Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Junge Talente fördern

Die Deutsche Minderheit ohne Musik? Kaum vorstellbar. Um junge Talente zu fördern organisierte die Sozial Kulturelle Gesellschaft der Deutschen in der Woiwodschaft Oppeln ein Gesangscamp. Acht Tage lang wurde im Pilgerheim auf dem Sankt Annaberg deutsch gesungen.


„Die Idee ist ganz langsam entstanden. Vor einiger Zeit hat ein Vater einer Sängerin aus der deutschen Minderheit mich angesprochen. Er sagte, er würde sich wünschen, dass seine Tochter deutsch singen lernen könnte. Weil es hier so viele Musik- und Gesangsstudios gibt, aber die zeigen den Kindern und Jugendlichen nur wie man auf Polnisch singt. Und das unterscheidet sich natürlich. In der polnischen Sprache sind die Vokale eher gerundet und da gibt es nicht so viele Möglichkeiten die Vokale auszusprechen. In der deutschen Sprache ist es genau anders herum“ erklärt die Koordinatorin des Gesangscamps seitens der SKGD Zuzanna Herud. Hinzu kommen noch zahlreiche andere phonetische Phänomene die in jeder Sprache anders sind. Eine weitere Motivation für Zuzanna so ein Camp zu beantragen und durchzuführen, war die Stimme einer Mutter, deren Tochter ebenfalls sehr gerne deutsch singt, ihr aber die Übung fehlt.

Einmalige Möglichkeit

Zehn Mädchen, die bei den musikalischen Projekten der deutschen Minderheit, also dem Gesangwettbewerb Superstar und bei dem Musical „Wenn Engel singen“ bereits teilgenommen haben, wurden zu dem Projekt eingeladen. „Das Ziel, das ich damals hatte, das wir solche Personen gewinnen, die vielleicht nicht gleich für unsere Kulturgruppen gewonnen werden können, aber sich vielleicht in die Richtung entwickeln werden, und dann in Zukunft mit uns enger zusammenarbeiten“, erhofft sich Zuzanna Herud von dem Gesangscamp.

 

Auch Dehnübungen, mit Stimmbildung verbunden, waren im Programm enthalten
Foto: Manuela Leibig

Das Programm des Camps enthielt auch Dehnübungen die mit Stimmbildung verbunden waren und einige Ausflüge, z.B. nach Oppeln, wo die Teilnehmer eine Stadtführung ausschließlich mit musikalischen Aspekten hatten. Das gesamte Gesangcamp wurde zweisprachig abgehalten. „Als wir nach der Stadtführung noch einen Bummel durch die Stadt machen wollten, da hieß es schon: „wann können wir wieder singen?“ lacht Zuzanna Herud. „Ich wollte mitmachen, weil ich sehr gerne singe und ich weiß, dass ich das hier verbessern kann. Genau wie meine Deutschkenntnisse“, so die 14-jährige Emily Grüner. Dieselben Beweggründe hatte auch Vanessa Gonsior aus Antonia: „Mir gefällt auch, dass wir hier live Musik mit Instrumenten als Hintergrund für unseren Gesang bekommen, das ist echt toll.“ Rahmenprogramm hin oder her: Die Teilnehmerinnen des Camps haben am allerliebsten viel gesungen. „Die Möglichkeit mit professionellen Musikern zu proben ist wirklich einmalig“, freut sich Emily.

Alle singen, wie sie fühlen

Entsprechende Hinweise wie man was beim Singen unterstreichen soll, und wie man das Beste aus seiner Kehle auf der Bühne herausbekommt, gaben Joanna Kostka, Johannes Lauer und Karolina Trybała. Als „Endprodukt“ des Gesagscamps war ein Konzert geplant. „Wir möchten, dass sich die Jugendlichen zum einen sehr sicher fühlen. Aber wir müssen auch schauen, dass wir sie auch ein bisschen „herauskitzeln“. Man will ihnen natürlich nicht zu viel zumuten. Also mal schauen, es ist auf alle Fälle ein Balanceakt, dass man denen auch ein gutes Gefühl gibt, dass sie sich aber auch trauen was auszuprobieren. Wir haben noch drei Tage. Es wird, glaube ich, noch sehr viel passieren“, sagte am Donnerstag die Künstlerin Karolina Trybała.

Die Workshopleiter gaben den Teilnehmern Freiheiten, wenn es um die Auswahl der Stimmen geht oder die Passagen zum Soloauftritt: „Ich versuche den Teilnehmerinnen auch unterschiedliche pädagogische Konzepte zu vermitteln. Ich arbeite oft mit Schauspielern zusammen, also ich arbeite viel frei. Ich merke, dass die Jugendlichen eher so einen klaren, pädagogischen Stil gewohnt sind. Und ich versuche zum einen ganz klare Aufgaben zu geben, aber auf der anderen Seite auch kreative Aufgaben zu geben“, erklärt Karolina Trybała. „Alle singen wie sie wollen, und wie sie fühlen, wie sie ihre Kräfte und Talent einschätzen, uns zwingt keiner was zu übernehmen wo wir uns nicht so sicher fühlen, und das ist gut“, sagt Maja Gerstenberg aus Oberglogau.

Das Leitmotiv des Konzertes waren die goldenen 20er Jahre. Das Programm hat Karolina Trybała vorbereitet: „Ich habe solche Lieder mitgebracht wie „O Donna Clara ich hab Dich tanzen gesehen“, das ist von Jerzy Petersburski, „Tango Milonga“, und das ist ein Lied, das ein Welthit geworden ist. Und ich finde, dass man an Hand von diesen Liedern sehr gut die Aussprache und die Sprache üben kann. Man kann aber auch musikalisch sehr interessant arbeiten. Wir haben Swing und Jazz, wir haben Tango“, so die Workshopleiterin. Auch wenn die meisten der Teilnehmerinnen diese Lieder nicht gekannt haben, haben sie sie lieb gewonnen. „Ich muss ehrlich sagen, dass ich diese Musik noch nie gehört habe, und sie war für mich eine Überraschung. Aber sie hat mir sehr gefallen und ich freue mich, dass wir eben mit diesen Liedern arbeiten.“

 

Das Konzert in der Festscheune in Leschnitz bildete den feierlichen Höhepunkt des Gesangscamps
Foto: Manuela Leibig

Proben, testen, Haare machen

Am Samstag war es endlich so weit. In der Festscheune in Leschnitz war bereits am Nachmittag viel Betrieb. Proben, testen, vorbereiten, Haare machen. Alles für den großen Moment: Das Konzert. Unter den Teilnehmerinnen des Gesangcamps sieht die Sängerin Karolina Trybala große Talente schlummern: „Ich bin ganz begeistert. Auch berührt. Die singen wunderbar. Also wir hatten schon so Momente, wo ich richtig zu Tränen gerührt war. Ich bin sehr gespannt. Also es sind auch Sängerinnen, aber auch Instrumentalistinnen dabei. Und ich kann mir vorstellen dass diese Woche sehr inspirierend für die sein kann“, meinte die Workshopleiterin.

Das Gesangcamp wurde vom Bundesministerium des Innern, Bau und Heimat über den Verband deutscher Gesellschaften und dem Marschallamt der Woiwodschaft Oppeln finanziert. Die Organisatoren möchten es bei diesem Pilotprojekt nicht belassen, und planen schon heute eine Fortführung im nächsten Jahr.

Manuela Leibig

 

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