Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Wie wurde man in Masuren gesund?

Diese Frage interessiert die Geschichtslehrerin Marta Skarżyńska aus Sensburg bereits seit Längerem. Jetzt hat sie ihre Forschungen in einem Vortrag im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Sorquitter Gespräche“ am 22. März in der evangelisch-augsburgischen Kirche in Sorquitten vorgestellt. Es war der erste Termin des Jahres 2024 in dieser Reihe, die die evangelisch-augsburgische Kirchengemeinde in Sorquitten gemeinsam mit dem Verein „Freunde Masurens“ in Scharnebeck seit Jahren organisieren.

Ostpreußen war die entlegenste Provinz des damaligen deutschen Reiches. Die gesellschaftliche, vor allem aber die wirtschaftliche und wissenschaftliche Entwicklung hinkte dem aktuellen Stand im Kernland des Reichs Jahrzehnte hinterher. Dafür hatte und hat es eine Natur zu bieten, die ihresgleichen sucht. Wie wirkte sich diese Natur auf die Menschen in Masuren und auf das Heilen ihrer Krankheit aus? Sie war immerhin wichtig, fand doch die moderne Medizin erst spät ihren Weg ins weite ostpreußische Land.

Marta Skarżyńska bei ihrem Vortrag in Sorquitten Foto: Uwe Hahnkamp

 

Im Einklang mit der Natur…

Als Sucherin nach früheren, mit dem Heilen verbundenen, magischen Traditionen differenzierte Marta Skarżyńska in ihrem Vortrag „Die Volksmedizin Masurens. Wie wurden Krankheiten früher magisch behandelt“ zwei Arten von Medizin. „Es gibt die alltäglich angewandte rationale Medizin und die um metaphysische Aspekte erweiterte Medizin mit ihrer Berufung zum Beispiel auf Heilige“, erklärte sie. Im Alltag seien diese beiden Seiten einer Medaille aber eng miteinander verflochten.

Über ihr Wissen will Marta Skarżyńska demnächst eine Publikation herausgeben. Eine Übersetzung ins Deutsche ist voraussichtlich auch vorgesehen.

Ein wichtiger Teil sind Heilmittel aus der Natur wie etwa Kräuter. „Viele Masuren sammelten Kräuter, vor allem Minze hatte jede und jeder zuhause, aber sie mussten zum Teil zur richtigen Tageszeit gepflückt werden. Wasser – fließendes Wasser – hatte eine heilende Wirkung, auch besonders Weihwasser“, erwähnte Marta Skarżyńska. Der Übergang von Naturheilkunde zu naturnaher Magie ist scheinbar fließend. Denn es ist wichtig, wo die Mittel herkommen, wer sie wann, zu welcher Mondphase und Jahreszeit pflückt, damit sie die optimale oder überhaupt Wirkung entfalten können. Dabei geht es um die Achtung vor der Natur und ihrer Ordnung.

 

…und mit Magie

Diese Ordnung bezieht sich im Kreislauf des Lebens auch auf die geistige Welt. Die streng religiösen Masuren – auch ihr Glaube ist ein Erbe des Lebens in und mit der Natur – suchten bei Krankheit die Unterstützung von Gott und Heiligen im Gebet, in der Anwendung aber auch Dinge wie Weihwasser und Kräuter aus der Nähe von Kapellen oder Wegkreuzen. Darüber hinaus geht es um Faktoren wie Besprechen von Krankheiten, dreimal wiederholte Tätigkeiten als Symbol der Dreieinigkeit, geflüsterte und gesungene Sprüche, deren Inhalte nicht laut ausgesprochen oder gar preisgegeben werden durften.

„Ein verratener Spruch verliert seine Gültigkeit“, so Marta Skarżyńska, „und man sollte auch keine Worte in den Wind werfen. Das Wissen wurde gepflegt und von Generation zu Generation, von kluger Frau zu kluger Frau weitergegeben.“ Die Heilerin war eine zeugungsfähige, erfahrene und kluge Frau, die schon einiges vom Leben gesehen hatte und der die Menschen vertrauten. Laut Marta Skarżyńska hatten daher beim Aufkommen der neuzeitlichen Medizin die Ärzte einen schweren Stand: „Die Menschen glaubten nicht den Professoren, sondern den heilkundigen Frauen“. Am besten wäre ihrer Meinung nach ein Zusammenwirken der traditionellen und der modernen Medizin zum Wohle der kranken Menschen, da sie sich im Grunde sehr gut ergänzen.

Uwe Hahnkamp

 

 

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