Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Die Gedanken sind frei

Erwartung

Der Advent geht zu Ende, aber hat das Warten ein Ende? Die Weihnachtsfreude steht vor der Tür, aber können wir uns freuen? Wir leben in einer Welt, in der es schwierig ist, wahre Freude zu finden, weil uns ein Ersatz dafür schon lange überschwemmt, der Advent mit Weihnachten vermischt ist, die Melancholie der Adventslieder längst kommerzialisierten Weihnachtsliedern gewichen ist.

Wir haben in Polen bereits eine neue Regierung und mäßige Freude, weil das Warten noch kein Ende hat. Die Diskriminierung der deutschen Sprache an Schulen hält an und ihre Beseitigung gehörte nicht zu den 100 Themen für die ersten 100 Tage der Regierung von Donald Tusk. Das Warten geht weiter.

Das Datum des 15. Oktober wird wohl in die Geschichte eingehen als Rückkehr demokratischer Werte in die Politik, leider aber auch als das Datum, an dem ein Angehöriger der deutschen Minderheit von den Parlamentsbänken verschwindet. Den großen Stolz, mit dem dieser Sitz verbunden war, erkenne ich nun umso mehr durch die Trauer, die mit der Entscheidung des SKGD-Vorstands verbunden ist, bei den nächsten Wahlen nicht als Deutsche Minderheit anzutreten. Die Politik wird von Pragmatik geleitet, nicht von Freuden und Sorgen, und doch war dieses Schild für viele Menschen nicht nur irgendein Schild, sondern auch ein Träger der Identität.

In Guttentag haben wir die gegenteilige Entscheidung getroffen. Zwei Legislaturperioden lang (bis 2008) trat die schlesische Gemeinschaft (sprich: deutsche Minderheit) von Guttentag zu Wahlen unter dem Logo des Bürgerkomitees der Schlesier, das ich selbst gegründet hatte, mit Erfolg und mit der Akzeptanz nicht nur der langjährigen Bewohner der Gemeinde, an. Doch dann haben wir beschlossen, dass die Entwicklung der Demokratie, sowohl der Minderheits- als auch der Mehrheitsgesellschaft, mit dem Beitritt zur Woiwodschaft Oppeln, der Entstehung von Kreisen und dem Beitritt zur deutschen Minderheit in der Woiwodschaft Oppeln die Möglichkeit bietet, auf die Wurzeln und den Platz des Deutschtums in der Gemeinde und in ganz Schlesien hinzuweisen. Wenn dies wieder keine tragende Kraft ist, bedeutet das, dass wir in dieser Entwicklung einen Rückschritt gemacht haben, dass die staatliche Politik keine Garantie für die Präsenz von Minderheiten im Sejm geschaffen hat und der Minderheitengesellschaft kein Gefühl der Akzeptanz vermittelt wird, sodass sie weiterhin ihr Selbstbewusstsein verliert.

Diese unglücklichen Überlegungen wurden durch meinen Besuch im Elsass und die dort geführten Gespräche mit Aktivisten von Vereinen und der politischen Partei „Unser Land“ bestätigt, die dort trotz der gegenteiligen Staatspolitik energisch versuchen, eine bikulturelle Realität aufzubauen. Sie sind voller schwieriger Hoffnung und weichen nicht vom Weg der Gründung deutscher Schulen und der Durchführung kultureller und politischer Aktivitäten ab.
Weihnachten ist ein Feiertag der Hoffnung auf die Zukunft, des Friedens, der Gleichheit der Menschen und ein großes Fest der Menschheit, denn Gott wurde in seiner Unendlichkeit Mensch. Die Macht beugte sich über den Schwächeren. Deshalb wünsche ich uns Hoffnung auf eine Welt, die anerkennt, dass von Natur aus schwächere Minderheiten nicht weniger wichtig sind und zum Wohle aller mit ihrer Sprache, Kultur und Traditionen überleben müssen.

Bernard Gaida

Titelfoto: Bernard Gaida (am Kopfende des Tisches) während der Gespräche im Elsass (Foto: privat)

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