Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Auferstanden aus Ruinen

Im Rahmen des Literaturfestivals „Atlantis des Nordens II“, das Anfang Juli in Allenstein stattfand, präsentierte Artur Sobiela im Nordinstitut „Wojciech Kętrzyński“ einen Einblick in unterschiedliche Zeitzeugnisse aus den Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945. Für seine Zuschauer bot er einen Dokumentarfilm über die Region von 1947, einen Reiseführer dazu von 1948 und den ersten Stadtplan von Allenstein aus dem Jahr 1946.

Es war die Zeit der Auferstehung, der Beginn des neuen Lebens des untergegangenen Ostpreußen, wenn auch mit einer gänzlich anderen Bevölkerung als davor. Die neuen Einwohner des südlichen Teils Ostpreußens, der an Polen fiel und heute die Woiwodschaft Ermland-Masuren bildet, mussten sich erst noch zurechtfinden und waren dabei auf der Suche nach Informationen, die ihnen unter anderem die von Artur Sobiela gezeigten Zeitzeugnisse boten.

Artur Sobiela vom Nord-Institut „Wojciech Kętrzyński“ erklärt den Stadtplan von Allenstein von 1946. Foto: Uwe Hahnkamp

Belebt nach dem Krieg
Kernpunkt seiner Präsentation war der 16-minütige Dokumentarfilm „Warmia i Mazury“ („Ermland und Masuren“) von Włodzimierz Puchalski aus dem Jahr 1947. Dieser wartet zwar mit einem Kommentar auf, der trotz vorheriger Konsultation mit Einheimischen einige unverständliche sachliche Fehler und dazu das damals übliche propolnische Pathos enthält, zeigt aber in den Bildern sehr deutlich die damalige Situation. Die Darstellung mag, etwa unter Auslassung von großen Schutthaufen, geschönt sein, doch dank des geübten Auges des Regisseurs Puchalski, der eigentlich Naturfilmer war, präsentieren sich die Schönheiten der Kultur und Natur der Region in bestem Licht. Die Einwohner, die das Land wieder belebten, sollten zu Recht stolz auf ihre neue Heimat sein.

Es war die Zeit der Auferstehung, der Beginn des neuen Lebens des untergegangenen Ostpreußen.

Der Wert des freien Wortes
Mit weit weniger Zurückhaltung bei der realistischen Darstellung des Zustands der heutigen Woiwodschaft Ermland-Masuren und wenig Respekt vor dem bald danach sprachlich nicht mehr Erlaubten formulierte hingegen der Kinderbuchautor Jan Grabowski die Texte in seinem touristischen Reiseführer „Masuren und Ermland“ von 1948. Er legte den Finger in Wunden wie die vielen Zerstörungen und die nicht selten konfusen Umbenennungen von Orten und Straßen. Er präsentierte die protestantischen Masuren, die wegen der Betonung des Polnischen und Katholischen im Dokumentarfilm als Bevölkerung unter den Tisch fielen, und das überdies in positiver Weise. Und er tat dies mutig in einer prägnanten, manchmal derben, aber sehr literarischen Sprache, die man weder aus offiziellen Reiseführern gewohnt ist noch später in der Zeit des Stalinismus wiederfinden konnte.

Dokumentarfilm von 1947 Włodzimierz Puchalski Foto: Uwe Hahnkamp

Mutige Privatinitiative
Auf Grundlage eines Stadtplans von Allenstein von 1946, dem ersten, in hoher Auflage nach dem Zweiten Weltkrieg, gedruckten, ließ Artur Sobiela auch den Wiederbeginn der Entwicklung der Stadt Revue passieren. Sie war damals wesentlich kleiner als heute, einige der Straßennamen im Zentrum waren anders und fielen den Umbenennungen in den folgenden Jahren zum Opfer, besonders interessant war jedoch die rege privatwirtschaftliche Initiative der damaligen Zeit. Unbeeindruckt von drohenden, sich bereits am Horizont der Zeit abzeichnenden politischen Änderungen in diesem Bereich ließen Händler und Dienstleister Reklamen auf den Stadtplan drucken. Dabei konzentrierte sich das wirtschaftliche Leben fast ausschließlich auf die Straßen um das Rathaus herum, vor allem auf die Straße des Ersten Mai, die bis heute so heißt.
Insgesamt gelang es Artur Sobiela sehr gut, aus den drei Zeitzeugnissen ein interessantes Bild des Übergangs der Stadt Allenstein und der Region nach dem Jahr 1945 zu formen und die Zuschauer auf die Reise in diese Zeit voller weitreichender Änderungen mitzunehmen.

Uwe Hahnkamp

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