Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Wort zum Sonntag von Pastor Wojciech Pracki

22. Sonntag nach Trinitatis
Lesungen: Jesajabuch 44, 21-23; Matthäusevangelium 18,21-35
Predigttext: I Johannesbrief 2,12-14
Liebe Kindlein, ich schreibe euch; denn die Sünden sind euch vergeben durch seinen Namen. Ich schreibe euch Vätern; denn ihr kennt den, der von Anfang ist. Ich schreibe euch Jünglingen; denn ihr habt den Bösewicht überwunden.Ich habe euch Kindern geschrieben; denn ihr kennet den Vater. Ich habe euch Vätern geschrieben; denn ihr kennt den, der von Anfang ist. Ich habe euch Jünglingen geschrieben; denn ihr seid stark, und das Wort Gottes bleibt bei euch, und ihr habt den Bösewicht überwunden.


Liebe Leserinnen und Leser,
unser Predigttext ist an unterschiedliche Generationen gerichtet: an Kinder, Väter und Jünglinge. Alle sind männlich. Es werden keine Frauen erwähnt, obwohl Frauen zu Zeiten des Apostels Johannes eine wichtige Rolle spielten. Leider ist diese Rolle im patriarchalorientierten Umfeld in offiziellen jüdischen Texten und Briefen nicht anerkannt. Deshalb ist es wichtig, in der Gegenwart die Texte so zu verstehen, als ob sie auch für Frauen geschrieben worden wären.
Die Frohe Botschaft, das Evangelium, hat schon die nächste Generation erreicht. Es sind die „Kinder“, die Schüler der Apostel. Letztere werden hier als „Väter“ bezeichnet. Der nicht mehr jüngste Apostel Johannes wendet sich somit an seine Gleichaltrigen, die, wie er selbst, Jesus kennengelernt haben. Er wendet sich auch an die junge Generation, die Jesus nur aus Erzählungen der Älteren kannte. Dann kommen noch die Jünglinge dazu – also die dritte Generation der Jünger und Nachfolger Jesu Christi. Trotz der Altersunterschiede haben alle drei Gruppen eines gemeinsam – nämlich das Bewusstsein eigener Sünde und die Sicherheit, dass sie durch Jesus Christus überwunden ist. Das Bewusstsein und die Sicherheit kommen durch das Hören des Evangeliums und bringen Generationen zusammen. Wir können auch einfach sagen – der Glaube bringt Menschen unabhängig von Altersunterschiedenzusammen.
Dieses Fragment des Briefes über Sündhaftigkeit und die Überwindung des Teufels und den Sieg des Erlösers ist sicherlich für die damaligen Leser/innen des Briefes sehr wohltuend gewesen.

Und heute? Wie ist es mit uns?
Das ist eine hochinteressante Frage. Wir leben in Zeiten, in denen Polen zu den am schnellsten säkular werdenden Ländern in Europa gehört. Diesgeschieht nicht ohne Grund. Die Ursache ist oft das Verhalten und öffentliche Aussagen von Priestern und Bischöfen. Es gibt aber noch einen anderen Faktor. Menschen von der eigenen Sünde zu überzeugen, ist eine Aufgabe der Kirche, die unmöglich zu verwirklichen scheint. Wir leben in Zeiten, in denen der Mensch mit sich selbst zufrieden sein soll, in denen sein Anspruch auf Freizeit, Rechte, Gehalt, Eigenwert im Mittelpunkt steht. In denen Normen irrelevant werden. Einen mit sich selbst zufriedenen Menschen zu überzeugen von eigener Sünde ist eine Mission, die scheitern muss!
So wird die Aussage von Prof. Joseph Ratzinger, dem späteren PapstBenedikt XVI., zur Realität: „Es wird in Zukunft ein selbstbewusstes Christentum in kleinen Gruppen geben.“

Diese Ebene werden wir auch bald erreichen. Ist es ein Grund zur Trauer? Mehr ein Grundzur Umgestaltung des christlichen Lebens und der Kirche. In Zeiten von Johannes war das Christentum eine Religion kleiner Gruppen. Damals noch ohne Zeitungen, Radio, Fernsehen und Internet. Auch in einer Wirklichkeit der Selbstzufriedenheit damaliger Menschen. Wir, Christen: Kinder, Väter und Mütter, Jünglinge beider Geschlechter, haben in den alten Generationen genug Erfahrung gesammelt, aus der wir schöpfen können – für eine christliche Zukunft. Amen!

 

 

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