Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Für die Ukraine

Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine bringt täglich Tod und Leid mit sich und beschäftigt auch die internationale Gemeinschaft. Auch in der Woiwodschaft Ermland-Masuren, die als einzige in Polen direkt an Russland, nämlich an das Kaliningrader Gebiet, grenzt, herrscht große Sorge – aber auch Entschlossenheit und Hilfsbereitschaft.

Gerade einmal 90 Kilometer sind es von Allenstein bis zur russischen Grenze. Aus dieser Richtung gibt es keine Bedrohung – und das wird, so hoffen die Menschen hier, auch so bleiben. Ins ehemalige südliche Ostpreußen, das heute die Woiwodschaft Ermland-Masuren umfasst, wurden 1947 im Rahmen der sogenannten Aktion Weichsel (Akcja Wisła) Zehntausende ethnische Ukrainer aus dem Südosten der Volksrepublik Polen zwangsumgesiedelt. Bis heute stellen die Ukrainer die größte nationale Minderheit in der Region. Sie alle, aber auch die restlichen Einwohner, blicken mit Bangen in Richtung Südosten. Dort liegt die Ukraine, dort liegt Allensteins Partnerstadt Luzk (Łuck), dort haben viele von ihnen Freunde und Verwandte.

Am Allensteiner Denkmal zum Dank an die Rote Armee für die Befreiung von Ermland und Masuren weist ein großes Plakat auf die Lage in der Ukraine hin.
Foto: Uwe Hahnkamp

„Die Arbeit rettet mich“
Jarosława Chrunik vom Verband der Ukrainer in Polen arbeitet bei der ukrainischen Sendung von Radio Olsztyn. Für sie hatte sich ein Konflikt schon abgezeichnet: „Ich wusste, was passieren kann, hatte aber bis zuletzt gehofft, dass der gesunde Menschenverstand gewinnt“, sagt sie. Leszek Wąsowski, dessen Frau aus der Ukraine kommt, fügt hinzu: „Wir dachten, Wladimir Putin wartet zumindest das Ende der Olympiade als Friedenszeit ab.“ Überraschend kam der Angriff für alle. Paweł Gerczak, Sänger der Gruppe „Karpatian“, wurde in der Nacht zufällig wach, konnte nach den ersten Nachrichten nicht mehr schlafen. Der erste Schock, die erste Panik hatten ihn zwei Tage lang im Griff. Andrzej Fil – wie Paweł Gerczak in Polen geboren – fühlte sich paralysiert, auch weil die Situation ihm so irreal vorkam. Beide sagen, dass sie auch helfen, um nicht „kaputtzugehen“. „Die Arbeit rettet mich“, formuliert es Andrzej Fil.

Helfen, um sich nicht hilflos zu fühlen
Sie alle arbeiten im Gemeindesaal der Ukrainischen griechisch-katholischen Kirche nahe des Allensteiner Hauptbahnhofs, der normalerweise kulturellen Zwecken dient und jetzt zu einem Lager für Hilfsgüter für die Ukraine und ukrainische Flüchtlinge umfunktioniert wurde. Es herrscht ein reges Kommen und Gehen; Paweł Gerczak bringt einige Kartons herein, die seine Nachbarn ihm gegeben haben. Einige Freiwillige packen um, sortieren, bereiten Kartons vor. „Ich bin von der Hilfsbereitschaft der Polen positiv überrascht“, freut sich Andrzej Fil über die imponierend große Anzahl an Kartons mit Hilfsgütern. „Es ist nicht nur viel, sondern es sind auch Waren, die wirklich gebraucht werden.“ Im Nebenraum sitzen einige Kinder. „Sie werden hier betreut, während ihre Eltern die Hilfsgüter packen. Die Menschen kommen einfach als Familien“, erklärt Jarosława Chrunik die selbstverständliche Hilfsbereitschaft. „Ihnen geht es wie mir am Anfang“, meint Paweł Gerczak. „Sie kommen, um zu helfen, denn das hilft ihnen gegen die Panik.“

Hilfsgüter im Gemeindesaal der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche in Allenstein.
Foto: Uwe Hahnkamp

Solidarität mit der Ukraine – und mit den Flüchtlingen
Während die Hilfsgüter ihren Weg in Kartons finden, gibt es an weiteren Stellen der Stadt andere Zeichen der Solidarität. Von der Innenstadt marschieren etwa 300 Menschen mit Kerzen zum Platz der Solidarność, vorbei am Rathaus, das in den ukrainischen Farben beleuchtet ist, sowie am Denkmal zum Dank an die Rote Armee für die Befreiung von Ermland und Masuren, an dem ein großes Plakat auf die Lage in der Ukraine hinweist. Auch an der Philharmonie sind das Blau und Gelb der ukrainischen Nationalflagge zu sehen. Dort wird am 18. März ein Konzert stattfinden, dessen Erlös der Ukraine zugutekommen wird. Ein anderes Benefizkonzert gab es bereits am 4. März im Mendelsohn-Haus der Kulturgemeinschaft „Borussia“.

Jarosława Chrunik freut sich über die vielen Impulse sowie die Geld- und Sachspenden: „Das wird die Ukrainer beflügeln.“ Damit aber die Sachspenden auch ankommen, behält Anna Farańczuk den Überblick im Gemeindesaal, eine energische Frau, der anzusehen ist, dass sie nach dem langen Tag eine Pause nötig hat. „Es gibt immer wieder aufmunternde und ergreifende Momente“, sagt sie. „Wenn ein Kind seine Spielsachen vorbeibringt, oder eine alte Frau, die selbst kaum etwas hat, Socken mit einer Schleife in den ukrainischen Farben strickt, in die sie jeweils noch einen Euro steckt.“ Die Spenden gehen nicht nur in die Ukraine, was allein schon eine logistische Herausforderung ist und Fahrer mit viel Mut verlangt. Laut Leszek Wąsowski wird auch Ukrainern geholfen, die hier ankommen: „Menschen kommen und lassen Sachspenden hier; und die Flüchtlinge, die oft auch das Allernötigste brauchen, bekommen diese hier von uns.“ Die Gaben kommen also wirklich dort an, wo sie benötigt werden. Wie auch die Solidarität.

Uwe Hahnkamp

Wenn Sie helfen wollen, wenden Sie sich gern an den Verband der Ukrainer in Polen in Ihrer Region. Die Homepage des Gesamtverbandes finden Sie unter folgender Internetadresse: https://ukraincy.org.pl/

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