Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Die Gedanken sind frei

Europa in Oppeln und Kattowitz

Es ist sehr schwierig, die zweitägigen Beratungen des Forums Europäischer Minderheitenregionen in einer kurzen Kolumne zu beschreiben. Also hier nur ein lockeres Resümee.

Als mich jemand in Kattowitz nach der Herkunft der Teilnehmer fragte, wurde mir klar, dass die Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) in Oberschlesien Menschen von Valencia und den Balearen, aus Finnland und Estland, von Schottland bis Griechenland versammelt hatte. Es wäre schwierig, eine umfassendere Darstellung des kulturellen Reichtums Europas zu finden. Ich freute mich auch über die Anwesenheit von Vertretern der Ukrainer, Lemken und Karaimer aus Polen. Dadurch konnten wir uns nicht nur selbst davon überzeugen, sondern auch den Teilnehmern so vieler europäischer Gemeinschaften die enormen Unterschiede in der Situation von Minderheiten und ihren Sprachen bewusst machen.

Wenn in Italien kleine Lehrbücher zum Erlernen verschiedener ladinischer Dialekte veröffentlicht werden, wenn ein BBC-Journalist aus Schottland zu uns kommt, der eine permanente Sendung auf Gälisch leitet, um diese Sprache wiederzubeleben, obwohl man glaubt, dass sie ausgestorben ist … dann ist der Kampf, um sicherzustellen, dass Kinder in Schlesien drei Stunden pro Woche Deutsch lernen können statt einer, für Polen eine Schande. Andererseits ist es uns gelungen, in das Ausmaß der Probleme, mit denen Minderheiten seit Jahrhunderten in ihren Heimatländern konfrontiert sind, die Perspektive eines Landes einzubringen, das nach 1945 mehrere hundert Kilometer nach Westen verschoben wurde und aus dem über 10 Millionen Deutsche vertrieben wurden, in deren Häuser Polen aus den verlorenen Ostgebieten und aus Kleinpolen vertriebene Ukrainer und Lemken gebracht wurden.

Auch wenn es um Minderheitensprachen und ihre Bedeutung für den Arbeitsmarkt ging, verwiesen alle auf ihre oft tragischen Geschichten, wie etwa eine Mazedonierin aus Griechenland, denn überall haben die Vergangenheit und die daraus resultierende Politik Einfluss auf die heutige Situation. Ein Wirtschaftsprofessor aus Schweden, der die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und in Ungarn lehrt, bewies in Diagrammen und Tabellen, dass Englischkenntnisse in Europa keinen finanziellen Nutzen mehr bringen und erst mit Deutsch- oder Spanischkenntnissen man auf ein besseres Gehalt hoffen kann. In vielen Reden wurden die Bemühungen der lokalen Behörden vorgestellt, das Wissen über Minderheitensprachen bekannter zu machen. Die Untersuchungen von Prof. Romuald Jończy führten uns in die Problematik der Finanztransfers nach Schlesien aufgrund der Arbeitsmigration ein, aber auch in die konkrete „Ausblutung“ von Minderheiten infolge ebenjener Abwanderungen.

Ein großer Wert dieses Forums ist immer die Teilnahme von Vertretern lokaler Behörden, die in Oppeln stark vertreten waren, in Kattowitz jedoch weniger. Und die Teilnahme nur eines der eingeladenen Sejm-Abgeordneten gibt Anlass zur Sorge, dass auch in dieser Legislaturperiode die Minderheitenpolitik am Rande landen wird.

Bernard Gaida

Titelfoto: Bernard Gaida (Mitte) während des FUEN-Forums in Oppeln (Foto: Lucas Netter)

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