Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Im Schatten der Agrarproteste

Auf der weltgrößten Agrar- und Ernährungsmesse in der deutschen Hauptstadt Berlin standen in diesem Jahr gesunde und möglichst wenig verarbeitete Lebensmittel im Mittelpunkt. In den Messehallen sah alles so aus wie immer: Ausstellergäste, die stolz ihre Produkte präsentierten, umringt von Besucherscharen. Dazu kamen Ausstellungen von Nutztieren und den neuesten Landmaschinen. In dem Bereich, in dem die Grüne Woche stattfand, hörte man jedoch schon von Weitem das laute und aufdringliche Hupen von Traktoren.

Wie sich herausstellte, handelte es sich dabei um Landwirte, die mit der Politik der deutschen Regierung nicht einverstanden sind und die zentralen Straßen von Berlin blockierten. Die Unzufriedenheit der Agrarbranche ist jedoch nicht auf Deutschland beschränkt. Dass es sich um ein gesamteuropäisches Problem handelt, stellte Landwirtschaftsminister Czesław Siekierski bei der Eröffnung des polnischen Standes fest. Seiner Meinung nach ist die größte Herausforderung für die polnische und europäische Landwirtschaft derzeit der Zustrom von Agrar- und Lebensmittelprodukten aus der Ukraine: „Die Unterstützung für die Ukraine, die wir fortsetzen wollen, darf nicht zu einer Verschlechterung der Situation der europäischen Landwirte führen“, sagte Czesław Siekierski. Ihm zufolge haben die Proteste der Landwirte in den Ländern der Europäischen Union deutlich gezeigt, dass Maßnahmen zur Unterstützung der Landwirtschaft und zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der von europäischen Erzeugern produzierten Lebensmittel notwendig sind: „Gegenwärtig bleiben ukrainische Agrar- und Ernährungsgüter weitgehend auf den EU-Märkten und konkurrieren mit europäischen Produkten, die aufgrund höherer Produktionskosten teurer sind“, betonte Czesław Siekierski in Berlin. Polen präsentiert sich auf der weltgrößten Agrar- und Ernährungsmesse traditionell unter dem Motto „Polen schmeckt“.

“Die polnischen Hersteller waren in diesem Jahr mit rund 20 Ausstellern in Berlin vertreten. Niederschlesien, Kujawien-Pommern und Großpolen waren am stärksten repräsentiert.”

Polen schmeckt
Hervorzuheben ist, dass die polnischen Hersteller in diesem Jahr mit rund 20 Ausstellern in Berlin vertreten waren. Niederschlesien, Kujawien-Pommern und Großpolen waren am stärksten vertreten. Einige Aussteller waren bereits zum zweiten Mal auf der Messe, für andere war es ein Debüt in so erlesener Gesellschaft. Viele von ihnen hoffen auf eine Zusammenarbeit mit deutschen Handelsketten und den Eintritt in Europas größten Lebensmittelmarkt: „Wir würden gerne mit unseren Produkten in Ketten wie Aldi, Lidl oder Kaufland einsteigen. Dazu laufen derzeit Gespräche. Wir werden auch eine Gesellschaft in Deutschland gründen“, sagte Jowita Kubica von der Fruchtmousse-Firma Ovolovo gegenüber der „Deutschen Welle“ und fügte hinzu: „Wir sind hier, um uns den Kunden zu zeigen und ihre Meinung einzuholen.“ An den polnischen Ständen dominiert die traditionelle polnische Küche – Gänsefleisch, Piroggen, Bigos, Honig, Wurstwaren, Spirituosen. Fast alle polnischen Aussteller betonen die Verwendung hochwertiger Zutaten bei der Produktion, meist aus biologischem Anbau: „Polen sollte sich vor allem seiner gesunden Lebensmittel rühmen, denn die ökologische Produktion in Polen wächst schnell. Ich beobachte auch einen Wandel in der Einstellung zur Ernährung. Heutzutage kaufen die Menschen lieber teurer und weniger, dafür aber von besserer Qualität“, so Marek Grądzki, ein Käseproduzent aus Großpolen, in einem Interview mit der DW.

Leider stand die Grüne Woche in Berlin im Schatten der Proteste. Foto: www.dw.com

Chance für neue Kontakte
Er ist zum wiederholten Mal nach Berlin gekommen und, wie er versichert, sind seine Käsesorten so erfolgreich, dass er jedes Jahr mit einem leeren Auto nach Polen zurückkehrt. „Mutter Natur hat uns so viel gegeben, dass wir es nutzen und unsere Kinder vernünftig ernähren können, ohne Zuckerzusatz“, sind auch diejenigen Erzeuger überzeugt, die zum ersten Mal in die deutsche Hauptstadt gekommen sind und keinen Hehl daraus machen, dass sie eine Zusammenarbeit mit deutschen Abnehmern anstreben. Das Ergebnis: Ihre ersten Kontakte haben die polnischen Wurstfirmen bereits geknüpft. Ihre Vertreter argumentieren, dass sie keine Angst vor dem immer weiter verbreiteten Trend zum Veganismus haben. Sie glauben, dass dies eines Tages auch in Polen der Fall sein könnte, aber es gibt auch eine Gruppe von Menschen, die diesem Trend nicht folgen, sondern hochwertige Produkte suchen. Beachtenswert ist auch die Tatsache, dass der polnische Stand vom deutschen Landwirtschaftsminister Cem Özdemir besucht wurde, der dabei seine Hoffnung auf eine Weiterentwicklung der Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern im Bereich der Landwirtschaft zum Ausdruck brachte: „Ein starkes Polen wird in Europa gebraucht. Ich freue mich auf eine Wiederbelebung der Zusammenarbeit innerhalb des Weimarer Dreiecks“, sagte Cem Özdemir. Die Grüne Woche in Berlin endete am 28. Januar. Insgesamt präsentierten rund 1.400 Aussteller aus mehr als 60 Ländern ihre Produkte auf der Messe.

K.Ś. 

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