„Schlesien, aber wo liegt es?“ Mit der Frage, die schon der bekannte Gleiwitzer Schriftsteller Horst Bienek in den Raum stellte, beschäftigt sich derzeit eine Ausstellung in Neisse. Ihr Titel: Typisch schlesisch?!
Er kann Verschiedenes meinen und jeder versteht ihn ein bisschen anders. Es geht um den Begriff „Schlesien“ – mit ihm ist es nicht so einfach. Einmal bezeichnet er die historische Region Schlesien mit der Hauptstadt Breslau und den damaligen Provinzen Oberschlesien und Niederschlesien, die in der Vergangenheit auch Teile des heutigen Sachsen und Tschechien einschlossen. Genau das dürfte auch vielen unseren Lesern aus Niederschlesien und Oberschlesien, aber auch aus Deutschland, zuerst in den Sinn kommen, wenn sie „Schlesien“ hören.
In der polnischen Bevölkerung verbindet man die Bezeichnung an erster Stelle mit Kattowitz und der Woiwodschaft Schlesien, die als Bergbauregion oft auch das „Schwarze Schlesien“ genannt wird. Neben Schwierigkeiten einer genauen geografischen Bestimmung kommt eine weitere hinzu. Wie halten es die Bewohner dieser Regionen mit der Identität? Wer ist „der Schlesier“ und was macht ihn aus? Ein schlesischer Dialekt? Deutsche Wurzeln? Oder dass schlesische Klöße mit Rotkraut und Rouladen seine Leibspeise sind? Und welcher Pole, der in Schlesien lebt, mag sich selbst als Schlesier bezeichnen? Viele sind es wohl nicht, denn ein schlesischer Dialekt oder deutsche Wurzeln – typisch schlesisch eben – das ist nichts, womit sie sich identifizieren.
Edward Hałajko, der Direktor des Kreismuseums in Neisse (Nysa), sieht das anders. Als Kind zweier „Kresowianie“, die aus den ehemaligen polnischen Ostgebieten, den „kresy“, nach dem Krieg in Gleiwitz neu angesiedelt wurden, verbindet er mit dem Begriff Schlesien vor allem eine Multikulturalität, die seine Region bereichert. „Mein Herz schlägt für die alte Heimat der Eltern, aber auch für Schlesien. Ich bin in Gleiwitz zur Welt gekommen, lebe seit vielen Jahren in Neisse und sage bewusst: Ich bin ein Schlesier.“
Die aktuelle Ausstellung „Typisch schlesisch?!“, die er zur Zeit in seinem Museum beherbergt, ist in Zusammenarbeit mit dem „Haus Schlesien“ im nordrheinwestfälischen Königswinter entstanden. „Typisch schlesisch – Fragezeichen. Eine eindeutige Antwort bekommen wir nicht. Und das ist gut so. Die Ausstellung möchte dazu einladen, festgefahrene Denkmuster zu hinterfragen.“
Die Ausstellung in deutscher und polnischer Sprache kann man noch bis zum 15. Mai im Kreismuseum Neisse in der ulica Biskupa Jarosława 11 besichtigen. Mehr Infos unter www.muzeum.nysa.pl sowie www.hausschlesien.de.
Marie Baumgarten
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