Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Ohne Vertretung

Die deutsche Minderheit in Nordpolen ist bei den Kommunalwahlen nur sehr schwach vertreten. Wie wird sie nach den Wahlen dastehen?

In der Woiwodschaft Ermland-Masuren gibt es in jedem Landkreis eine Organisation der deutschen Minderheit. Die zahlenmäßige Stärke dieser Organisationen und ihre Aktivität im Umfeld spiegeln sich jedoch in keiner Weise in ihrer Wahltätigkeit wider. Aus dem größten deutschen Verein in der Region – dem in Allenstein (Olsztyn) – kandidiert niemand für einen Rat oder ein Amt. Warum eigentlich?

„Ich weiß es nicht, zumal es uns an klugen und aktiven Leuten nicht mangelt“, räumt der Vorsitzende der Allensteiner Gesellschaft Deutscher Minderheit, Piotr Dukat, ein.

Zwei Kandidaten bewerben sich für den Kreisrat von Heilsberg (Lidzbark Warmiński): Damian Kardymowicz und Beata Błażewicz-Holzhay – Damian von einem örtlichen parteilosen Komitee, Beata von „Polen 2050“.

Beata Błażewicz-HolzhayFoto: facebook.com
Beata Błażewicz-Holzhay
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Damian KardymowiczFoto: facebook.com
Damian Kardymowicz
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Eine Kandidatin, Anna Skłodowska von der Gesellschaft der deutschen Minderheit in Neidenburg (Nidzica), hat sich für den Gemeinderat von Janowo zur Wahl gestellt. In Sensburg (Mrągowo) gibt es einen Kandidaten für den Kreisrat, der sich zwar zu seinen deutschen Wurzeln bekennt, aber parteilos ist.

Arkadiusz Leska, ehemaliger Vorsitzender des Vereins „Heimat“ der deutschen Minderheit in Ortelsburg (Szczytno), ist seit zwei Wahlperioden Mitglied des Kreisrats von Ortelsburg. In beiden Wahlperioden war er stellvertretender Ratsvorsitzender. Nun strebt er eine dritte Amtszeit an. Er kandidiert von einem lokalen Wahlkomitee.

Arkadiusz Leska Foto: facebook.com
Arkadiusz Leska
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Arkadiusz ist der Meinung, dass sich die Gesellschaft nach den Sejm-Wahlen im Oktober letzten Jahres stärker als zuvor für soziale Belange engagiert hat. „Bei den letzten Kommunalwahlen 2018 kandidierten vier Wahlkomitees für unseren Kreisrat. Jetzt sind es acht.“

Warum schlägt sich dieses bürgerschaftliche Engagement nicht in Aktivitäten der deutschen Minderheit nieder? „Weil wir älter werden und alte Menschen nicht mehr die Kraft und Lust haben, sich sozial zu engagieren“, meint er.

Warum beteiligen sich unsere jungen Leute nicht an den Wahlen? „Weil sie nicht in den Vereinen sind. Wenn junge Leute etwas tun wollen, werden sie von den Älteren eliminiert, weil diese sie für ein Ärgernis halten“, so die Theorie von Arkadiusz Leska.

Am besten ist die Situation im Tätigkeitsgebiet des Vereins „Tannen“ in Osterode (Ostróda). Hier haben sich vier Kandidaten herauskristallisiert. Einer von ihnen ist der Vorsitzende der „Tannen“ selbst, Henryk Hoch, der auch Vorsitzender des Verbandes deutscher Gesellschaften in Ermland und Masuren (VdGEM) ist. Er kandidiert von einem Bürgerkomitee für den Stadtrat von Osterode. In der Vergangenheit war er bereits mehrere Amtszeiten lang Ratsmitglied und stellvertretender Vorsitzender des Stadtrats.

Henryk Hoch Foto: Lech Kryszałowicz
Henryk Hoch
Foto: Lech Kryszałowicz

Für den Stadtrat von Osterode kandidiert bei dieser Wahl noch Wiesław Küchmeister. Im Kreis Osterode liegt die Gemeinde Grünfelde (Grunwald). Für den dortigen Gemeinderat kandidiert erneut die derzeitige Gemeinderätin Ewa Ziejewska. Im selben Landkreis liegt auch Liebemühl (Miłomłyn). Dort kandidiert die derzeitige Osteroder Kreisratsvorsitzende Beata Mazur für das Amt des Bürgermeisters.

Beata Mazur Foto: facebook.com
Beata Mazur
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Wiesław KüchmeisterFoto: Lech Kryszałowicz
Wiesław Küchmeister
Foto: Lech Kryszałowicz

Das sind alle neun Kandidaten für die bevorstehenden Kommunalwahlen (Stand: 4. März). Wenige.

„Wenig“, stimmt Henryk Hoch zu, „aber wir können ja niemanden mit Gewalt zwingen. Wir haben gerade mal genug aktive Leute, um die Vereine am Laufen zu halten. Junge Aktivisten werden erwachsen und gehen weg, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, gründen Familien, und selbst wenn sie bleiben, haben sie dann keine Zeit“, erklärt er.

Und wie ist die Situation im benachbarten Kujawien? In Bromberg (Bydgoszcz) und Graudenz (Grudziądz) hat niemand den Wunsch geäußert zu kandidieren.

Vielleicht gibt es in Pommern willige Ratsmitglieder? In Gdingen (Gdynia) – keine; in Lauenburg (Lębork) – auch keine; aber in der Gemeinde Hammermühle (Kępice) im Kreis Stolp (Słupsk) gibt es eine Kandidatin für den Gemeinderat von Kępice. Sie tritt bei den Wahlen erneut an. Sie ist die Dorfschulzin von Brünnow (Bronowo). In Flatow (Złotów) und Umgebung gibt es dagegen keine. Genauso wie in Schivelbein (Świdwin).

Bei den Kommunalwahlen 2018 kandidierten elf Mitglieder von Vereinen der deutschen Minderheit in der Woiwodschaft Ermland-Masuren. Es gab fünf Wahlerfolge.

Lech Kryszałowicz

Titelfoto: Sitz des Sejmik der Woiwodschaft Ermland-Masuren in Allenstein (Foto: Lesmad/wikimedia.org)

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