Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Ein aufrechter Schlesier

Am 10. Januar 2024 ist Helmut Sauer, der Ehrenvorsitzende und langjährige Bundesvorsitzende der Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung der CDU/CSU (OMV) – Union der Vertriebenen und Flüchtlinge, nach kurzer, aber schwerer Krankheit in Braunschweig verstorben.

„Mit Helmut Sauer ist ein aufrechter Schlesier, ein katholischer Christ mit klarem, sozialem Wertekompass, ein gleichermaßen verdienter wie loyaler CDU-Politiker, ein überzeugter Europäer, ein Kämpfer für die Menschen- und Volksgruppenrechte sowie das Recht auf die Heimat von uns gegangen. Er hinterlässt eine große Lücke in der politischen wie in der landsmannschaftlichen Arbeit und in den Herzen der vielen Wegbegleiter, die er mit seiner Begeisterung über Jahrzehnte angesteckt hat. Unsere Gedanken sind in diesen schweren Stunden mit seiner Familie“, schreibt die OMV.

Vertreibung

Geboren wurde Helmut Sauer am Heiligen Abend 1945 im Forsthaus von Quickendorf (Lutomierz) im Kreis Frankenstein (Ząbkowice Śląskie). Er wurde noch in Schlesien getauft, doch Ende April 1946 wurde die Familie aus der Heimat vertrieben. Die Vertreibung sollte ihn und sein Engagement zeitlebens prägen. Helmut Sauer sagte dazu einmal: „Ich bin auf einer Flucht geboren worden. Die meisten Kinder auf dieser Flucht nach dem Krieg sind umgekommen; ich habe überlebt. Weil ich als Baby überlebt habe, fühle ich mich dem Problem, dem Drama des Vertreibens, Zeit meines Lebens verpflichtet.“

Nach dieser schwierigen Zeit hat sich die Familie in Niedersachsen niedergelassen. Die neue Heimat ließ Helmut Sauer Schlesien aber niemals vergessen. Nach seiner Ausbildung wurde Sauer politisch aktiv, und zwar in der CDU. Grund dafür waren vielleicht auch zwei seiner entfernten Verwandten, ebenfalls CDU-Politiker, die er aber nicht mehr persönlich kennengelernt hat: Der frühere Oberpräsident von Oberschlesien (1927-1933, Zentrum), Dr. Hans Lukaschek, wirkte in der jungen Bundesrepublik als erster Bundesvertriebenenminister (1949-1953), und der frühere Ratiborer Domherr und Reichstagsabgeordnete (1920-1933, Zentrum), Prälat Carl Ulitzka, hatte viel zum Aufbau einer eigenständigen preußischen Provinz Oberschlesien geleistet und die Volksabstimmung 1921 tonangebend mitgestaltet.

Helmut Sauer Foto: OMV
Helmut Sauer
Foto: OMV

In der Partei engagierte sich Helmut Sauer zunächst vor allem für die Jugend, in den CDU-Sozialausschüssen (CDA) und im Sinne seiner vertriebenen Landsleute. Wie sehr gerade die Heimatverbundenheit seiner Eltern auch auf ihn übergegangen war, zeigt sich u. a. darin, dass er schon 1967 mit dem Stadtjugendring Salzgitter eine Reise in die schlesische Heimat machte. Dieser ersten Reise sollten viele weitere folgen, ebenso wie sein großes Engagement für die in Schlesien verbliebenen Deutschen. Für sie und ihre Anliegen hat er sich in der Bundespolitik eingesetzt, wofür Helmut Sauer eine Reihe von Auszeichnungen erhielt, zuletzt die Verdienstmedaille des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG) 2021 in Kattowitz.

Politik

Die politische Arbeit erwies sich schon bald als Helmut Sauers Element. 1971, mit gerade 25 Jahren, schenkten ihm die Delegierten des CDU-Kreisverbandes Salzgitter ihr Vertrauen und wählten ihn zum Kreisvorsitzenden. Dieses Amt hatte er bis 1993 inne. Bereits ein Jahr später, mit 26 Jahren, zog er über die Liste der CDU in Niedersachsen als damals jüngster Abgeordneter erstmals in den Deutschen Bundestag ein.

Helmut Sauer (2016)Foto: Mozamaniac/wikimedia.org
Helmut Sauer (2016)
Foto: Mozamaniac/wikimedia.org

Als Bundestagsabgeordneter erweiterte Helmut Sauer seine Arbeitsfelder, wobei er stets seinen Kernthemen treu blieb. Er arbeite u. a. im Innerdeutschen Ausschuss, im Unterausschuss für Humanitäre Hilfe und Menschenrechte sowie von Beginn an in der Vertriebenengruppe der CDU/CSU-Fraktion mit und wurde von 1976 bis 1995 ins NATO-Parlament entsandt. Immer wieder gelang es ihm, die an den Rand gedrängten Anliegen der deutschen Heimatvertriebenen und Aussiedler und zu Beginn der 1990er Jahre auch der Spätaussiedler und der Landsleute in der Heimat auf die Tagesordnung der Ausschüsse und des Plenums setzen zu lassen.

OMV

In der OMV übernahm er ab 1975 Verantwortung, als er als Beisitzer in den Bundesvorstand gewählt wurde. Ab 1977 wirkte er als stellvertretender Bundesvorsitzender, zwischen 1979 und 2017 als Landesvorsitzender in Niedersachsen. Bis 2017 leitete er die Geschicke der Parteivereinigung und wurde danach zum Ehrenvorsitzenden ernannt.

In einem Interview für das „Wochenblatt.pl“ sagte er einmal über sein politisches Wirken: „Etwas stolz bin ich darauf, dass ich trotz meines klaren politischen Einsatzes für die Anliegen der deutschen Heimatvertriebenen, der Aussiedler und der in der Heimat verbliebenen Deutschen stets auch Wertschätzung in Polen erfahren habe – von der Geistlichkeit, von der Regional- und Kommunalpolitik, aber auch in Begegnungen etwa mit polnischen Staatspräsidenten, Ministerpräsidenten und Außenministern. Wenn ich so unbescheiden sein darf, zeigt dies, dass mein verständigungspolitischer Kurs über die Jahrzehnte bislang richtig war – trotz der Hinweise auf historische Wahrheit, Recht, Unrecht und Gerechtigkeit.“

OMV/ru

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