Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Wo liegt Polen in Europa?

Kürzlich gab das Deutsche Polen-Institut (DPI) das Jahrbuch Polen 2023 heraus. Schwerpunkt der insgesamt 14 Essaybeiträge renommierter Wissenschaftler, Publizisten, Schriftsteller und Journalisten ist diesmal das Thema „Osten“.

Mit der Frage nach dem „Osten“ – aktualisiert noch durch Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine – verortet die Redaktion des Jahrbuchs Polen 2023 die politische und gesellschaftliche Lage des Landes auf der heutigen Karte Europas. „Seit dem demokratischen Umbruch reflektieren polnische außenpolitische und ideengeschichtliche Diskurse diese Frage, die sich geopolitisch erst einmal paradox darstellt: 1945 wurden Polens Grenzen gen Westen verschoben, dennoch verlagerte sich das Land auf der europäischen mental map, nicht nur aus der Eigensicht und aus deutscher Perspektive, mehr denn je Richtung ‚Osten‘. Es wurde zum Teil des Ostblocks, zum Satellitenstaat der Sowjetunion, des ‚Ostens an sich‘ – verbunden mit als barbarisch wahrgenommenen Attributen“, heißt es in der Pressemitteilung zu dem Sammelband.

Nach 1989 habe sich Polen – obgleich auf der Landkarte unverändert – nach „Westen“ orientiert und versucht, „seine neu definierten östlichen Nachbarn wie die Ukraine, Belarus oder Georgien darin zu unterstützen, sich aus der postsowjetischen, russischen Einflusssphäre zu emanzipieren“.

Seit den 2000er-Jahren seien in Polen Debatten gefolgt, die den Osten und Polens Rolle dort neu definiert hätten, „etwa in postkolonialer Hinsicht in Bezug auf die Versklavung ukrainischer Bauernschaft, die Diskriminierung von Minderheiten oder die allgemeine gesellschaftliche, kulturelle und technologische Entwicklung“. In letzter Zeit sei dagegen „viel Kritik zu hören an westlichem Verständnis für die ‚russische Seele‘, verbunden mit Forderungen, die außenpolitische Perspektive der ostmitteleuropäischen Staaten stärker zu respektieren“.

Cover des Jahrbuchs Polen 2023
Foto: Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden 2023

„Das Jahrbuch Polen 2023 bietet ein Spektrum von Analysen und Einsichten, wie in Polen der ‚Osten‘ wahrgenommen wird, welche Abgrenzungen und befürchteten Abgründe, aber auch welche positiven Zuschreibungen und romantischen Stereotype es gibt“, so die Pressemitteilung. „In den Essays, Interviews und literarischen Texten wird gefragt, was die Polinnen und Polen am Osten inspiriert und fasziniert, kamen doch Generationen von polnischen Intellektuellen und Kulturschaffenden aus den östlichen Grenzlanden (Kresy). Schließlich wird die Debatte ausgemessen, wie der östliche, sowjetische Einfluss, der Land und Gesellschaft über einen langen Zeitraum prägte, bewertet wird und wie ‚östlich‘ Polen in der Selbstwahrnehmung heute (noch) ist“, heißt es weiter.

Im Jahrbuch Polen 2023 finden sich Beiträge unter anderem von Olga Drenda, Kai-Olaf Lang, Katrin Steffen, Małgorzata Ruchniewicz, Kacper Pobłocki, Iwona Reichhardt, Jan Kusber, Adam Balcer und Stefan Chwin. Das Vorwort haben die DPI-Mitarbeiter Andrzej Kaluza und Julia Röttjer verfasst.

DPI/ln

Jahrbuch Polen 2023
Band 34 / Osten
Herausgeber: Deutsches Polen-Institut, Darmstadt
Verlag: Harrassowitz Verlag, Wiesbaden
Seiten: 179
Sprache: Deutsch
Copyright: Otto Harrassowitz GmbH & Co. KG, Wiesbaden 2023
ISBN: 978-3-447-12015-9
Preis: 19,90 Euro

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