Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Drei Premieren zu einem Termin

79 Jahre ist es inzwischen her, dass Ende Januar, Anfang Februar und Mitte April 1945 die drei Flüchtlingsschiffe „Wilhelm Gustloff“, „von Steuben“ und „Goya“ torpediert und versenkt wurden, wobei insgesamt etwa 20.000 Menschen ums Leben kamen. Dieser Ereignisse gedenkt seit inzwischen 28 Jahren alljährlich der Bund der deutschen Bevölkerung in Gdingen mit seinem Vorsitzenden Benedikt Reschke. In diesem Jahr wurde am 13. April an die Tragödie dieser Schiffe erinnert.

Die Veranstaltung, die Benedikt Reschke und sein Team seit 1997 organisieren, hat ihren traditionellen Verlauf, der in der Seefahrerkirche in Gdingen ihren Anfang nimmt. In der Kirche der Muttergottes der unaufhörlichen Hilfe und Petrus, des Fischers, so der offizielle Name der Kirche, kümmert sich der Redemptoristenpater Edward Pracz um Seeleute aus aller Herren Länder und auch um die Deutschen und Polen, die der im Jahr 1945 versenkten Schiffe mit Flüchtlingen aus Ostpreußen und Pommern gedenken wollen.

Wiktor Marek Leyk und Piotr Dukat aus Allenstein in andächtigem Schweigen
Foto: Uwa Hahnkamp

Vater an Bord, Mutter an der Zeitenwende

Aus Allenstein/Olsztyn waren zwei Gäste zum ersten Mal zur Gedenkfeier in Gdingen gekommen. Dariusz Preuss vom Vorstand der Allensteiner Gesellschaft Deutscher Minderheit will die Feierlichkeit bereits seit Jahren besuchen und hat erstmals Zeit jetzt dafür gefunden. Sein Vater Klaus war als Siebenjähriger nämlich mit Geschwistern und schwangerer Mutter bereits auf einer Schaluppe auf dem Weg zur „Wilhelm Gustloff“, als seine Schwester auf die Toilette musste und sie wieder ausstiegen. Sehr viel mehr hat der Vater, so Dariusz Preuss, aus jener traumatischen Zeit auch nicht erzählt.

Mehr Familiengeschichte gesammelt hat Wiktor Marek Leyk. Er ist seit knapp dreißig Jahren Beauftragter für Minderheitenfragen erst des Woiwoden, später des Marschalls von Ermland-Masuren und daher mit allen nationalen und ethnischen Minderheiten der Region verbunden. „Jeder Krieg bringt Unglück und das größte davon trifft die Zivilbevölkerung. Diese Feier erinnert gerade an diese zivilen Opfer. Und die Lage kann sich schnell ändern. Meine Mutter, im Jahr 1939 Abiturientin in Warschau, sagte immer ‚zwischen Krieg und Frieden ist nur ein kleiner Moment‘,“ erklärt er bei der Andacht am Hafen von Gdingen seine Motivation. Daher seien solche Begegnungen zwischen Menschen und auch Ländern so wichtig.

Kränze auf dem Weg ins Meer
Foto: Uwa Hahnkamp

An Promenade, Kapelle und Kirche

In der kurzen Zeit vor dem Anzünden der Grabkerzen und dem Werfen der Blumenkränze in die Wasser der Ostsee ergriff auch der Vorsitzende der deutschen Minderheit in Polen, Rafał Bartek, das Wort. Für ihn war es ebenfalls das erste Mal in Gdingen auf der Gedenkfeier. „Wie Generalkonsulin Pieper halte ich die Erinnerung gerade in den Zeiten der gegenwärtigen Kriege für dringend nötig. Die Tragödie der Schiffe zeigt, dass es im Krieg keine sicheren Plätze gibt und geben wird und unser Einsatz in unserer Zeit um so wichtiger ist“, gab er den Gästen der Feier zu bedenken. Zwanzig Jahre Polens in der Europäischen Union seien dabei ein gutes Zeichen.

Ähnlich geäußert hatte sich Cornelia Pieper, die Generalkonsulin der Bundesrepublik Deutschland in Danzig, in ihrer Ansprache nach dem Gottesdienst in der Seefahrerkirche, den Domherr Andre Schmeier aus Allenstein, Pastor Wojciech Fröhlich aus Stolp und Pastor Sebastian Niedźwiedziński aus Gdingen gewohnt souverän leiteten. Ebenso gekonnt begleitete der Gdingener Kammerchor unter der Leitung von Piotr Klemenski die Feier in der Kirche.

Treffend war der Predigttext des Tages aus dem Johannesevangelium, in dem die Jünger Jesu in einen Sturm geraten, aus dem er sie errettet. Dem Sturm der Zeit, der die Menschen heute bedrängt, setzten die Teilnehmer der Gedenkfeier für die Opfer der Flüchtlingsschiffe aus Polen und Deutschland im Gottesdienst ihr Gebet, in der Petrus-Kapelle vor der Gedenktafel für die Schiffe ihr Gedenken und an der Gdingener Uferpromenade mit Blumenkränzen ihre Wünsche und Hoffnungen entgegen. Alle gemeinsam.

Uwe Hahnkamp

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