Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Jetzt wäre es unmöglich

In diesem Jahr feiert die Selbstverwaltung der Woiwodschaft Oppeln den 25. Jahrestag der Verteidigung der Region als eigenständige Woiwodschaft. Auf dem kürzlich abgehaltenen Schlesienseminar erzählten Zeitzeugen über die Verteidigungsaktion. Vor einigen Wochen wurde zudem ein Bericht über mögliche Änderungen der Woiwodschaftsgrenzen veröffentlicht.

„Was in der Region Oppeln geschah, war ein Wunder – etwas, das gegen die Natur zu sein schien“, sagte Stanisław Jałowiecki, der erste Marschall der Woiwodschaft Oppeln, bei einem Treffen mit Zeitzeugen während des Schlesienseminars in Groß Stein.

 

Was Jałowiecki als Wunder bezeichnete, war das Ende eines monatelangen Kampfes um die Erhaltung der Eigenständigkeit der Woiwodschaft, die im Zuge der Verwaltungsreform von 1998 von der Verwaltungslandkarte Polens verschwinden sollte. Dies war jedoch etwas, was die Bewohner der Region selbst, sowohl die polnische Mehrheit als auch die deutsche Minderheit, nicht wollten. Die Menschen, die zuvor gespalten waren, hätten ineinander das erkannt, was sie eint, betonte Stanisław Jałowiecki. „Die Haltung der Regierenden in Warschau nach der Wende war für mich eine Enttäuschung. Sie versuchten, den kolossalen Schatz zu zerstören, der die wiedergewonnene Heimat, unsere Integration war. In einem demokratischen Polen wollten sie uns etwas wegnehmen, was wir uns durch Arbeit, Solidarität, Verständnis für das Anderssein und Kooperationsbereitschaft selbst aufgebaut hatten. Wir erinnern uns gern an die Freude über die Rettung der Region, aber in diesem Wunder des Oppelner Protests waren auch Elemente der Wut enthalten.“

Beim Schlesienseminar sprachen über die Ereignisse von vor 25 Jahren Prof. Dorota Simonides (2.b.l.=, Stanisław Jałowiecki und Henryk Kroll.
Foto: HDPZ

Deutsche Minderheit

Neben der Auflehnung der Oppelner Gemeinschaft ab dem Frühjahr 1998 waren auch die Maßnahmen von Politikern aus der Region von Bedeutung. Zu ihnen gehörte Henryk Kroll, ein damaliger Abgeordneter der deutschen Minderheit. „Ich war Mitglied des Ausschusses für kommunale Selbstverwaltung. Wir als Minderheit wollten, dass die Region Oppeln bestehen bleibt. Denn hier waren wir die größte Kraft und nur hier konnten wir wirklich etwas tun. Tschenstochau und Köslin kämpften auch um den Erhalt ihrer Regionen, aber nur das Oppelner Schlesien hatte ein Extra – eine deutsche Minderheit. Das musste man nutzen“, erinnerte sich Henryk Kroll in Groß Stein – und fügte hinzu, dass er auch das Bundeskanzleramt in Bonn um Hilfe für den Erhalt der Woiwodschaft Oppeln ersucht hatte. „Ich habe den Bundeskanzler gebeten, vielleicht zu versuchen, seinem Freund, Premierminister Buzek, etwas über den Erhalt dieser Region mit ihrer Minderheit ins Ohr zu flüstern. Und während einer Sitzung des Sejm kam der damalige deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble und wollte sich mit Herrn Buzek und Herrn Krzaklewski treffen. Später hieß es, sie hätten über die europäische Integration und nicht über die Woiwodschaft Oppeln gesprochen. Aber am Morgen dieses Tages hatte Oppeln noch keine Chance, auf der polnischen Verwaltungskarte zu bleiben, und am Nachmittag gab es diese Chance auf einmal“, so Kroll.

 

Stanisław Jałowiecki: „Was in der Region Oppeln geschah, war ein Wunder – etwas, das gegen die Natur zu sein schien.“

Würde das heute gelingen?

Die Chance wurde schließlich zur Gewissheit, denn dank der Aktionen der regionalen Gemeinschaft, der Organisation von Demonstrationen, der Unterzeichnung von Petitionen, Appellen und Bitten, aber auch dank der Arbeit der Politiker verabschiedete der Sejm am 18. Juli 1998 ein Gesetz zur Aufteilung des Landes in 16 Woiwodschaften, darunter auch Oppeln. Nach einem monatelangen Kampf hatten es sich die Oppelner verdient, auf dem Gelb-Blauen Freudenball am 2. August 1998 zu feiern.

Aber wenn sie heute ihre Oppelner Eigenständigkeit erneut verteidigen müssten, wäre es dann möglich, die Menschen zum Handeln zu bewegen? Prof. Dorota Simonides, eine langjährige Senatorin für das Oppelner Land, sieht dafür wenig Chancen. „Das Volk ist in den letzten acht Jahren so sehr gespalten worden, dass es dauern wird, bis diese Gräben zugeschüttet werden. Außerdem ist Polen in Europa isoliert. Das eine Lager sagt über das andere, es sei pro-deutsch. Ein anderes, dass es pro-Putin sei, noch ein anderes, dass es klerikal sei. Diese Lager sind inzwischen so gespalten, dass die Spaltung sogar zu Hause zu spüren ist.“

 

Neue Varianten

Derzeit gibt es keine Absichten, die Woiwodschaftsgrenzen zu verändern, obwohl das Thema während des jüngsten Wahlkampfs aufkam, als der Abgeordnete der Oppelner Bürgerkoalition Tomasz Kostuś mit der Abschaffung der Woiwodschaft Oppeln drohte. Andererseits kündigte der Oppelner Parlamentskandidat des Dritten Weges Marcin Oszańca an, er werde sich darum bemühen, dass die Woiwodschaft Oppeln um den Kreis Ratibor erweitert wird.

Oszańcas Idee deckt sich mit den Bestimmungen des kürzlich veröffentlichten Berichts des Sobieski-Instituts unter dem Titel „Korrektur der Aufteilung der Woiwodschaften – Für eine ausgewogene Entwicklung“, verfasst von Dr. Łukasz Zborowski. Darin heißt es unter anderem, dass die derzeitige Verwaltungsgliederung unseres Landes auf etwa einem Dutzend Großstädten beruht und kleinere regionale Gliederungen unberücksichtigt lässt.

Vor 25 Jahren hat man es geschafft die Oppelner Woiwodschaft zu verteidigen. Foto: Jerzy Stepmlewski

Der Autor des Berichts stellte vier alternative Varianten der Aufteilung Polens vor, von denen die erste als leichte Korrektur des derzeitigen Zustands bezeichnet werden kann. „Darin werden keine neuen Einheiten geschaffen. Vor allem die Ausdehnung der größten Woiwodschaft – der Woiwodschaft Masowien – wird reduziert“, heißt es in dem Bericht. Im Rahmen der Grenzanpassung wird die Woiwodschaft Oppeln um den Kreis Ratibor vergrößert. „Durch die Eingliederung Ratibors in die Woiwodschaft Oppeln wird die Struktur von vor 1975, die innerhalb der Grenzen der Diözese Oppeln erhalten blieb, wiederhergestellt. Die kleinste Woiwodschaft, die immer noch an Bevölkerung verliert, wird vorteilhaft vergrößert“, heißt es in dem Bericht über diese Änderung.

In der zweiten Variante, in der unter anderem die Woiwodschaften Niederschlesien und Schlesien in kleinere Einheiten aufgeteilt werden, bleibt die Woiwodschaft Oppeln zusammen mit Ratibor eine eigenständige Verwaltungseinheit.

In der nächsten Variante, der dritten, verliert die Woiwodschaft Oppeln ihren bisherigen Namen. Sie wird nicht nur um Ratibor, sondern auch um Rybnik und weiter nördlich um das Gebiet von Lublinitz erweitert. Die Woiwodschaft wird in „Oberschlesien“ umbenannt, obwohl sie de facto nicht das gesamte historische und geografische Oberschlesien umfasst.

Die vierte Option ist die weitreichendste und würde auch die größten Veränderungen für die Woiwodschaft Oppeln mit sich bringen. Sie würde mit der Woiwodschaft Schlesien zu einer neuen Region mit der Bezeichnung „Schlesien–Tschenstochau“ zusammengelegt werden. In dieser Variante wäre diese Woiwodschaft die bevölkerungsreichste, mit Oppeln und Tschenstochau als Verwaltungszentren. Das Schlesisch-Dombrowaer Kohlebecken wäre eine Metropole, aber ohne Woiwodschaftsbehörden.

Ob irgendeine der Varianten in Zukunft umgesetzt wird, wird die Zeit zeigen.

Rudolf Urban

 

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