Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Lobbying am Frühstückstisch

Am Mittwoch vergangener Woche (18.10.) luden die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) und Stefan Seidler MdB die Abgeordneten des Deutschen Bundestages zu einem Parlamentarischen Frühstück ein. Während des morgendlichen Treffens im Paul-Löbe-Haus wurde die Arbeit der deutschen Minderheiten im östlichen Europa und den Nachfolgestaaten der Sowjetunion vorgestellt – und die Bedeutsamkeit einer weitergehenden finanziellen Förderung betont.

Wie Bernard Gaida, der Vizepräsident der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) und Sprecher der AGDM in der FUEN, berichtet, seien 14 Bundestagsabgeordnete verschiedener Fraktionen der Einladung gefolgt, darunter auch Natalie Pawlik (SPD), die Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten.

„Unser Ziel war es, den Abgeordneten die deutschen Minderheiten nicht als Problem, sondern als Mehrwert zu präsentieren – ein Mehrwert sowohl für die Länder, in denen sie zu Hause sind, als auch für Deutschland“, erklärt Gaida. „Wir wollten zeigen, dass alle deutschen Minderheiten in ihren Ländern durch ihre Anwesenheit und Aktivitäten natürliche Botschafter Deutschlands sind, die ihre Arbeit nicht nur in den Hauptstädten, sondern vor allem auch in den Regionen leisten – inmitten der Mehrheitsgesellschaft.“

Deswegen sei die Förderung der deutschen Minderheiten nicht nur eine historische Verantwortung Deutschlands, sondern auch eine sichere Investition in eine friedliche Zukunft. „Und sichere Investitionen sollten in unruhigen Zeiten mehr und nicht weniger unterstützt werden. Die Förderung aus Deutschland ist für uns überlebenswichtig“, betonte Bernard Gaida in einer kurzen Ansprache an die Anwesenden.

Auch Parlamentswahlen in Polen waren Thema

Neben dem AGDM-Sprecher nahmen Vertreter der deutschen Minderheiten aus Polen, Tschechien, der Ukraine, Rumänien, Ungarn, Kroatien und Litauen an dem etwa einstündigen Treffen teil. In diesem Rahmen wurde unter anderem auch die Jugendarbeit der deutschen Minderheiten vorgestellt, und zwar von Hanna Klein aus den Reihen der Deutschen Gemeinschaft – Landsmannschaft der Donauschwaben in Kroatien mit Sitz in Essegg (Osijek).

Der AGDM-Sprecher Bernard Gaida (5. v. r.) mit Natalie Pawlik MdB (6. v. r.), Stefan Seidler MdB (5. v. l.), Rafał Bartek (4. v. l.), Hanna Klein (4. v. r.) und weiteren Vertretern der deutschen Minderheiten aus Polen, Tschechien, der Ukraine, Rumänien, Ungarn, Kroatien und Litauen
Foto: Natalie Pawlik/Facebook

Als Vertreter der hiesigen deutschen Minderheit war Rafał Bartek, der Vorsitzende des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG), nach Berlin gereist. „Während des Treffens wurden auch die kürzlichen Parlamentswahlen in Polen besprochen. Dabei habe ich darauf hingewiesen, dass der Sieg der demokratischen Opposition die Hoffnung gibt, dass die Diskriminierung der deutschen Minderheit bald ein Ende findet. Gleichzeitig muss man aber sagen, dass das Ergebnis aus Sicht der Minderheit auch unerfreulich ist, denn nach über 30 Jahren wird es nun keinen Vertreter der deutschen Minderheit im Sejm mehr geben“, so Bartek.

Förderung bleibt stabil

Nur wenige Stunden nach dem Treffen konnte die AGDM schon die Früchte ihrer Lobbyarbeit ernten. Denn im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages wurde entschieden, die finanzielle Förderung der deutschen Minderheiten im kommenden Haushaltsjahr stabil zu halten – obwohl es zuerst hieß, dass es eine Kürzung von drei Millionen Euro geben werde. 2024 wird den Spätaussiedlern, nationalen Minderheiten in Deutschland sowie deutschen Minderheiten im Ausland also in etwa dieselbe Fördersumme zur Verfügung stehen wie im laufenden Jahr.

An dem Parlamentarischen Frühstück nahmen neben den Vertretern der deutschen Minderheiten insgesamt 14 Bundestagsabgeordnete verschiedener Fraktionen teil, darunter auch Natalie Pawlik (SPD), die Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten.
Foto: Natalie Pawlik/Facebook

Ob das Parlamentarische Frühstück zu dieser Entscheidung beigetragen hat, sei nicht auszuschließen, schließlich hätten an der Veranstaltung auch Haushaltspolitiker teilgenommen, sagt Bernard Gaida. „Aber natürlich war das Frühstück nicht das einzige Element unserer Lobbyarbeit. Schon seit Juni stehen wir im engen Austausch mit unterschiedlichen Politikern, auch mit den relevanten Haushaltsberichterstattern. Und das Treffen im Bundestag war eben auch ein Baustein, der zu dieser erfreulichen Entscheidung beigetragen hat.“

Lucas Netter

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