Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Wie in einem Disney-Märchen

Direkt am Fluss Bober gelegen, ist das Schloss in Boberstein (Gemeinde Zillerthal-Erdmannsdorf) nicht zu übersehen. Gleichzeitig ist aber auch klar, dass die Tage des Bauwerks gezählt sind, wenn nicht umgehend mit der Renovierung begonnen wird.

Das Schloss Boberstein ist vermutlich das malerischste Objekt im Tal der Schlösser und Gärten des Hirschberger Tals. Es wurde von verschiedenen niederschlesischen Adels- und Industriellenfamilien auf den Ruinen eines Renaissanceschlosses errichtet und um 1894 nach den Plänen des Berliner Architekten Paul Roetger im Geiste der französischen Renaissance umgebaut. Das Bauwerk wurde mit niederländischen Ornamenten und zahlreichen Giebeln, Erkern und Türmchen verziert, sodass das Schloss wie eines aus einem Disney-Märchen wirkt.

Nach 1945 wurde das Schloss von der Sowjetarmee besetzt. Später beherbergte es u. a. ein Zentrum für politische Flüchtlinge aus Griechenland, eine sog. Besserungsanstalt, einen Staatlichen Landwirtschaftsbetrieb (PGR) und die Zivilschutzinspektion von Hirschberg. Seit Ende der 1960er Jahre wurden das Schloss und die um die Jahrhundertwende errichteten Gebäude, die wie eine mittelalterliche Festung aussahen, nicht mehr genutzt und nicht mehr renoviert, sodass sie begannen zu verfallen.

Der Abriss des Daches in den 1970er Jahren führte zu einer raschen Zerstörung des Schlosses. Im Jahr 1994 wurde das Gebäude von der Gemeinde durch einen privaten Investor – den Deutsch-Polnischen Verein zur Förderung, Sanierung und Erhaltung historischer Werte schlesischer Denkmäler, Kultur und Traditionen – erworben. Die Einrichtung stellte jedoch ihre Renovierungsarbeiten schnell ein, was dazu führte, dass die niederschlesische Denkmalbehörde zunächst jahrelang die Fortsetzung der Erhaltungsarbeiten forderte und kürzlich das Enteignungsverfahren zugunsten der Staatskasse einleitete. Dieses Verfahren könnte sich allerdings noch lange hinziehen – aber das Schloss hat diese Zeit nicht mehr.

Rudolf Urban

 

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