Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Das „Wunder von Chronstau“

Am vergangenen Sonntag (10.09.) fand in Chronstau bei Oppeln die feierliche (Neu-)Eröffnung des renovierten Nichtöffentlichen Katholischen Kindergartens (Katolickie Przedszkole Niepubliczne) „Ochronka“ statt. Die Besonderheit dieser Einrichtung: Die Betreuung der Kinder läuft hier zweisprachig auf Deutsch und Polnisch.

„Kinder zweisprachig fördern und im Geist der Frohen Botschaft erziehen“ – so lautet der Anspruch des deutsch-polnischen Kindergartens „Ochronka“ in Chronstau, der nach umfangreichen Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten nun feierlich wiedereröffnet wurde. Zahlreiche Kindergartenkinder, Eltern, Großeltern und Geschwister sowie Angehörige der örtlichen deutschen Minderheit, Lokalpolitiker, interessierte Dorfbewohner und Ehrengäste aus nah und fern hatten dazu den Weg in das Festzelt vor dem aufgehübschten Kindergartengebäude gefunden. Trotz des drückend heißen Spätsommerwetters wollten sie sich dieses bedeutungsvolle Ereignis nicht entgehen lassen und der „Inbetriebnahme“ einer einzigartigen Einrichtung beiwohnen: des ersten zweisprachigen katholischen Kindergartens in Polen, wie Rafał Bartek, der Vorsitzende des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG), zu Beginn der Veranstaltung in seinen Begrüßungsworten betonte.

Die Kinder hatten an der Eröffnungsfeier ihres Kindergartens sichtlich Spaß.
Foto: Lucas Netter
Die Kinder im Mittelpunkt: Am vergangenen Sonntag wurde der deutsch-polnische Kindergarten in Chronstau feierlich wiedereröffnet.
Foto: Lucas Netter

Mit dabei waren unter anderem die Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Natalie Pawlik, der Vorsteher der Gemeinde Chronstau, Florian Ciecior, der Oppelner Landrat Henryk Lakwa, der Deutsche Konsul in Oppeln, Peter Herr, der Stiftungsratsvorsitzende der Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland, Hartmut Koschyk, sowie nicht zuletzt auch mehrere Schwestern der Ordensgemeinschaft „Mägde Mariens von der Unbefleckten Empfängnis“, die das Kindergartengebäude vergangenes Jahr an den VdG übergeben hatte.

An der Feier in Chronstau nahmen auch zahlreiche Ordensschwestern teil.
Foto: Lucas Netter
Der Vorsteher der Gemeinde Chronstau, Florian Ciecior
Foto: Lucas Netter
Natalie Pawlik (2. v. r.) mit der BJDM-Vorsitzenden Weronika Koston sowie Hartmut Koschyk (links) und dessen Mitarbeiter Dominik Duda
Foto: Lucas Netter

Geleitet wird die Erziehungseinrichtung nunmehr von der neu gegründeten Chronstauer Bildungsgesellschaft „Wunder“ (Chrząstowickie Stowarzyszenie Edukacyjne „CUD“) mit der Vorsitzenden Agnieszka Misiurska an der Spitze. Dank der finanziellen Mittel aus dem Budget des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (mehr als 800.000 Euro) sowie einiger privater Spenden wurde das Kindergartengebäude innerhalb kürzester Zeit vollständig renoviert und mit modernem Interieur ausgestattet.

Auch die (etwas) ältere Generation hatte an der Veranstaltung ihre Freude.
Foto: Lucas Netter
Die Eröffnungsfeier in Chronstau war gut besucht.
Foto: Lucas Netter

Die zentralen Grundlagen im Konzept der Einrichtung sind dabei ihre katholische Ausrichtung sowie die zweisprachige Erziehung. In diesem Sinne werden den Kindern hier christliche Werte vermittelt; außerdem kommunizieren die Betreuerinnen mit ihnen sowohl auf Polnisch als auch auf Deutsch – und stärken so ihre Zweisprachigkeit. Finanziert wird der Kindergarten zukünftig über staatliche Subventionen und die Elternbeiträge.

Gemeinsam mit Natalie Pawlik (Mitte), Agnieszka Misiurska (links) und Rafał Bartek nahmen die Kinder den frisch renovierten deutsch-polnischen Kindergarten offiziell in Betrieb.
Foto: Lucas Netter

Die Kinder im Mittelpunkt

Derlei bürokratische und technische Aspekte standen am vergangenen Sonntag aber eher im Hintergrund; in erster Linie ging es um das Feiern des „Wunders von Chronstau“, wie Hartmut Koschyk die Realisierung des deutsch-polnischen Kindergartenprojekts in Anspielung auf den Namen des Trägervereins bezeichnete.

Zwischendurch führten die Kindergartenkinder einige einstudierte Tanz- und Gesangseinlagen auf.
Foto: Lucas Netter

Die wichtigsten Akteure dieses Kindergartens, die Kinder, ließen sich von den hochrangigen Gästen und den „Erwachsenenthemen“ aber ohnehin nicht beeindrucken. Vielmehr wuselten sie zwischen dem Festzelt und den Spiel- beziehungsweise Lernzimmern des Kindergartens fröhlich hin und her, ließen sich die Gesichter bemalen, tobten auf dem kleinen Spielplatz vor dem Gebäude – oder präsentierten dem Publikum einige einstudierte Tanz- und Gesangsstücke. Und auch als Bischofsvikar Peter Tarlinski alle Räume des Kindergartens segnete, hielt das die Kleinen nicht vom Herumtollen ab. Dass sie sich in ihrem Kindergarten schon jetzt pudelwohl fühlen, konnte jedermann (und jedefrau) sofort spüren.

Die Jüngsten konnten sich das Gesicht bemalen lassen.
Foto: Lucas Netter
Die Kindergartenkinder führten auch ein kleines Theaterstück auf.
Foto: Lucas Netter
Bischofsvikar Peter Tarlinski segnete alle Räume des Kindergartens.
Foto: Lucas Netter

Einige offizielle Ansprachen und Danksagungen durften aber natürlich trotzdem nicht fehlen. Letztere wurden von Agnieszka Misiurska und Rafał Bartek vorgetragen und richteten sich an all die Engagierten, die zum Erfolg der Initiative beigetragen haben: Eltern, lokale Aktivisten und Politiker, die Mitglieder des Vereins „Wunder“, die Ordensschwestern, die VdG-Mitarbeiter oder auch der Bauleiter der Umbaumaßnahmen.

Agnieszka Misiurska und Rafał Bartek
Foto: Lucas Netter
Applaus für die vielen Engagierten, die zum Erfolg des Kindergartenprojekts beigetragen haben.
Foto: Lucas Netter

Vorbild Chronstau?

Auch Natalie Pawlik hielt vor den Versammelten eine kurze Glückwunschrede – die in der heiteren Festtagsstimmung fast ein wenig unterging. „Dieser zweisprachige Kindergarten wird den Kleinsten in unserer Gesellschaft die außergewöhnliche Möglichkeit geben, von klein auf zwei Sprachen in ihren Alltag zu integrieren. Das Miteinander der Sprachen und der Kulturen, die mit ihnen verbunden sind, wird für sie Normalität sein. Das sind die idealen Voraussetzungen für eine weitere aktive und gestaltende zukünftige Generation der deutschen Minderheit“, so die SPD-Politikerin. „Die Erfahrung der Zweisprachigkeit und des liebevollen Miteinanders, wie es die Philosophie dieses Kindergartens beinhaltet, wird den Kindern, die hier einen kleinen, aber wichtigen Teil ihres Lebens verbringen dürfen, wichtige Erfahrungen für ihr weiteres Leben mitgeben. Hier werden sie die große Bedeutung des Brückenbauens zwischen verschiedenen Kulturen und Nationen schon früh lernen“, fügte sie hinzu.

Natalie Pawlik während ihrer Ansprache, die auch ins Polnische übersetzt wurde
Foto: Lucas Netter
Aufmerksames Zuhören
Foto: Lucas Netter

Sichtlich stolz auf das Ergebnis der Renovierungsarbeiten und die zukünftige Ausrichtung des Kindergartens war auch der VdG-Chef Rafał Bartek, der selbst aus Chronstau stammt. „Ich hoffe, dass diese Neugründung auch an anderen Orten und vielleicht auch in anderen Woiwodschaften Mut machen wird, dass ein solches Projekt machbar ist. Und ich hoffe, dass von hier in Chronstau das Signal ausgesendet wird, dass man auch in einer schwierigen Zeit, in der wir mit Diskriminierung zu kämpfen haben, solche Einrichtungen erschaffen kann“, sagte er am Rande der Feier.

Natalie Pawlik versäumte es nicht, im Gästebuch des Kindergartens eine Botschaft zu hinterlassen.
Foto: Lucas Netter

Derzeit besuchen etwa 30 Kinder den Nichtöffentlichen Katholischen Kindergarten „Ochronka“ in Chronstau. Zugelassen ist er aber für bis zu 48 Kinder. Es stehen also noch ein paar Plätze zur Verfügung. Die Eröffnungsveranstaltung am 10. September war sicherlich eine gute Werbung für diese vorbildhafte deutsch-polnische Initiative.

Die Auftritte der Kinder boten dem Publikum ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm.
Foto: Lucas Netter
Auch ein kurzes Konzert des Jugendblasorchesters der Gemeinde Chronstau durfte natürlich nicht fehlen.
Foto: Lucas Netter

Lucas Netter

Die Eröffnungsfeier des deutsch-polnischen Kindergartens in Chronstau wurde finanziell unterstützt vom Marschallamt der Woiwodschaft Oppeln, der Gemeinde Chronstau sowie dem Bauunternehmen „Plada“.

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