Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Unterwegs vor Weihnachten

Jedes Jahr häufen sich die Adventsveranstaltungen der Gesellschaften der deutschen Minderheit in der Woiwodschaft Ermland-Masuren an den Wochenenden vor Weihnachten. In diesem Jahr fanden sie besonders dicht gedrängt statt, weil Heiligabend auf den 4. Advent fällt und die Adventszeit daher nur drei Wochen dauert. Da hieß es, viel unterwegs zu sein und gut zu planen. Ein kleiner Überblick.

Die jungen Teilnehmer der Adventswerkstatt „Bethlehem der Nationen“ in Heilsberg (Lidzbark Warmiński) brachten es bei ihrer Abschlussfeier am 10. Dezember auf den Punkt: die Jugend-Theatergruppe „Spiegel“ ließ zu Beginn der Veranstaltung Reisende und Obdachlose am Bahnhof stranden; der weitere Verlauf des Nachmittags spielte sich sinnbildlich auf einem Flugplatz ab, auf dem ukrainische, deutsche und polnische Fluggäste auf verspätete Anschlüsse warten, sich dabei über die Herkunft von Weihnachtsbräuchen in die Haare bekommen und friedlich die Lebkuchen teilen, die überall ein wenig anders heißen und ein wenig anders schmecken. Alle waren sie auf dem Weg, alle hingen sie irgendwo fest.

„Bethlehem der Nationen“ in HeilsbergFoto: Uwe Hahnkamp
„Bethlehem der Nationen“ in Heilsberg
Foto: Uwe Hahnkamp

Zur Ruhe kommen, Wissen erwerben, backen

Dabei sind nicht alle Menschen freiwillig unterwegs, auch nicht in Heilsberg, wo neben jungen Polen, Ukrainern und Deutschen aus der Region einige geflüchtete Ukrainer ihre Sehnsucht nach der Heimat in Töne fassten. Im Theaterstück, das den roten Faden der Feier bildete, mussten Maria und Josef das Kind zur Ruhe bringen und die Menschen ein wenig bremsen. Das Ergebnis war eine sehr lange Papierkette in den Farben der drei Landesflaggen, die die Jugendlichen und ihre Gäste gemeinsam bastelten und die am Ende den gemeinsamen Christbaum auf der Bühne im Kulturhaus in Neuhof (Pilnik) schmückte.

Deutsch-polnisch-ukrainische Papierkette in HeilsbergFoto: Uwe Hahnkamp
Deutsch-polnisch-ukrainische Papierkette in Heilsberg
Foto: Uwe Hahnkamp

Einen ganz anderen Charakter hatte die Feier in Mohrungen (Morąg) einen Tag zuvor. Dort hatte die lokale Gesellschaft der deutschen Bevölkerung „Herder“ in Kooperation mit dem Johann-Gottfried-Herder-Museum der Stadt die Tradition fortgesetzt, mit einem Vortrag, gemeinsamem Singen und selbstgemachten Plätzchen der weiblichen Mitglieder des Vereins die Weihnacht einzuläuten. Für die kurzfristig erkrankte Direktorin des Museums sprang der katholische Priester Dariusz Piórowski ein, der den gebannt lauschenden Zuhörern spannend verschiedene Begründungen dafür nahebrachte, warum der Erste Weihnachtsfeiertag gerade auf den 25. Dezember fällt.

Vortrag von Dariusz Piórowski bei HerderFoto: Uwe Hahnkamp
Vortrag von Dariusz Piórowski in Mohrungen
Foto: Uwe Hahnkamp

Noch einmal anders ließen die Mitglieder der Gesellschaft der deutschen Minderheit „Bärentatze“ in Sensburg (Mrągowo) die Adventszeit beginnen. Nach der Adventsfeier für Kinder einige Tage vorher organisierten sie am 5. Dezember noch eine dreiteilige Werkstatt mit dem Verfasser dieses Textes. Neben einem Vortrag mit Wissen über Weihnachtsbräuche und dem Vorlesen einer ungewöhnlichen Adventsgeschichte, die in Kürze auch als Hörbuch erscheinen soll, stand wie in den Vorjahren einmal mehr das gemeinsame Backen im Mittelpunkt. Diesmal gab es Vanillekipferl nach einem Familienrezept des Vorsitzenden der Gesellschaft, Sebastian Jabłoński, ganz frisch aus dem Ofen in der Küche der Gesellschaft.

Vanillekipferl-Backen in SensburgFoto: Uwe Hahnkamp
Vanillekipferl-Backen bei der „Bärentatze“ in Sensburg
Foto: Uwe Hahnkamp

Klassische Musik, Glühwein und eigene Pfefferkuchen

Die Allensteiner Gesellschaft Deutscher Minderheit hatte nach den Feiern für Senioren und Kinder noch einen für alle offenen, kleinen Jahrmarkt am 16. Dezember auf dem Programm. Er begann traditionell mit einem klassischen Konzert, in diesem Jahr mit Agnieszka und Paweł Panasiuk von der Ermländisch-Masurischen Philharmonie an Klavier und Cello mit einem Mix aus deutschen, polnischen und englischen Weihnachtsliedern – und Johann Sebastian Bach. Anschließend lockten Kaffee und Kuchen, Glühwein und Waffeln sowie eine Lotterie in den Innenhof des Kopernikus-Hauses in Allenstein (Olsztyn).

Klassische Musik im Blauen Saal der AGDM in AllensteinFoto: Uwe Hahnkamp
Klassische Musik im Blauen Saal der AGDM in Allenstein
Foto: Uwe Hahnkamp

Ohne die Unterstützung von Instrumenten oder elektronische musikalische Untermalung mussten die Mitglieder des Kulturvereins der Deutschen „Heimat“ in Ortelsburg (Szczytno) beim gemeinsamen Singen auskommen. Da das ebenfalls eine Tradition ist und die Teilnehmer der Feier geübt sind, konnte sich das Ergebnis durchaus hören lassen. Neben den selbstgebastelten Türwächter-Nikoläusen vor dem Haus hatten die Ortelsburger außerdem zwei Wochen vor der Feier eine Menge Pfefferkuchen produziert, die zum Teil in den hungrigen Mägen landeten, vor allem aber als Geschenke für Familien und Besucher dienen werden.

Einladender Türschmuck in Ortelsburg
Foto: Uwe Hahnkamp

Das Fazit der Rundreise hat viele positive und zwei negative Nuancen: Wo auch immer und wie auch immer die Gesellschaften der deutschen Minderheit ihre Adventsfeiern begingen, das Wichtigste war der Zusammenhalt, das Gemeinsame in der Vorbereitung und – bei den Feiern selbst – diese festliche Atmosphäre zumindest für einige Stunden. Leider hatte durchweg die Grippewelle eine Schneise in die Reihen der potenziellen Gäste geschlagen, sodass weniger Menschen kamen als üblich. Und zum Leidwesen des Autoren dieser Zeilen kann er sich nicht zwei-, vier- oder mehrteilen, um zu allen Gesellschaften zu kommen. Hiermit also ein frohes Fest an alle, denen er das nicht persönlich sagen konnte.

Uwe Hahnkamp

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