Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Pflichttermin erfüllt

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besuchte heute (17. Juni) Polen aus Anlass des 30. Jubiläums der Unterzeichnung des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages. Während der Gespräche mit Präsident Andrzej Duda unterstrichen beide die Rolle des Dokuments und unter den offenen Fragen befanden sich die Probleme in der Bildung für die Polonia in Deutschland und die deutsche Minderheit in Polen.

 

Frank-Walter Steinmeier und Andrzej Duda mit polnischen und deutschen Jugendlichen am 17. Juni 2021
Foto: Marek Borawski/KPRP

 

Das Treffen der beiden Staatsoberhäupter war die einzige geplante Festveranstaltung zum 30. Jubiläum des Nachbarschaftsvertrages, deren Teil auch eine Begegnung mit Jugendlichen gewesen ist, die in deutsch-polnischen Projekten engagiert ist. Zu Beginn des Besuches von Frank-Walter Steinmeier in Polen kamen aber zunächst beide Präsidenten zu einem Vier-Augen-Gespräch sowie einer Unterredung der Delegationen zusammen. Wie aus den Erklärungen hervorgeht waren aktuelle Probleme wohl nicht Thema der Gespräche. Dazu gehören ja u.a. die polnischen Reparationsforderungen sowie die von Deutschland und Russland gebaute Pipeline NordStream 2 oder auch die deutsche Kritik an der polnischen Justizreform.

 

Minderheit und Polonia

Im Bezug auf den deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag griffen aber beide Präsienten die Situation der deutschen Minderheit in Polen und der Polonia in Deutschland auf, vor allem wenn es um den Sprachunterricht in dem jeweiligen Nachbarland geht. Und das war offiziell die einzige Diskrepanz während des Besuches des Bundespräsidenten in Polen.

 

Andrzej Duda hat nämlich als erster unterstrichen: „Es gibt natürlich auch Elemente, die bislang noch nicht realisierte Punkte des Vertrages darstellen, über die wir heute auch gesprochen haben. Das ist das polnische Schulwesen in Deutschland und dessen angemessene Finanzierung von deutscher Seite“.

 

In seiner Antwort unterstrich Steinmeier allerdings, dass Bildung in Deutschland nicht in den Kompetenzen der Bundesregierung und des Bundespräsidenten liege. „Ich möchte dies aber nicht als Argument benutzen, dass nicht mehr geht. Es geht mehr und unlängst konnten wir beobachten, dass die Attraktivität des Polnischunterrichts gestiegen ist. Der Bundespräsident entscheidet zwar nicht über Bildungspolitik, aber er kann natürlich dafür werben,  dass mehr Schülerinnen und Schüler die Möglichkeiten nutzen und dass das Angebot attraktiver gestaltet wird“, sagte Steinmeier.

 

Gleichzeitig unterstrich der Bundespräsident, dass man in Deutschland kritisch auf die letzten Entscheidungen schau im Bezug auf die deutsche Minderheit in Polen. „Wir sind etwas beunruhigt über die Entscheidungen, die in Polen gefallen sind, dass der Deutschunterricht für die deutsche Minderheit in Polen auf drei Unterrichtsstunden wöchentlich begrenzt wurde. Das ist eine deutliche Begrenzung“.

 

Als Antwort sagte hörte Frank-Walter Steinmeier während der Pressekonferenz die Behauptung des polnischen Präsidenten: „Es ist so, dass die hier lebenden polnischen Staatsbürger deutscher Herkunft, die zur deutschen Minderheit gehören, in unserem Land ein eigenes Schulwesen haben, für das Polen jährlich 50 Mio. Euro ausgibt. Die Minderheit zählt insgesamt ca. 150.000 Menschen, davon nehmen 50.000 Schüler das spezielle Bildungsprogramm für die deutsche Minderheit in Anspruch.“

 

Andrzej Dudas Worte fielen dabei einen Tag nach dem Treffen von Vertretern der deutschen Minderheit mit Repräsentanten des Europarates statt, die zum wiederholten Mal den Stand der Realisierung der Europäischen Charta der Minderheiten- oder Regionalsprachen untersuchen und jedes Mal u.a. im Bereich Minderheitenschulwesen in Polen darauf hinweisen, dass es im Bezug auf die deutsche Volksgruppe nicht dem entspricht, wozu sich Polen verpflichtet hatte. Mehr dazu lesen Sie HIER.

 

Zukunft ohne Strategie

 

Frank-Walter Steinmeier und Andrzej Duda feierten am 17. Juni 2021 den deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag.
Foto: Grzegorz Jakubowski/KPRP

 

Generell jedoch betonten beide Präsidenten die Rolle des Nachbarschaftsvertrages für beide Länder und deren Gesellschaften. „Die gute Nachbarschaft war und ist keine Selbstverständlichkeit. Es ist uns gemeinsam gelungen, weil wir wie heute einander zugehört haben, weil wir uns in der Vergangenheit – und das wollen wir auch für die Zukunft –  um uns bemüht haben. Gegenseitige Aufmerksamkeit und das Zuhören, wieso die andere Seite eine andere Meinung hat oder einen anderen Weg geht, ist der Schlüssel, um Lösungen für die offenen Fragen zu finden“, sagte Bundespräsident Steinmeier.

 

Andrzej Duda dagegen unterstrich: „ Man kann mit Fug und Recht behaupten, wir sind heute, aufgrund der letzten 30 Jahre, im besten Sinne miteinander verflochten. Wir glauben daran, dass diese Zusammenarbeit in den nächsten Jahren aufblüht und Wohlstand den Gesellschaften unserer beider Staaten bringt trotz der Krise, die wir durch das Coronavirus erlebt haben und die hoffentlich bald endet. Wir glauben daran, dass die weiteren 30 Jahre des Vertrages, die nun beginnen, für Polen und Deutschland eine gute Zeit bedeuten“.

 

Den symbolischen Worten von der Rolle des Vertrages und der bilateralen Beziehungen für die Zukunft fehlten jedoch im Rahmen der Jubiläumsveranstaltung konkrete Schritte in diese Richtung, z.B. in Form von Regierungskonsultationen, die zum 25. Jubiläum noch selbstverständlich waren.

 

Rudolf Urban

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