Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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In between

Am vergangenen Wochenende (19.-21.05.) fand auf dem Sankt Annaberg eine dreitägige Konferenz mit dem Titel „Die deutsch-polnische Grenze in der Zwischenkriegszeit“ statt. Neben verschiedenen Vorträgen von Wissenschaftlern aus Polen und Deutschland stand dabei auch eine Studienreise durch die ehemalige Grenzregion in Oberschlesien auf dem Programm.

Ihr gefalle die Disziplin der deutschen Minderheit, sogar am Sonntagvormittag erscheine sie motiviert zu den Vorträgen, merkte die Referentin Dr. Magdalena Sacha von der Universität Danzig zum Ende der Veranstaltung mit einem Augenzwinkern an. Vorausgegangen waren zu diesem Zeitpunkt schon zwei Tage intensiven Programms im Rahmen der wissenschaftlichen Konferenz, die vom Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG) in Kooperation mit dem in Oppeln beheimateten Forschungszentrum der Deutschen Minderheit organsiert wurde – und sich mit verschiedenen Fragen rund um die deutsch-polnische Grenze, besonders jene in Oberschlesien und in Pommern, in den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen beschäftigte.

Der VdG-Vorsitzende Rafał Bartek begrüßte die Teilnehmer der Konferenz.
Foto: Lucas Netter

Sieben Referenten, acht Vorträge

Eröffnet wurde das Ganze bereits am späten Freitagnachmittag (19.05.), unmittelbar nach der 54. VdG-Verbandsratssitzung, die seit dem Morgen ebenfalls im Pilgerheim auf dem Sankt Annaberg stattgefunden hatte. Die Moderation übernahm Krzysztof Wysdak, Vorstandsmitglied des Kreises Oppeln.

Dr. Michał Matheja (am Rednerpult) eröffnete die Konferenz, Krzysztof Wysdak (sitzend am Tisch) übernahm die Moderation.
Foto: Lucas Netter

Nach einigen Begrüßungsworten seitens des VdG-Vorsitzenden Rafał Bartek und des Leiters des Forschungszentrums der Deutschen Minderheit, Dr. Michał Matheja, machte Prof. Dr. Dagmara Jajeśniak-Quast vom Zentrum für Interdisziplinäre Polenstudien der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder den Anfang beim inhaltlichen Teil der Konferenz. In ihrem Vortrag stellte sie das Forschungsprojekt „Die vergessene Grenze – Eine deutsch-polnische Spurensuche von Oberschlesien bis zur Ostsee“ vor, das sie und ihre Studenten im Mai 2018 zu einer zweiwöchigen Studienreise entlang der ehemaligen Grenze von Gleiwitz bis nach Gdingen aufbrechen ließ. Die Geschichte der Grenzregion haben die Forscher dabei nicht zuletzt auch in den Gesprächen mit den Einwohnern dieses Raums kennengelernt. „Wir haben damals festgestellt, dass man die Menschen, die in der Grenzregion leben, nicht in eine Schublade – Polnisch oder Deutsch – stecken kann. Sie sind Menschen ‚in between‘ und haben oft mehrere Identitäten“, so Prof. Dr. Jajeśniak-Quast.

Prof. Dr. Dagmara Jajeśniak-Quast
Foto: Lucas Netter

Bis zum Ende der Konferenz folgten sieben weitere Vorträge: So präsentierte Dr. Bernard Linek vom Schlesischen Institut in Oppeln unter dem Titel „Die erste Oberschlesische Tragödie? Migrationen – Minderheiten – Versailler System“ seine Forschungen zu ebenjener Thematik.

Dr. Bernard Linek
Foto: Lucas Netter

Der Historiker Dr. Mirosław Węcki von der Schlesischen Universität in Kattowitz sprach über die Migration nach Hindenburg O.S. (Zabrze) infolge der Volksabstimmung in Oberschlesien im Jahr 1921 und der 1922 vollzogenen Teilung der Region.

Dr. Mirosław Węcki
Foto: Lucas Netter

Dr. Dawid Keller, Historiker und Archivar aus Siemianowitz-Laurahütte (Siemianowice Śląskie), beleuchtete in seinem Referat einige persönliche Geschichten und Einzelschicksale aus dem ehemaligen deutsch-polnischen Grenzgebiet im Kreis Rybnik.

Dr. Dawid Keller
Foto: Lucas Netter

Und Dr. Jens Boysen vom Collegium Civitas in Warschau stellte in seinem Beitrag mit dem Titel „Die deutsch-polnische Grenze (1920-1939) als militärische Zone: ‚Kalter Krieg‘, Kontrolle des Verkehrsraums und Bevölkerungspolitik“ die damalige Grenze zwischen Deutschland und Polen in den gesamteuropäischen Kontext und betrachtete unter anderem Aspekte der Wirtschaft und der Verkehrsgeografie.

Dr. Jens Boysen
Foto: Lucas Netter

Gleich zwei Vorträge hielt die eingangs bereits erwähnte Dr. Magdalena Sacha. Zum einen berichtete sie von den Forschungsarbeiten ihrer Kollegen vom Kaschubischen Institut (Instytut Kaszubski) in Danzig zum pommerschen Abschnitt der deutsch-polnischen Grenze zwischen 1920 und 1939. Zum anderen gab die Kulturwissenschaftlerin einen Einblick in ihr eigenes Wirken, das sich mit der Existenz der Grenzthematik in den Museen Pommerellens befasst.

Dr. Magdalena Sacha
Foto: Lucas Netter

Den abschließenden Vortrag hielt Dr. Michał Matheja. Er referierte über die aktuellen und zukünftigen Forschungsprojekte seines Zentrums, darunter auch eines, das die sprachliche Situation der Angehörigen der deutschen Minderheit in Polen analysieren wird. Durchgeführt wird dieses Projekt vom Institut für Soziologie der Schlesischen Universität in Kattowitz unter der Leitung von Dr. Justyna Kijonka.

Dr. Michał Matheja
Foto: Lucas Netter

Studienreise, Gottesdienst und Konzert

Die Konferenz sah darüber hinaus aber auch Programmpunkte vor, die sich außerhalb des Seminarraums abspielten. So ging es für die etwa 60 anwesenden Frauen und Männer – von denen nicht wenige auch aus dem Norden Polens angereist waren – am Samstagvormittag (20.05.) auf eine kleine Studienreise durch Oberschlesien. „Das Ziel dieses Ausfluges war es, den Teilnehmern die alte deutsch-polnische Grenze näherzubringen. Wir wollten ihnen eine Geschichtserfahrung ermöglichen, denn alles, was wir in Büchern lesen, können wir uns besser einprägen, wenn wir es einmal selbst gesehen haben“, erklärt die Reiseleiterin Ewa Czeczor, die als Archivleiterin ebenfalls am Forschungszentrum der Deutschen Minderheit tätig ist.

Direkt neben dem alten Grenzstein in Repten befindet sich auch die sogenannte Quelle der Jugend (Źródło Młodości).
Foto: Lucas Netter

Die Stationen der Studienreise waren einige frühere deutsche Zollhäuser in Ptakowitz (Ptakowice), ein gut erhaltener Grenzstein in Repten (Repty Śląskie), eine ehemalige Wohnsiedlung für die nach der Volksabstimmung 1921 aus Ostoberschlesien abgewanderten Deutschen in Beuthen-Stollarzowitz (Bytom-Stolarzowice) sowie die römisch-katholische Kirche St. Josef in Hindenburg O.S., dem heutigen Zabrze. „Mit dem sakralen Element des St.-Josef-Gotteshauses wollten wir veranschaulichen, welchen Herausforderungen sich auch die Kirche in der damaligen Zeit stellen musste“, so Ewa Czeczor.

Ewa Czeczor zeigt den Teilnehmern der Studienfahrt den ehemaligen Grenzstein in Repten.
Foto: Lucas Netter
Die Teilnehmer der Konferenz in der Kirche St. Josef in Hindenburg O.S.
Foto: Lucas Netter

Ein weiterer besonderer Programmpunkt, der die Teilnehmer am Samstagabend aus dem Konferenzsaal hinausführte, war ein deutschsprachiger Gottesdienst in der Basilika auf dem Sankt Annaberg, der von Bischofsvikar Peter Tarlinski geleitet wurde.

Peter Tarlinski leitete den Gottesdienst in der Basilika auf dem Sankt Annaberg.
Foto: Lucas Netter

Im Anschluss daran fand dann noch ein etwa einstündiges Konzert statt: Der Jugendchor „Con Colore“ des Deutschen Freundschaftskreises in Tost (unter der Leitung von Karina Kupczyk) trat gemeinsam mit dem „Elara Classic Trio“ um Elżbieta Skrzymowska (Violine), Joanna Kania (Klarinette) und Ariadna Łęcka (Violoncello) sowie dem Bariton Oskar Koziołek-Goetz vor den begeisterten Kirchgängern auf.

Der Jugendchor „Con Colore“ mit dem „Elara Classic Trio“ und dem Bariton Oskar Koziołek-Goetz
Foto: Lucas Netter

In der besinnlichen Atmosphäre der Basilika und mit der klassischen Musik im Ohr hatten die Konferenzteilnehmer so die Gelegenheit, weitergehend über das komplizierte Thema der deutsch-polnischen Grenze in der Zwischenkriegszeit nachzudenken und die Inhalte der wissenschaftlichen Vorträge zu reflektieren.

Beate Tur
Lucas Netter

Die dreitägige Konferenz auf dem Sankt Annaberg wurde finanziert durch das Konsulat der Bundesrepublik Deutschland in Oppeln, dem Marschallamt der Woiwodschaft Oppeln und der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit. Der Marschall der Woiwodschaft Oppeln, Andrzej Buła, stand zudem als Schirmherr Pate.

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