menschen sich zwischen Deutschland und Polen bewegen können und somit eine engere Kommunikation und Verbindung zwischen beiden Ländern gefördert wird.

Was kann wiederum Deutschland tun, um die Beziehungen zu verbessern?

Deutschland sollte sein Interesse an Polen als Land verstärken. Das bedeutet auch, dass in Deutschland verstärkt für Polnischunterricht geworben werden sollte, besonders in den Gebieten, die an Polen angrenzen, sprich in den östlichen Gegenden von Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen. Die deutsche Außenpolitik sollte sich vor allem öffnen, und das geschieht am besten, indem man nach Polen reist und dort aktiv Gespräche mit Vertretern der polnischen Politik sucht.

Was sind die thematischen Prioritäten der Hanns-Seidel-Stiftung in der Projektarbeit in Polen?

Wir setzen auf den Dialog zwischen den beiden Ländern und wählen dementsprechend tagesaktuelle Themen aus. Im Januar dieses Jahres haben wir in Krakau ein Dialogprogramm zum Thema Digitalisierung in Kommunen durchgeführt, und im Juli werden wir uns in Warschau mit den Perspektiven nach den Europawahlen befassen. Im Mai werden wir junge politische Multiplikatoren in Unterfranken begrüßen, und es wird um die Lebensqualität im ländlichen Raum gehen. Wir haben keine klassischen Schwerpunktthemen, die wir über einen längeren Zeitraum verfolgen.

Dr. Markus Ehm: „Wir glauben, dass Polen sich wesentlich stärker international einbringen wird, als es bisher der Fall war.“

Sie sind nun 15 Jahre bei der Hanns-Seidel-Stiftung und arbeiteten während dieser Zeit in Brüssel, Moskau und in Mitteleuropa. Jetzt arbeiten sie in Polen mit der deutschen Minderheit zusammen. Hatten Sie in Ihrer bisherigen Arbeit in den anderen Ländern auch schon Kontakt mit Minderheiten?

In Russland spielt der Kontakt zur deutschen Minderheit keine große Rolle, da sie hauptsächlich in Sibirien lebt, was sehr weit entfernt von Moskau ist. Zudem konzentrierten wir uns auf die politische Arbeit, und in diesem Kontext spielte die deutsche Minderheit keine große Rolle. Ich weiß, dass das Deutsche Konsulat in Novosibirsk mit der deutschen Minderheit arbeitet, insbesondere im kulturpolitischen Bereich, aber das war für uns kein Schwerpunkt. Zu meiner Zeit in Brüssel war es mir wichtig, einen engen Draht zur Politik in Ostbelgien zu haben, weil dort 70.000 Menschen Deutsch als Muttersprache sprechen. In der Slowakei besuchte ich das Büro der deutschen Minderheit in Košice im Osten des Landes. Es stellte sich jedoch heraus, dass das Büro vor allem im Bereich der Kulturpolitik tätig ist und keine klassische politische Arbeit leistet oder leisten möchte. Daher stehen wir in lockerem Kontakt, aber wir führen keine gemeinsamen Projekte durch. Auch in Tschechien und Ungarn halten wir Kontakt zur deutschen Minderheit.

Letztes Jahr waren Sie mit einer jungen Delegation in Oppeln. Wie haben Sie Oppeln und die deutsche Minderheit wahrgenommen?

Ich nehme die deutsche Minderheit als eine Gruppe wahr, die sich politisch sehr stark einbringt, sogar mit einer eigenen Partei. Das ist ein Unterschied zur Slowakei, die ich bereits erwähnt habe, oder auch zu den Deutschen hier in Tschechien. Es gibt also eine politische Kraft, die sich um die Anliegen der deutschen Minderheit kümmert, und deshalb ist sie für uns ein wesentlicher Ansprechpartner, wenn es darum geht, Teilnehmer für Dialogprogramme zu finden. Ich nehme demzufolge die Deutschen in Polen als eine Gruppe wahr, die den Anspruch hat, sich politisch einzubringen, und ich sehe auch ein großes Interesse an der Zusammenarbeit mit der Hanns-Seidel-Stiftung bzw. mit Bayern.

Wann kommen Sie zurück nach Oppeln?

Es ist bereits eine Dienstreise nach Oppeln und Kattowitz in der zweiten Maihälfte geplant. Sie steht fest im Kalender und ich freue mich, wieder in Oppeln zu sein.

Dr. Markus Ehm

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