Lange scheint die Vergrößerung von Oppeln nicht mehr nur ein lokales Problem zu sein. Schon vor einigen Wochen schrieb die größte deutsche Tageszeitung „Welt“ kritisch über die Pläne von Stadtpräsident Wiśniewski. Nun liegt das Thema auch auf dem Schreibtisch des deutschen Außenminister.
Zwar blieb bislang eine Reaktion von Frank-Walter Steinmeier zur Vergrößerung noch aus, jedoch ist klar, dass der Minister über die Angelegenheit informiert wurde: „Die Gruppe der Vertriebenen, Aussiedler und Deutscher Minderheiten, hat auf Vorschlag der Landsmannschaft der Oberschlesier (LdO) den Außenminister im Hinblick auf die Angelegenheit angeschrieben. Dabei haben wir uns auf den Artikel 20., Absatz 2. des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag berufen“, sagt der Sprecher der LdO Sebastian Wladarz. Im Artikel 20. des Vertrages heißt es nämlich, dass die Vertragsparteien die Rechte und Verpflichtungen der internationalen Standards für Minderheiten verwirklichen. Als Standards nennt der Vertrag insbesondere europäische Dokumente, in denen allgemeine Minderheitenrechte niedergeschrieben wurden. Ein Beispiel dafür kann das Europäische Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten sein. Darin wird explizit genannt, dass europäische Länder keine Maßnahmen unternehmen sollten, die auf die Proportionen der nationalen Minderheiten auf einem jeweiligen Gebiet Einfluss haben könnten. Gerade das sei aber bei der Vergrößerung von Oppeln passiert. Das Schreiben der Arbeitsgruppe der CDU/CSU sollte die Aufmerksamkeit des Außenministers auf sich ziehen, da sich die Gruppe aus prominenten Abgeordneten zusammenstellt. Ob es aber tatsächlich eine Reaktion geben wird, bleibt abzuwarten.
Schreiben aus dem Europarat
Reagiert hat auf die Angelegenheit derweil schon ein anderer ausländischer Politiker. Mitglied des Europarates aus Rumänien Attila Korodi richtete persönlich ein Schreiben direkt an die polnische Premierministerin Beata Szydło sowie an den Innenminister Mariusz Błaszczak, die im Fall der Vergrößerung von Oppeln die entscheidende Stimme hatten. Ausgangspunkt für die Reaktion war der Beschluss, der beim Kongress der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen (FUEN) in Breslau gefasst wurde. Die einstimmig angenommene Resolution war ein klarer Protest der FUEN gegen die Veränderung der Oppelner Grenzen, da im Verständnis aller europäischen Minderheiten Veränderungen von lokalen Grenzen für diese Gemeinschaften schädlich seien. Diesbezüglich sorgt die Initiative auch bei Attila Korodi „für Unruhe“. Für das Mitglied des Europarates sei es „unvorstellbar, dass der Stadtpräsident Arkadiusz Wiśniewski gegen das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten seine Stadt vergrößert hat, besonders in einem Land wie Polen, „dass so viel für Demokratie gemacht hat“. Nach Korodi sei bei Wiśniewski „nicht nur das Ablehnen der Grundregeln der Demokratie und des Dialogs, sondern auch eine Ignoranz gegenüber den Minderheiten und der Minderheitenrechte zu sehen“. Leider bleibt die Hoffnung von Korodi, dass „die polnische Regierung das nicht zulassen wird“, unerfüllt, obwohl das Mitglied des Europaparlaments im Schreiben Polen als ein Land mit „besonders hohen Minderheitenstandards lobt“.
Bundesbeauftragter reagiert
Eine klare Stellungnahme zeigte zur Vergrößerung auch der Bundesbeauftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten Hartmut Koschyk. In einer Pressemitteilung hat Koschyk sein Bedauern über die Entscheidung der Regierung der Republik Polens geäußert: „Durch die Eingemeindung nach Oppeln befürchtet die deutsche Minderheit eine Einschränkung ihrer Mitwirkungs- und Mitgestaltungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene“, so Koschyk, der als Minderheitenbeauftragter die Sorgen der Deutschen aus Polen rund um diese Initiative besonders gut versteht. Die Zeit jetzt aufzugeben sei nicht da, so der Bundesbeauftragte weiter. Vielmehr ist es „das legitime Recht der Angehörigen der deutschen Minderheit, als vollberechtigte Bürger der Republik Polen mit den Mitteln des Rechtsstaats eine Korrektur dieser Entscheidung anzustreben!“. Zum Schluss seiner Mitteilung zeigte sich Koschyk „von dem Zeitpunkt der jetzt getroffenen Regierungsentscheidung zur Vergrößerung Oppelns überrascht“, da ja „gerade erst vor einem Monat zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Ministerpräsidentin Beata Szydło die Intensivierung der Zusammenarbeit im Format des gemeinsamen Runden Tisches zu Fragen der Förderung der deutschen Minderheit in Polen und der polnischstämmigen Bürger und Polen in Deutschland vereinbart wurde“.
Łukasz Biły