Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Artur Klose: Oberschlesischer Künstler wegen kontroverser Werke vor Gericht

Dieses Kunstwerk sorgte für Aufregung. Artur Klose präsentiert den “Landrat aus Scheiße”. Hier bei der Nacht der Museen 2017 im “Deutschen Hygiene-Museum” in Dresden. Foto: privat

 

 

Artur Klose ist vielen durch seine lehrreichen Comics bekannt, vor allem in seiner Heimat Oberschlesien. Mit seiner Kunst setzt er sich auch gegen Fremdenfeindlichkeit ein. Doch genau dafür soll er sich nun vor einem deutschen Gericht verantworten. Jetzt kämpft Artur Klose für die Freiheit der Kunst.

 

 

Die Internetseite von Artur Klose heißt www.kanacken-sind-untermenschen.de. Dort schreibt er: „Weil Kanacken weniger wert sind als höhere Wesen, haben sie sich von höheren Aufgaben fernzuhalten, welche Personen vorbehalten bleiben müssen, die in der Hierarchie höher stehen!“ Im ersten Augenblick könnte man meinen, es handle sich hierbei um das Werk einer Gruppe Neo-Nazis oder der AfD. Doch Artur Klose will augenscheinlich vor allem eines: provozieren.

 

 

 

Internetseite verletze Ehrgefühl von Ausländern

„Ich zeige an konkreten Beispielen, wie Mitglieder der Verwaltungsstrukturen auf allen Ebenen gezielt Diskriminierung und Ausgrenzung betreiben und stelle die Frage, inwieweit nicht Zuwanderer, sondern Politiker für gescheiterte Integration verantwortlich sind“, so die Erklärung des Künstlers. Die Absicht, die Artur Klose mit seiner Internetseite auf der Grundlage der künstlerischen Freiheit verfolgt, ist jedoch nicht jedem klar.

 

Mitarbeiter des Kasseler Landratsamtes sind auf die Seite aufmerksam gemacht worden. Die Seite befasst sich auch mit dem Kasseler Landrat Uwe Schmidt. Klose zeigt dort ein Porträt des Landrates, das aus Hundekot angefertigt wurde – doch dazu später mehr. Das Landratsamt jedenfalls hat den Hinweis an die Kasseler Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Diese hat wegen Volksverhetzung ein Verfahren gegen Klose eröffnet. In der Anklageschrift heißt es, dass der Dommain-Name „Kanacken sind Untermenschen“ die “in Deutschland lebenden Ausländer in ihrem Ehrgefühl verletzen und herabwürdigen” könnte. Klose wurde bereits zu einer Geldstrafe verurteilt – für ihn ein Angriff auf die Freiheit der Kunst.

 

 

 

„Ich wollte mich integrieren“

Artur Klose hat selbst Diskriminierung erfahren  und sieht in der Völkerverständigung ein persönliches Anliegen – sein Mittel ist die Kunst.

Klose kam 1971 in Krappitz (Krapkowice), Oberschlesien zur Welt. Er gehörte einer deutschen Familie an, deren Name im Zuge der Zwangspolonisierung in den Zeiten des Kommunismus in Kosa geändert wurde. Nach der Grundschule besuchte Klose das Lyzeum für Bildende Künste in Oppeln. Das Lyzeum hat er 1991 abgeschlossen und ist kurz darauf als Spätaussiedler ohne die Eltern und Geschwister nach Deutschland gegangen. Er hat kaum deutsch gesprochen und noch dazu wurde sein Abschluss nicht anerkannt. 1994 ist er nach Kassel gezogen und hat dort das Studium der Visuellen Kommunikation an der Kunsthochschule aufgenommen. Er hatte es nicht leicht, möchte man meinen, doch Klose winkt ab: „Die Tatsache, dass mein Abitur hier nicht anerkannt wurde, war mir egal. Ich habe mich bemüht Deutsch zu lernen und wollte mich integrieren und mich für die deutsche Sprache, Kunst und Kultur einsetzen.“

 

Es ist ihm gelungen.

 

Völkerverständigung – Für Artur Klose ein wichtiges Anliegen. Hier gibt er Workshops für georgische Jugendliche. Foto: privat

 

 

Prophet im eigenen Land

Gerade weil Klose erst spät die deutsche Sprache erlernt hat, da war er bereits über 20, ist er besonders stolz darauf, dass seine Comics im In- und Ausland Kindern beim Erwerb der deutschen Sprache helfen. In Oberschlesien kennt man Klose vor allem durch seine 29 Comics über Schlesien mit dem Titel „Geheimnisvolles Oppelner Land“. Es gab sogar Seminare für Deutschlehrer mit dem Titel “Von Wilhelm Busch bis Artur Klose”. Für den Künstler ein große Anerkennung: „Das gibt mir viel Kraft“, sagt er.

 

Doch nicht nur in Oberschlesien kennt und liebt man Artur Klose. Er hat Comics für das gesamtdeutsche Gebiet realisiert, darunter eine Anit-Drogen-Kampagne für das Bundesgesundheitsministerium in Berlin. Er organisierte in Kassel eine viel beachtete Ausstellung mit den Werken des russischen Künstlers Wassilij Slonow. In Russland sind sie verboten, Klose ist es gelungen, sie nach Deutschland zu schmuggeln.

 

Und er lädt georgische Jugendliche immer wieder für Kunstprojekte nach Nordhessen ein. Dafür erhielt er in Osteuropa mehrere Preise.

 

 

 

 

 

Der “Landrat aus Scheiße”

Nur in seiner Wahlheimat Nordhessen scheint der 47-Jährige so viel zu gelten wie der Prophet im eigenen Land. Für die Förderung eines Kunstprojektes nahm er Kontakt mit dem Kasseler Landrat Uwe Schmidt auf. Er schrieb ihm mehrmals und erhielt keine Antwort. Seitdem ist der Künstler auf den Landrat nicht gut zu sprechen. Klose verewigte ihn in einem Porträt, das an seiner Hauswand hängt – Kloses Überzeugung nach der tatsächliche Grund für die Anklage. Das Werk trägt den Titel “Landrat aus Scheiße“ und ist tatsächlich aus dem Kot herrenloser ukrainischer Hunde gemacht. Per Webcam wurde das Porträt auf die Internetseite übertragen – doch dann hat jemand die Kamera zerstört. Das Bildnis von Landrat Schmidt ist aber immer noch an Kloses Haus zu besichtigen, das der Künstler zum “German Center for Modern Art” erklärt hat.

 

Das sorgt für Unverständnis im Landratsamt: „Kunst zeichnet sich auch immer dadurch aus, dass sie mit grenzüberschreitender Kritik auf gesellschaftliche und soziale Missstände hinweist oder Hochmut und Arroganz von Eliten bloßstellen will. Dieser Aspekt fehlt mir persönlich bei Herrn Klose völlig, da er nur Menschen angreift, von denen er sich missverstanden oder schlecht behandelt fühlt“, sagt Pressesprecher Harald Kühlborn. Außerdem haben Kloses finanzielle Vorstellungen die Möglichkeiten des Landkreises Kassel „erheblich überstiegen“. Und sowieso: einen konkreten Förderantrag habe Klose nie gestellt, so Kühlborn.

 

 

Solidaritätsbekundung aus Lemberg: Dort eröffnete eine Ausstellung mit dem Titel „Artur Klose und seine Strafsache ST/1316017/2017″ mit Werken des Künstlers und seiner ukrainischen Kollegen. Sogar das Aktenzeichen der Strafsache wurde in den Titel integriert. Die Kunstorgnisation „Sorry, we have no rooms available“ hatte Klose in die Ukraine eingeladen. Foto: privat

 

 

Für die Freiheit der Kunst

Das Porträt inspirierte auch Künstler in der Westukraine. Sie haben eine Werksreihe des Landrates mit dem Titel “Der Pimmel vom Landrat Uwe Schmidt“ angefertigt. „In dem Kunstwerk geht es nicht mehr um seine Person“, erklärt Klose, „sondern um eine Symbolfigur des rückwärtsgewandten Politikers, der das Potenzial der in seinem Verwaltungsbezirk lebenden Menschen vernichtet.“

 

Die bekannte Kunstorganisation „Sorrywe have no rooms available“ (Резиденція “Вибачте, номерів немає”) ludt Klose nach Lemberg ein und zeigte sich damit demonstrativ solidarisch mit ihrem deutschen Kollegen. Die Ausstellung mit dem Titel „Artur Klose und seine Strafsache ST/1316017/2017″ zeigt dessen Werke und Werke ukrainischer Künstler. Sogar das Aktenzeichen findet sich im Titel. Klose hat es geschafft, selbst aus der Anklage gegen ihn ein neues Kunstwerk zu machen.

 

 

Artur Klose auf einer zweiten Ausstellung in der Ukraine, diesmal in Uzhhorod. Foto: privat

 

 

Nachdem Artur Klose in der Ukraine auf zwei Ausstellungen als ein von den deutschen Behörden politisch verfolgter Künstler präsentiert wurde, änderten Richter und Staatsanwalt in Kassel die Meinung. Sie halten die Internetadresse mittlerweile für Ironie. Jetzt soll das Verfahren ohne Auflagen eingestellt werden. Dagegen legte Klose Widerspruch ein.

 

Zum aktuellen Verfahren will man sich im Landratsamt nicht äußern. Mittlerweile stehe aber fest, dass Klose die Internetseite mit dem umstrittenen Titel weiter betreiben darf. Freude bei Klose: „Ich muss mein Kunstwerk nicht zerstören.“ Doch das ist ihm nicht genug: „Ich will vor Gericht von den absurden Vorwürfen freigesprochen werden!“ Artur Kloses Kampf um die Freiheit der Kunst geht also weiter.

 

 

Marie Baumgarten

 

 

 

 

 

 

 

 

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