Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Von Schlesien in die Kalahari

„Es war hier früher ganz schön. Doch nach dem Brand ist ein Teil des Dachs eingestürzt und obwohl der heutige Besitzer sagt, er wird das Schloss noch renovieren, glaube ich nicht, dass das klappt“, sagt Stanisław, der seine ganze Kindheit und Jugend im Schloss Scheppelwitz (Ciepielowice, Gmina Dąbrowa) gewohnt hat.


„Meine Eltern kamen 1955 aus Lüben hierher. Beide leben übrigens noch: meine Mutter ist 90 und mein Vater 95 Jahre alt. Und sie haben eine Wohnung hier im Schloss bekommen. Da war das Schloss noch in gutem Zustand. Zuvor hatte hier angeblich ein russischer General gewohnt. Es gab noch eine Handvoll Originalmöbel“, erinnert sich Herr Stanisław. Heute ist das Schloss eine Ruine. Und das, obwohl noch vor 20 Jahren Menschen hier gewohnt haben. Herr Stanisław geht gerne im Schlosspark spazieren. Er hat sich in der Nähe ein Häuschen gekauft. Es zieht ihn aber immer wieder an den Ort, wo er seine jungen Jahre verbracht hat.

Das Schloss ist heute in einem sehr schlechten Zustand.
Foto: Anna Durecka

Das Schloss Scheppelwitz war ursprünglich ein Gutshaus, das Ende des 18. Jahrhunderts um einen Seitenflügel erweitert wurde. Dass das Schloss einen berühmten Besitzer hatte, das wusste Herr Stanisław allerdings gar nicht. 1955 gab es in Scheppelwitz kaum Deutsche. Der letzte Eigentümer von Scheppelwitz war Friedrich Hermann Heinrich Christian Hans Prinz zu Solms-Baruth. Ein Mann mit vielen Vornamen und einer interessanten Lebensgeschichte. Bekannt ist er vor allem dadurch, dass er während des Nazi-Regimes zu dem sog. Kreisauer Kreis gehörte, den Widerstandskämpfern vom 20. Juli 1944. Solms-Baruth stellte sein Forsthaus Wunder und das Schloss Kassel bei Golßen für die Vorbereitung des Attentats gegen Hitler zur Verfügung. Einen Tag nach dem misslungenen Atentat wurde Solms-Baruth verhaftet. Nach Kriegsende wurde er aus dem Gefängnis in Potsdam entlassen, doch in schlechtem Gesundheitszustand. Er kehrte Deutschland schnell den Rücken und die Familie siedelte nach Südwestafrika über, wo Solms-Baruth schon 1937 ein Stück Land gekauft hatte. Dort, auf der Farm Dabib, mitten in der Kalahari-Savanne, ließ er sich nach dem Krieg nieder. Solms-Baruth verstarb 1951. Auf einem Hügel nahe der Farm, die heute im Naturreservat der Kalahari Anib Lodge liegt, steht ein Gedenkstein zu seinen Ehren. Den Einwohnern in Scheppelwitz ist Solms-Baruth leider kein Begriff.

Anna Durecka

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