Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Seiner Zeit weit voraus

Die Geschichte der Stadt Wüstegiersdorf (Głuszyca) ist eng mit der Textindustrie verbunden. 1768 entstand hier die größte und modernste Textilveredlungsanlage des Sudetenlandes und knapp 70 Jahre später wurde in dem Ort die erste mechanische Baumwollweberei gegründet. Auch der bekannteste Sohn der Stadt, Egmont Websky, war ein Textilfabrikant.


Im Laufe der Jahrzehnte entstanden in Wüstegiersdorf Textilfabriken, Webereien und Spinnereien. Bis heute sind in der Stadt viele Villen der reichen Industriellen erhalten geblieben. Eine von ihnen gehörte dem Textilfabrikant und Gutsherren auf Wüstegiersdorf, Martin Websky, der einen Großhandel mit Leinen betrieb.

Egmont Websky
Foto: Wikipedia

Seine modernen Ansichten setzte Websky nicht nur lokal um. Von 1871 bis 1877 und von 1887 bis 1890 war er Reichstagsabgeordneter.

Egmont Websky war das dritte von sechs Kindern von Martin Websky und seiner Frau Karoline Kramsta. Nach Abschluss seines Studium der Naturwissenschaften in Berlin arbeitete er zunächst bei seinem Vater, mit dem er eine moderne mechanische Weberei für Leinen und Baumwolle gründete. Websky erkannte schnell, dass er als Firmenbesitzer eine Verantwortung gegenüber seinen Arbeitern hat, die weit über angemessene Bezahlung hinaus reicht. Für seine Arbeiter führte er zum Beispiel, noch bevor Gesetze es geregelt haben, eine sog. Unterstützungskasse ein.

Das Websky-Schlößchen in Breslau. Heute befindet sich hier der Sitz des Ethnographischen Museums.
Foto: Garzena/Wikipedia

Mutterschutz war damals noch ein abstrakter Begriff. Websky hatte aber seinen Arbeiterinnen für sechs Wochen nach der Geburt eines Kindes den vollen Lohn ausgezahlt. Später führte er auch eine Unfallversicherung sowie eine Invaliden- und Sterbekasse ein. 1876 gründete er eine Spielschule für den Nachwuchs seiner Arbeitnehmer. Für seine Arbeiter ließ er Häuser bauen und erteilte Darlehen für den Kauf von Wohnungen. Websky kümmerte sich darüber hinaus auch um das seelische und physische Wohlbefinden seiner Arbeiter, indem er ein Erholungshaus für sie bauen ließ, wo sie Erholung und Pflege fanden.

Gutshaus der Familie Websky in Wüstegiersdorf (Głuszyca)
Foto: Mirosława Mielczarek/Wikipedia

Seine modernen Ansichten setzte Websky nicht nur lokal um. Von 1871 bis 1877 sowie von 1887 bis 1890 war er Reichstagsabgeordneter. 1890 wurde er Vorsitzender der neu gegründeten Schlesischen Landesversicherungsanstalt. Zuvor war er Initiator der ersten Schlesischen Gewerbe- und Industrieausstellung in Breslau. Von 1895 bis 1899 war er zweiter Vorsitzender des Museums Schlesischer Altertümer und Initiator der Entstehung des Schlesischen Museums für Kunstgewerbe und Altertümer in Breslau. Er lebte nach dem Prinzip, dass man immer das Wohl der Gemeinschaft anstreben sollte. 1869 formulierte er: „Jede Kräftigung des Gemeindelebens, die Stärkung des Bewusstseins, dass ich nicht allein, sondern für einen bestimmten Kreis meiner Mitmenschen mit lebe, halte ich wirklich für die Basis des Bewusstseins unserer Zeit.“

A. Durecka

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