9.Sonntag nach Trinitatis
Lesungen: Philipperbrief 3,7-14; Matthäusevangelium 13,44-46
Predigttext: 1. Könige 3,5-15
Du hast deinen Knecht zum König gemacht an meines Vaters David statt. Ich aber bin noch jung, weiß weder aus noch ein (…) So wollest du deinem Knecht ein gehorsames Herz geben, dass er dein Volk richten könne und verstehen, was gut und böse ist.
1. Könige 3,7; 3.9
Jugend hat ihre Rechte
Die Zeit der Jugend ist angeblich die Zeit des Wahnsinns und derinkonsequenten Entscheidungen. Vielleicht ist es damit verbunden, dass Jugendliche meistens, aber nicht immer, keine größere Lebensverantwortung tragen müssen. Deswegen ist die Meinung verbreitet, dass man sich in der Jugendzeit austoben muss.
In diesem Kontext muss ich feststellen, dass ich mich überraschend jung fühle, obwohl mich meine jugendlichen Schüler als einen Grufti ansehen. Und ich äußere es nicht in Huldigung der Jugendmode, Sprache oder musikalischem Geschmack. Jung fühle ich mich immer beim Begehen eines neuen Fehlers, wenn ich etwas Unbedachtes sage oder wenn ich mich verantwortungslos benehme, was nicht mit einem grauwerdenden Kopfund wachsendem Bäuchlein eines überVierzigjährigen übereinstimmt. Dann muss ich immer denken, wie dumm ich bin! So alt und so dumm! Ich hoffe nur, dass in solcher Art meiner Selbstbetrachtungich nicht allein bin und dass meine Gleichalterigen es ähnlich erleben.
Aber genug der Selbstkritik! Fehler begehen, Improvisation, Unbekümmertheit gehören zum Recht der Jugend. Reife kommt aber mit der Zeit und Erfahrung. Sehr überraschend ertappe ich mich selbst beim Erleben der Reife. Ich analysiere, bedenke Pläne und Strategien, ich gebe mir Zeit und treffe keine voreiligen Entscheidungen.
König Salomo – jung und doch reif
Salomo wurde in sehr jungem Alter zum König ernannt. Er ist sich bewusst gewesen über seinen Mangel an Kompetenzen und Erfahrung. Die Verantwortung für den jungen Staat, kurz nach einem Bürgerkrieg, ist für ihn bedrückend gewesen. Die erste königliche Entscheidung war, sich Gott anzuvertrauen. Als Antwort fragte ihn Gott im Schlaf, was Salomo bekommen möchte? Dieser bat um Weisheit.
Wenn man sich die Weisheitaneignet, kann man viel erreichen. Reichtum, Ruhm, Prestige erfahren. Weisheit ist der Schlüssel zum Erfolg. Und Weisheit kommt auch aus Lebenserfahrung. Diese konnte Salomo aus natürlichen Gründen nicht haben. Deswegen bekam er von Gott dieWeisheit quasi sofort.
Wenn ich nun wieder 20 wäre mit der heutigen Lebenserfahrung…
Salomo erlebte das, wovon auch manch einer von uns träumt. Jugend und Vitalität eines Zwanzigjährigen mit der Lebenserfahrung eines über Vierzigjährigen, der sein Brot aus vielen Öfenaß. Denken Sie manchmal nicht auch –wenn ich nur wieder 20 wäre mit meiner Erfahrung von heute? Ich würde dann meine Fehler nicht wiederholen und anders entscheiden. Mein Leben würde anders aussehen.
Ich denke, dass wir andere Fehler begehen würden und neue Probleme erleben würden. Solche Gedanken sind also sinnlos. Ich lebe hier und heute mit der Last und Ausrüstung meiner Erfahrungen und kann weiter nach vorne laufen. Ich werde gewiss Fehler machen, Probleme erleben. Dabei kann ich mir auch ein Beispiel nehmen am jungen König Salomo und mich Gott anvertrauen. Er wird sich gerne um uns sorgen, wenn wir es nur möchten. Jung können wir auch trotz unseres Alters bleiben. Wie? Dank Lebensfreude, Faszination an kleinen Dingen, Kurzweiligkeit, Sehnsucht nach Menschen, Freude an Begegnung und an dem, was wir tun. Wir können auch Gott einfach bitten, dass wir nicht abschlaffen. Amen.
