Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Verlorene Welt im Grossebachtal

Geteilt durch die Landesgrenze und weitgehend verlassen, ist Pilgersdorf (Pielgrzymów) der abgelegenste Ort im Oppagebirge. Ein Spaziergang durch dieses Dorf ist eine faszinierende Reise in eine verschollene Welt.

Die Hügellandschaft im Kreis Leobschütz (Głubczyce) ist der mit Abstand ruhigste Teil des Oppagebirges. Kaum jemand verirrt sich auf den vereinzelten Wanderweg dieser Gegend. Noch weiter von populären Touristenzielen entfernt ist Pilgersdorf. In ein tiefes Teil an der Grenze gequetscht, ist es auf schmalen Landstraßen in etwa 20 Minuten aus Leobschütz erreichbar. Ein Parkplatz ist hier nicht aufzufinden, ein vernünftig am Straßenrand geparktes Auto sollte jedoch niemanden stören.

 

Das Erbe von 1742
Wie so manche Ortschaften in der Region wurde Pilgersdorf zum ersten Mal im Jahre 1742 schwer betroffen. Die neue Landesgrenze zwischen Österreich und Preußen wurde auf dem Grossebach gesetzt. Dies sah zwar auf der Landkarte elegant aus, zerriss jedoch das Dorf in seiner Mitte. Zuerst hat das wahrscheinlich kaum jemand gemerkt. Im Laufe der Jahrhunderte bedeutete das jedoch ein langsames Todesurteil für die Entwicklung des Ortes. Zusammen hatten beide Teile am Anfang des 19. Jahrhunderts noch etwa 600 Einwohner. Heute lebt auf der tschechischen Seite niemand mehr, und auf der polnischen nur 56 Personen.

Die Ruine der Josefskirche in Pilgersdorf erinnert an die interessante Geschichte des heute verlassenen Ortes. Foto: Łukasz Malkusz

Schon am Ortseingang grüßt uns eine Erinnerung an die verlorene Vergangenheit. Hinter einer Ziegelmauer sehen wie das Gebäude des Schlosses Pilgersdorf. 1740 erbaut, war es Sitz der Familie von Blumenkron. Noch 1958 wurde es renoviert, seitdem verschlimmert sich sein Zustand jedoch immer mehr. Verlassen und mit Vegetation überwachsen, macht es den Eindruck, als beträten wir eine verlorene Welt.

 

Zwischen zwei Ufern
Innerhalb einer Viertelstunde kommen wir im Ortszentrum an. Dabei geht es am ehemaligen Schlosspark entlang. Einige Privathäuser sind bewohnt und gepflegt, die meisten jedoch verlassen. In der Dorfmitte steht heute die neue Josefskirche aus dem Jahr 2005. Gleich daneben befindet sich die Ruine einer neugotischen Josefskirche, die 1810 erbaut worden war. Im März 1945 brannte sie nieder, heute stehen nur noch die Grundmauern. Neben dem Gotteshaus sind Reste des alten Friedhofs zu sehen. Mehrere Grabsteine stammen aus dem 19. Jahrhundert.

Die Dorfstraße führt uns noch etwa 20 Minuten weiter. Bei den letzten Gebäuden kann man umkehren und bis zur Brücke über den Grossebachtal zurückgehen. Wer jedoch abenteuerlich gestimmt ist, kann den Bach zu Fuß überqueren. Ein Spaziergang entlang des tschechischen Ufers sollte etwa 30 Minuten dauern. Etwa in der Dorfmitte stoßen wir dort auf das dritte Gotteshaus. Die Georgskirche ist eine Ruine, die jedoch etwas besser als die Josefskirche gepflegt ist. Anders als am gegenüberliegenden Ufer, gibt es hier Pläne weitgehender Renovierungsarbeiten.

Letztendlich führt uns die Landstraße zur Brücke, bei der eine Annakapelle vom Anfang des 19. Jahrhunderts steht. Ein kleines Stück weiter sehen wir schon wieder das Tor zum Schlosspark. Ein Spaziergang durch Pilgersdorf sollte bei ganz ruhigem Tempo etwa 1,5 Stunden dauern. Es ist ein Vorschlag für jene, die mal ein ganz anderes Wandererlebnis suchen.

Łukasz Malkusz

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