Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Keine einfache Entscheidung

 

Obwohl die Entscheidung, bei den anstehenden Kommunalwahlen gemeinsam mit dem Schlesischen Selbstverwaltungsverein anzutreten, bereits im November in der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien getroffen wurde, wird sie bis heute von einigen Mitgliedern der Organisation kritisiert. Wir haben den Vorsitzenden der Oppelner Deutschen, Rafał Bartek, gebeten, zu dieser Kritik Stellung zu nehmen.

Bei den nächsten Kommunalwahlen wird es unter den Wahlkomitees kein „WK Deutsche Minderheit“ mehr geben. Dies hat der Vorstand des SKGD im Oppelner Schlesien beschlossen, die in Zusammenarbeit mit dem Schlesischen Selbstverwaltungsverein Wahlkomitee „Schlesische Regionalpolitiker“ bilden wird.
Der Schlesische Selbstverwaltungsverein wurde 1991 auf Initiative des verstorbenen Bürgermeisters von Leschnitz, Hubert Kurzał, gegründet. Seine Mitglieder sind Gemeindevorsteher, Bürgermeister und Ratsmitglieder verschiedener Ebenen, insbesondere aus den Woiwodschaften Oppeln und Schlesien, und das Ziel des Vereins ist es, gemeinsam für Angelegenheiten einzutreten, die für die Kommunalverwaltungen wichtig sind, und sich gegenseitig zu unterstützen. Der Verein setzt sich seit Jahren auch für die Förderung und Pflege der Kultur ein und veranstaltet u. a. jährliche Wettbewerbe für Kinder- und Jugendensembles sowie Orchester der deutschen Minderheit.
Die Entscheidung, die Kräfte zwischen der deutschen Minderheit und dem Schlesischen Selbstverwaltungsverein zu bündeln, gefällt jedoch nicht allen. Wie Rafał Bartek bestätigt, erreichen kritische Stimmen auch den SKGD-Vorstand. „Ja, solche Stimmen erreichen auch mich, aber ich möchte sogleich hinzufügen, dass eine eindeutige Mehrheit dieser Entscheidung unterstützend und verständnisvoll gegenübersteht. Ich bin mir aber auch bewusst, dass es sich um eine historische Entscheidung handelt, und glauben Sie mir bitte, dass sie nicht einfach war, wenn auch nur unter diesem Gesichtspunkt.“

Jan Lenort
Foto: Schlesien Journal

Politik
Unserer Redaktion liegt u. a. die Kopie eines Appells von Jan Lenort, langjähriger Geschäftsführer des SKGD-Woiwodschaftsvorstands und Delegierter zur Mitgliederversammlung der Organisation, an den Vorstand der deutschen Minderheit vor. In seinem Schreiben erwartet der Aktivist der Minderheit offen, dass die Entscheidung des Vorstands zum Thema Wahlen annulliert wird. Darin heißt es unter anderem, dass es keine Trennung von politischen und kulturell-sozialen Aktivitäten geben kann, weil die Minderheit nicht politisch aktiv ist.

Rafał Bartek ist mit diesem Standpunkt jedoch nicht einverstanden. „Ich sehe die Frage der Trennung von sozialen und kulturellen Aktivitäten von politischen Aktivitäten ein wenig anders als Herr Lenort, aber das hängt wahrscheinlich auch damit zusammen, dass wir als SKGD heute in einer etwas anderen Realität funktionieren als zu der Zeit, als sie von Herrn Lenort geleitet wurde. Heute sind wir nicht nur sozial aktiv, sondern vor allem eine große, effiziente und ehrgeizige Nichtregierungsorganisation, kurz NGO. Wir beschaffen inländische, ausländische und europäische Gelder. Wir führen jedes Jahr Hunderte von Projekten durch und rechnen sie dann auch ab. All dies erfordert Zeit und engagierte Menschen. Die politische Arbeit auf regionaler Ebene erfordert dies ebenfalls, und unter diesem Gesichtspunkt ist die Trennung der beiden Bereiche absolut sinnvoll. So können wir effizienter handeln“, sagt Rafał Bartek.

Rafał Bartek
Foto: Rudolf Urban

Konsultationen
Jan Lenort schreibt in seinem Appell auch über fehlende Konsultationen bei der Entscheidung über die Partnerschaft zwischen den Strukturen der Minderheit und dem Schlesischen Selbstverwaltungsverein. Tatsächlich wurde die Entscheidung Ende November 2023 getroffen und auf der Pressekonferenz des Schlesischen Selbstverwaltungsvereins am 13. Dezember2023 bekannt gegeben. Rafał Bartek bekräftigt jedoch, dass Konsultationen stattgefunden haben. „Solche Konsultationen gab es zum Beispiel bei den Kreisversammlungen im Herbst 2023, wo wir viele Stimmen gehört haben, vor allem von der jüngeren Generation unserer Mitglieder, dass sich etwas ändern muss, was unsere Präsenz in der Politik angeht, dass es eine neue, breitere Öffnung geben muss, dass neue Leute gebraucht werden, auch solche, die offen sind für Multikulturalität, für Mehrsprachigkeit, die aber nicht zur deutschen Minderheit gehören. Wir haben auch mit allen Gemeindevorstehern und Bürgermeistern gesprochen, die auf den Listen der deutschen Minderheit kandidieren. Natürlich kann man immer sagen, dass es mehr Konsultationen hätte geben sollen, aber wir wissen auch, dass es unter den fast 30.000 Mitgliedern immer unterschiedliche Meinungen geben wird. Letztendlich wurde die Entscheidung vom SKGD-Woiwodschaftsvorstand einstimmig getroffen.“

Unterstützung aus Deutschland
Jan Lenort zeigt sich in seinem Appell auch besorgt über einen möglichen Bedeutungsverlust der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien sowohl in Polen als auch insbesondere in Deutschland. Seiner Ansicht nach geht es dabei unter anderem um die Sichtbarkeit der deutschen Minderheit in der Öffentlichkeit, deren Rückgang mit einer geringeren Unterstützung durch die Bundesregierung verbunden sein könnte.


Rafał Bartek versichert jedoch, dass ein solcher Zusammenhang schon seit Jahren nicht mehr besteht. „Nach 2006 wurde die Unterstützung der deutschen Regierung für die deutsche Minderheit in Polen auf fast Null reduziert und unsere Strukturen und unsere Aktivitäten wurden hauptsächlich aus den sog. Rückflussmitteln der Stiftung für Entwicklung Schlesiens finanziert, die langsam ausliefen. Nach den personellen Veränderungen in der SKGD und im Verband deutscher Gesellschaften (VdG) in den Jahren 2008/2009 war es trotz der Bemühungen des damaligen SKGD-Vorsitzenden Norbert Rasch und des VdG-Vorsitzenden Bernard Gaida zunächst schwierig, diese Unterstützung von deutscher Seite zu erhalten. Der Schlüssel zum Erfolg war neben der Aktivität der beiden Vorsitzenden und Vorstände vor allem die zunehmende zusätzliche Aktivität, unser Einfallsreichtum und Engagement bei der Beschaffung zusätzlicher Mittel und die Arbeit daran, die deutsch-polnischen Beziehungen wieder aufzubauen und das Vertrauen der deutschen Regierung wieder zu gewinnen. Diese Maßnahmen haben es möglich gemacht, Minderheitenschulen zu bauen und zu renovieren und unser deutsches Erbe zu pflegen. Um bei all dem sichtbar zu sein, werden wir natürlich auch von Kommunalpolitikern unterstützt, doch ich möchte klarstellen, dass dies einer von mehreren Faktoren ist, nicht der einzige. Was zählt, ist unsere Kreativität und die ständige Suche nach neuen Ideen und Lösungen, die von der sich verändernden Realität, in der wir leben, diktiert wird.“

Trotz der kritischen Äußerungen erwartet Rafał Bartek nicht, dass der SKGD-Vorstand seine Meinung ändern wird. In der Zwischenzeit finden in den Strukturen der deutschen Minderheit Versammlungen statt, um die Kandidaten für Gemeinde- und Kreisräte, den Sejmik sowie für Gemeindevorsteher- und Bürgermeisterposten auszuwählen. Die endgültige Entscheidung über die Wahllisten wird vom Schlesischen Selbstverwaltungsverein getroffen. Die Kommunalwahlen werden voraussichtlich am 7. April stattfinden.

Rudolf Urban

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