Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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VI. Kulturfestival der Deutschen Minderheit in Polen

Fotos: Marie Baumgarten

 

 

Das bereits VI. Kulturfestival der Deutschen Minderheit in Polen fand am Samstag, dem 22. September, in der Breslauer Jahrhunderthalle statt. Neben Auftritten von Kulturgruppen haben die Organisatoren, also der Verband deutscher sozial-kultureller Gesellschaften in Polen,  auch viele Institutionen der deutschen Minderheit in Polen eingeladen, um sich vorzustellen. Außerdem gab es ein buntes Begleitprogramm und auch für die Jüngsten war etwas dabei. Ab12 Uhr ging es los in der Jahrhunderthalle. Das Wochenblatt berichtete den ganzen Tag von der Veranstaltung!

 

Den Gottesdienst zu Beginn des Kulturfestivals leitete der Oppelner Bischof Andrzej Czaja. Foto: Anastassiya Koroleva/Wochenblatt.pl

 

“Ohne Relligion kann es keine Kultur geben”, sagte zu Beginn des Gottesdienstes im Breslauer Dom der Minderheitenseelsorger im Erzbistum Breslau Pater Marian Arndt und sprach damit den Organisatoren des Kulturfestivals aus der Seele, die das Festival traditionell mit einer Heiligen Messe begonnen haben. Diese leiteten die Bischöfe von Oppeln Andrzej Czaja und Gleiwitz Jan Kopiec.

 

Gottesdienst zum Auftakt des Festivals

Kopiec erinnerte in seiner Predigt daran, wie schwierig es für die Deutschen in Polen in der Nachkriegszeit gewesen ist und dass sie nun seit mehr als 25 Jahren frei ihre Kultur und Sprache pflegen können. “Die Minderheiten sind eine Bereicherung, doch ein friedliches Leben kann es nur in gemeinsamer Wertschätzung geben”, sagte Bischof Kopiec.

Nach dem Gottesdienst begann das eigentliche Kulturfestival in der Jahrhunderthalle, und zwar mit den Hymnen Polens, Deutschlands und Europas.

 

 

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Dialog ist wichtig

In seiner Begrüßungsrede in der Jahrhunderthalle hob Bernard Gaida, Vorsitzender des Verbandes deutscher Gesellschaften, des Organisators des Festivals, vor allem den Dialog hervor, der für die Minderheiten von großer Bedeutung sei.

 

Bernard Gaida, VdG-Vorsitzender eröffnet das Kulturfestival der deutschen Minderheit in Breslau.
Foto: Marie Baumgarten

 

Den Dialog suchte, nach Meinung Gaidas, die deutsche Minderheit bereits vor der politischen Wende und stellte sich bei den Bemühungen um eine Demokratisierung Polens nie abseits. “Dass wir an Dialog so sehr interessiert sind, beweist u.a. die Tatsache, dass wir als nationale Minderheit die einzigen sind, die offen an allen Wahlen im Land teilnehmen, denn unser Ziel ist es Brücken zu bauen”, sagte Bernard Gaida.

 

Dieses Brückenbauen werde aber in der letzten Zeit nicht nur in Polen gestört, was sich u.a. im Extremfall in Fremdenfeindlichkeit widerspiegele. “Und eine solch reservierte Haltung gegenüber anderen trifft immer als erstes die nationalen Minderheiten in einem Land”, meinte Gaida und gab als Beispiel die neueingeführte Regelung, wonach Richter in Polen nur Menschen sein können, die ausschließlich die polnische Staatsbürgerschaft haben. Dabei seien viele deutschstämmige in Polen Doppelstaatler. “Wir haben auch in den letzten Jahrzehnten bewiesen, dass wir trotzdem keineswegs treulose Bürger unseres Landes sind”, sagte Bernard Gaida.

 

Besucher des VI. Kulturfestivals der deutschen MInderheit.
Foto: Marie Baumgarten

 

Bernard Gaida nutzte das Kulturfestival aber nicht nur, um auf die Geschichte der Deutschen in Polen und die heutige Notwendigkeit zum Dialog hinzuweisen. Er dankte auch allen Mitgliedern der deutschen Minderheit für ihr tägliches ehrenamtliches Engagement. Einen Dank sprach auch Stephan Mayer, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium aus und freute sich, dass das Kulturfestival auf eine so rege Resonanz der in Polen lebenden Deutschen traf. “Die Bundesregierung ist sich ihrer Verantwortung für die deutsche Minderheit bewusst und unterstützt diese auch finanziell. Die Minderheit, die ihre Sprache und Kultur aktiv pflegt, ist nämlich ein authentischer Botschafter eines guten Zusammenlebens zwischen Deutschen und Polen”, meinte Stephan Mayer.

 

Buntes Kulturprogramm

Nach den Festreden begann das Bühnenprogram. Es präsentieren sich Volkstanzgruppen, Orchester und Chöre – unter ihnen auch der aus der Fernsehshow “Mam talent” bekannt gewordene Lukos Gogol mit seinem Akkordeon.

 

 

Eine Premiere gaben u.a. die Vereinten Chöre der Deutschen Minderheit aus der Region Oppeln (Canthabiles aus Konty, Brosci Chorus aus Broschütz, Glogovia aus Oberglogau und der Krappitzer Chor) unter der Leitung des Opernsängern Oskar Oskar Koziołek Goetz.

 

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Darüber hinaus gab es weitere Programmpunkte wie beispielsweise ein Gespräch mit Zeitzeugen. Die Vorsitzende der Deutschen Minderheit in Breslau (DSKG), Renata Zajączkowska, berichtete über die traumatischen Ereignisse vom Januar 1945, als die Rote Armee in Gleiwitz einrückte, wo die DSKG-Chefin als junges Mädchen lebte. Die Szenen von Morden und Vergewaltigungen haben sich tief in ihr Gedächtnis eingebrannt. “Das waren die schlimmsten Erlebnisse meines Lebens und ich kann sie bis heute nicht vergessen. Noch immer verfolgen sie mich in meinen Träumen”, berichtet Zajączkowska. Zu schnell hat sie damals erwachsen werden müssen und bedauert bis heute die verlorene Kindheit.

 

 

Renata Zajączkowska. Foto: Marie Baumgarten

 

Trost fand Renata Zajączkowska in den deutschen Gottesdiensten, die es nach dem Zweiten Weltkrieg, nachdem Schlesien an Polen fiel, nur noch in Breslau gab, wo sie seit den 50er Jahren lebte. Im Rest des Landes waren deutsche Gottesdienste verboten. Außerdem mussten die Deutschen, die nicht geflüchtet sind, ihre Namen ändern.

 

Richard Urban. Foto: Marie Baumgarten

 

Davon berichtet Richard Urban aus Himmelwitz, Mitbegründer der Organisation der deutschen Minderheit. “Hundert Mal musste ich in der Schule schreiben, dass ich ab heute Ryszard heiße.” Die Änderung seines Namens habe ihn dabei nicht so hart getroffen wie andere, erzählt er. “Schlimmer waren diejenigen dran, die Hans oder Heinz hießen, da gab es keine polnische Entsprechung und die Lehrer bestimmten dann einfach: Ab heute bist du Władysław.”

 

Elfryda Mikołajec. Foto: Marie Baumgarten

 

Dass es auch in der dunkelsten Zeit einen Lichtschein gibt, zeigt die Geschichte von Elfryda Mikołajec. Zwar durfte auch sie nicht mehr Elfriede heißen, was sie sehr getroffen hat. Doch in der Schule gab es einen Lehrer, beim dem sie Unterstützung fand. Er setzte sich dafür ein, dass ihre ersten Jahre in einer deutschen Ratiborer Schule nun in der polnischen Schule anerkannt wurden. Das war nicht selbstverständlich.

 

Erinnerungen von Zeitzeugen wie Elfryda Mikołajec, Richard Urban und Renata Zajączkowska sammelt und archiviert das Haus der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit seit nunmehr zehn Jahren. “Archiv der erzählten Geschichte” heißt das Projekt – und im Rahmen dieses Projektes sind heute die Zeitzeugengespräche zustande gekommen.

 

In ihren Ansprachen lobten der Abgeordnete Ryszard Galla und VdG-Chef Bernard Gaida das Engagement vor allem der jungen Menschen, denn es sind Jugendliche, die die Interviews durchführen. “Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Bewahrung der Geschichte unserer Region”, so Gaida. Der Dank gelte natürlich auch den Zeitzeugen selbst, die den Mut haben, ihre Geschichte zu erzählen.

 

Das Haus der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit sucht weiterhin Zeitzeugen, die über die Kriegsgeschehen in Schlesien berichten können. Mehr Informationen dazu finden Sie unter www.haus.pl.

 

 

Stargast Stefanie Hertel

Zum Abschluss des Kulturfestivals der deutschen Minderheit ist die deutsche Sängerin und TV-Moderatorin Stefanie Hertel aufgetreten, die zusammen mit ihrer Dirndl-Rockband die Jahrhunderthalle noch einmal zum Beben gebracht hat.

 

 

Stefanie Hertel erzählte in einem Vorab-Interview mit dem Wochenblatt, dass sie sich sehr freue auf ihr Breslauer Konzert, das übrigens ihr zweites in Schlesien ist, denn schon vor einigen Jahren trat sie in Kattowitz auf.

 

Das ganze Interview mit Stefanie Hertel gibt es hier:

Die Freude ist wirklich groß

 

Rudolf Urban, Marie Baumgarten

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