Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Blühende Dreierfreundschaft

Ende Januar veröffentlichte das Deutsche Polen-Institut (DPI) eine Studie, die sich mit der Vielfalt kommunaler Dreieckspartnerschaften zwischen Deutschland, Polen und der Ukraine beschäftigt. In der qualitativen Untersuchung wird auch die Partnerschaft zwischen dem Powiat Oppeln, dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt in Thüringen sowie dem Rajon Kalusch im Westen der Ukraine unter die Lupe genommen.

Verfasst wurde die Studie unter dem Titel „Ein neues Koordinatensystem der europäischen Kooperation am Beispiel deutsch-polnisch-ukrainischer kommunaler Partnerschaften“ von Klaudia Hanisch, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin am DPI tätig ist. Im Zentrum der Untersuchung stehen drei Partnerschaften zwischen mittelgroßen Städten und Landkreisen mit weniger als 500.000 Einwohnern in Deutschland, Polen und der Ukraine, darunter jene zwischen dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt, dem Powiat Oppeln und dem Rajon Kalusch.

Der kürzlich in Darmstadt präsentierte erste Teil der Studie konzentriert sich dabei insbesondere auf die Perspektiven von Akteuren aus Politik und Verwaltung, während der zweite Teil (der voraussichtlich im März 2024 veröffentlicht wird) die Perspektiven der Zivilgesellschaft beleuchtet. Zu den untersuchten Elementen zählen unter anderem die Relevanz der Beziehungsarbeit der zentralen Amtsträger, die Vision eines gemeinsamen Europa, Solidarität in Kriegszeiten, Erinnerungskultur und Zukunft sowie Hürden und Herausforderungen.

Klaudia Hanisch vom DPI in Darmstadt bei der Präsentation der Studie
Foto: DPI

Im Kern hebt die explorative Analyse „die entscheidende Bedeutung persönlicher Kontakte und intensiver Vertrauensarbeit hervor und demonstriert, dass die kommunale Zusammenarbeit eine zunehmend wichtige Rolle beim Wiederaufbau und der Europäisierung der Ukraine spielt“. Zudem verdeutlichen die Ergebnisse „die Bedeutung des Aufbaus von Partnerschaften auf Augenhöhe und des grenzüberschreitenden Voneinander-Lernens sowohl bei ähnlichen als auch bei unterschiedlichen strukturellen Herausforderungen“. Zentral dabei sei, so die Autorin, der „Austausch von Ideen, Erfahrungen und Ressourcen, um Synergien zur Erreichung gemeinsamer Ziele zu schaffen“.

Oppeln als Brücke

In der Studie kommen auch verschiedene lokale Amtsträger zu Wort, die ihre persönlichen Perspektiven und Erfahrungen in Bezug auf die jeweiligen Partnerschaften darlegen. Unter den Interviewten ist auch Marko Wolfram, der Landrat des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt. Er sagt über die Beziehungsarbeit der Verwaltungsspitzen: „Persönlicher Kontakt und Interesse auf beiden Seiten sind für eine erfolgreiche Partnerschaft entscheidend. Wir haben viel gemeinsam erlebt und gelernt, dass sich die Probleme in den verschiedenen Regionen ähneln. Das stärkt die persönlichen Beziehungen und das gegenseitige Vertrauen.“

Das „Wochenblatt.pl“ fragte bei Marko Wolfram nach, welche Bedeutung er der Partnerschaft speziell zum Kreis Oppeln beimisst. Dazu teilte der Landrat mit: „Die Freundschaft mit dem Kreis Oppeln besteht seit inzwischen 23 Jahren und es ist schön zu erleben, wie sehr diese Partnerschaft mit Leben gefüllt ist. Ich denke gern an die vielen verschiedenen Gelegenheiten, in denen wir mit unseren Freunden zusammenkommen. Gemeinsam haben wir bereits etliche Jubiläen, Erntedankfeste und Geburtstage gefeiert. Und auch gemeinsame Traditionen machen unsere Partnerschaft zu dem, was sie ist: Eine Verbindung, die auf Freundschaft und Unterstützung aufbaut. Bereits seit dem Jahr 2000 packen Menschen aus Saalfeld-Rudolstadt Weihnachtspäckchen für Kinder in den Kinderheimen Oppelns. Diese jährlich wiederkehrende Tradition ist uns sehr wichtig, da wir dadurch nicht nur Gutes tun. Wir geben den Menschen in unserem Landkreis die Möglichkeit, sich aktiv an der Partnerschaft zu beteiligen und diese mit Leben zu füllen – und diese Möglichkeit wird auch gerne angenommen. Es ist gut zu wissen, dass unsere Hilfe genau dort ankommt, wo sie gebraucht wird. In all der Zeit der Partnerschaft zwischen Oppeln und Saalfeld-Rudolstadt konnten wir ein Band der Freundschaft zwischen unseren Regionen knüpfen, das hoffentlich noch lange besteht.“

Als Vertreter des Kreises Oppeln äußern sich in der DPI-Studie der Landrat Henryk Lakwa sowie das Vorstandsmitglied Krzysztof Wysdak. Ersterer betont, „wie wichtig Flexibilität in [kommunalen] Partnerschaften ist, und hebt hervor, dass sie ‚aus dem Herzen‘ kommen sollten“, während Krzysztof Wysdak die „hybride Identität der wichtigsten Entscheidungsträger im Powiat Oppeln [akzentuiert], die sich als Schlesier und als Mitglieder der deutschen Minderheit in Polen verstehen“.

Enge Partner: Henryk Lakwa (Oppeln), Marko Wolfram (Saalfeld-Rudolstadt) und Mykhajlo Lawriw (Kalusch) (v. l.)
Foto: Starostwo Opolskie

Gegenüber dem „Wochenblatt.pl“ erklärte Henryk Lakwa darüber hinaus, wie sich die Partnerschaft zum Rajon Kalusch entwickelt hat: „Seit vielen Jahren erhält der Kreis Oppeln Hilfe aus Deutschland, wofür ich sehr dankbar bin und immer sein werde. Es kam jedoch der Moment, an dem ich etwas von dieser Güte, Freundlichkeit, Empathie und Unterstützung weitergeben wollte. Der Blick fiel hierbei auf benachbarte Kreise in der Ukraine – insbesondere auf den Rajon Dolyna, der nach der Rajonsrefom (im Jahr 2020, Anm. d. Red.) an den Rajon Kalusch angeschlossen wurde. Gleichzeitig kam mir die Idee, dass es schön wäre, wenn unser Partnerkreis in Deutschland dieser Kooperation beitreten würde. Wie sich herausstellte, war er sehr an dieser Zusammenarbeit interessiert. Und es hat funktioniert! Darüber freue ich mich sehr, denn angesichts der aktuellen Ereignisse in der Ukraine rufe ich des Öfteren den Landrat von Saalfeld-Rudolstadt, Marko Wolfram, an – und wir besprechen, wie wir helfen können. Auf diese Weise ist der Kreis Oppeln zu einer Art Brücke geworden, denn Oppeln liegt in der Mitte zwischen Kalusch und Saalfeld-Rudolstadt“, so Lakwa.

Hilfe für die Ukraine

Der anhaltende Krieg in der Ukraine spielt auch in der aktuellen Studie des DPI eine wichtige Rolle. So weiß der Vorsitzende des Kreisrates im Rajon Kalusch, Mykhajlo Lawriw, die schnelle Reaktion seiner polnischen und deutschen Partner nach dem russischen Überfall am 24. Februar 2022 zu schätzen: „Am Tag des Kriegsbeginns schrieben mir sowohl Henryk Lakwa als auch Marko Wolfram, und buchstäblich in den ersten Tagen begannen sie, viel humanitäre Hilfe zu organisieren. […] Unsere Kommunikation wurde intensiver und die Kollegen begannen zu fragen, was wir brauchen, wie sie nützlich sein können“, wird er in der Studie zitiert.

Der Oppelner Landrat Henryk Lakwa (links) zu Gast im Rajon Kalusch in der Ukraine
Foto: Starostwo Opolskie

Henryk Lakwa sagte dem „Wochenblatt.pl“ hierzu: „Der Rajon Kalusch erhielt unter anderem Krankenwagen und Feuerlöschgeräte. In Deutschland wurde die Abholung aller vom ukrainischen Partner erbetenen Dinge organisiert, die anschließend nach Oppeln gebracht wurden, wo wir uns um den Transfer in die Ukraine kümmerten. Ich denke, dies zeigt die blühende Dreierfreundschaft unserer Landkreise. Ich möchte hinzufügen, dass wir keinen formellen Vertrag haben, sondern nur aus dem Herzen heraus handeln. Hier wird nichts erzwungen, alles kommt von allein. Wir sehen, was passiert, rufen den Rajon Kalusch an, finden heraus, was nötig ist, und reagieren entsprechend. Ich bin froh, dass wir helfen können; ich freue mich, wenn ich die Freude von der anderen Seite sehe, und es erinnert mich an die Zeiten, in denen uns so viel geholfen wurde und wir vor Glück hochsprangen.“

Handlungsempfehlungen

Die knapp 80-seitige Studie des DPI liefert nicht zuletzt auch einige Handlungsempfehlungen für die Entscheidungsträger aus Politik und Verwaltung zur Stärkung von kommunalen (Dreiecks-)Partnerschaften. Unter anderem sei des demnach enorm wichtig, die persönlichen Kontakte zu Amtskollegen und Schlüsselpersonen in den jeweiligen Partnerstädten zu stärken sowie verschiedene Akteure in die Partnerschaftsarbeit einzubinden, zum Beispiel Universitäten, Schulen, Kulturinstitutionen oder NGOs. Darüber hinaus müsse es einen Fokus auf Bildung und Jugend sowie eine multikulturelle Ausrichtung der Verwaltungen geben. Und „last but not least“ sei ein Umfeld zu schaffen und zu etablieren, „in dem die Partnerstädte voneinander lernen und sich gegenseitig mit Ideen und Know-how unterstützen, durch regelmäßigen Austausch und Hospitationen Synergien schaffen und sich Zeit nehmen, um nach den Interessen, politischen Vorgaben und Entwicklungsplänen sowie Erwartungen ihrer Partner zu fragen“.

Marko Wolfram hebt noch etwas Grundsätzliches hervor, nämlich, dass man bei der Ausgestaltung der Partnerschaften immer mit Herzblut dabei sein sollte. Er sagt: „Ich mag unsere polnischen und ukrainischen Partner sehr, sie sind wie eine Familie für uns. Und das ist, glaube ich, ein wichtiger Faktor für das Gelingen der Partnerschaft.“

Lucas Netter
Krzysztof Świerc

Die DPI-Studie zu kommunalen Dreieckspartnerschaften wurde in deutscher Sprache veröffentlicht. Den ersten Teil können Sie online auf der Webseite des Deutschen Polen-Instituts einsehen und herunterladen.

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