Im Juni ging es für die Supereule der Deutschen in Polen auf große Tournee durch die Woiwodschaft Oppeln. Sechs Grundschulen in der Region flog das noch junge Federtierchen an – und brachte den Schülern und Lehrern so das Konzept und die Inhalte der vergangenes Jahr ins Leben gerufenen Online-Bildungsplattform der deutschen Minderheit näher.
Die Idee, mit der Supereule auf Live-Tour durch die Woiwodschaft Oppeln zu gehen, hatte ihre Agentin Beate Tur. Die Kulturmanagerin des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) beim Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG) ist bereits seit September 2022 für das sympathische Maskottchen der Online-Bildungsplattform der deutschen Minderheit verantwortlich – und immer bestrebt, ihren Schützling in der Region und ganz Polen bekannter zu machen.
Deshalb hat sie im Juni das Projekt „Sprachworkshops mit der Supereule“ auf die Beine gestellt. „Die Workshops hatten das Ziel, Werbung für die Plattform ‚supereule.pl‘ zu machen sowie Kontakte zu Schulen und Deutschlehrkräften aufzubauen. Denn der persönliche Austausch mit unserer Zielgruppe ist uns äußerst wichtig“, erklärt die Kulturmanagerin. „Außerdem ist es sehr wertvoll, aus erster Hand zu erfahren, wie die Situation des Unterrichts von Deutsch als Minderheitensprache an den einzelnen Schulen aussieht“, fügt sie hinzu.
Das Interesse der Grundschulen in der Oppelner Region, Teil der Supereule-Tournee zu sein, war groß. Schließlich ist es für die Schüler und auch für die Lehrkräfte immer etwas Besonderes, einen solch außergewöhnlichen Besuch zu bekommen. Und es ist noch mal verlockender, wenn dieser Besuch keinen schnöden Frontalunterricht macht, sondern spannendes und abwechslungsreiches Lernmaterial mitbringt.
So hatten sechs Einrichtungen in der Woiwodschaft Oppeln kurz vor den Sommerferien das Privileg, von der Supereule angeflogen zu werden: die Grundschulen in Schemrowitz (Szemrowice), Thursy (Turza), Dometzko (Domecko), Volkmannsdorf (Włodary) sowie die Johann-Wolfgang-von-Goethe-Grundschule in Kandrzin-Cosel (Kędzierzyn-Koźle) und die Grundschule Nr. 2 in Rosenberg O.S. (Olesno). Für je zwei Unterrichtseinheiten konnten diese Schulen den gefiederten Stargast in ihren Klassenzimmern begrüßen – und dieser hat die Erwartungen des jungen Publikums nicht enttäuscht.
Abwechslungsreiche Workshops
Im Mittelpunkt der Workshops mit den Viert- bis Sechstklässlern stand dabei immer das sogenannte Lapbook – ein großes Plakat mit verschiedenen Aufgaben, die die Schüler in Gruppenarbeit lösen mussten. Diese dienten zum einen dazu, die Supereule (und auch ihre Freunde, die Lehrer-Eule, die Eltern-Schüler-Eule und die Rechts-Eule) besser kennenzulernen. Zum anderen sollten die Schüler auch etwas über die deutsche Minderheit erfahren und ein wenig Deutsch üben. „Deshalb bestand eine Aufgabe darin, zu bestimmen, in welchen Woiwodschaften Polens die Minderheit zu Hause ist. Eine andere drehte sich um deutsche, polnische und schlesische Begriffe: Die Schüler sollten diverse schlesische Wörter ins Polnische und Deutsche übersetzen, damit sie sehen, welchen Einfluss die deutsche Sprache hier in der Region hat. Das war für die Teilnehmer sehr unterhaltsam, auch wenn sie teilweise nicht alle Ausdrücke kannten“, erzählt Beate Tur.
Bei einigen ihrer Ausflüge an die Grundschulen in der Region wurde die Kulturmanagerin von ihrer VdG-Kollegin Anna Dzielawski begleitet. Die Sachbearbeiterin für Sprachprojekte ist ausgebildete Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache und hat deshalb einen fachkundigen Blick auf die Arbeit mit Schülern. „Für mich war es eine sehr bereichernde Erfahrung, die Kinder kennenzulernen, einen Eindruck von ihren Deutschkenntnissen zu bekommen und auch einen Einblick in das Schulleben zu erhalten“, sagt sie.
Mithilfe von Filmen die deutsche Sprache lernen
Die letzte Etappe der Sechs-Stationen-Tour war am 20. Juni die achte Klasse der Grundschule Nr. 2 in Rosenberg. Hier wurde der Workshop etwas anders aufgezogen, waren die Schüler doch schon etwas älter und sicherer im Umgang mit der deutschen Sprache. „Mit den Aufgaben aus dem Lapbook wären sie vermutlich ein bisschen unterfordert gewesen“, erklärt Beate Tur.
Also wurde das gemacht, was bei Jugendlichen immer gut ankommt: ein Film gezeigt. Genauer gesagt führten die beiden Managerinnen der Supereule verschiedene Ausschnitte aus dem Märchenfilm „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ vor. In dem Klassiker (eine ČSSR/DDR-Koproduktion aus dem Jahr 1973), der in Deutschland vor allem in der Weihnachtszeit häufig im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu sehen ist, spielt ja schließlich auch eine Eule eine nicht unwichtige Rolle.
In diesem Sinne sahen sich die Schüler einige Szenen aus der deutschsprachigen Version des Films an und beantworteten dazu in Gruppen mehrere Verständnisfragen – natürlich ebenfalls auf Deutsch. „Das war für sie zum Teil etwas zu herausfordernd, aber sie haben das trotzdem wirklich toll gemacht“, lobt Beate Tur das Engagement der Jugendlichen – die einige Tage später feierlich ihren Abschluss begangen und nach den Sommerferien eine der weiterführenden Schulen besuchen werden.
Tatsächlich waren die Achtklässler der Grundschule in Rosenberg der letzte Jahrgang, der Deutsch dort als erste Fremdsprache belegte. Die weitere Zukunft der deutschen Sprache an der Schule sieht deshalb alles andere als rosig aus, wie auch ein örtlicher Deutschlehrer am Rande des Workshops anmerkte. Er bezeichnete die Lage gar als „katastrophal“. „Das Interesse an Deutsch wird immer geringer, es kommen einfach kaum noch Schüler nach, die diese Fremdsprache lernen möchten“, sagt er nicht ohne den Hauch einer gewissen Frustration in seiner Stimme. Die Reduzierung der wöchentlichen Unterrichtsstunden von Deutsch als Minderheitensprache mache das Ganze nicht einfacher, so der Lehrer weiter.
Erfolgreiche Tournee
Für die mehr als 100 Schülerinnen und Schüler, die insgesamt an den sechs Workshops teilnahmen, spielte diese Misere des Deutschen an polnischen Schulen aber keine Rolle. Sie genossen die interessante Unterbrechung ihres Unterrichtsalltags durch das Supereule-Team – und werden im besten Fall auch zu Hause von der Online-Bildungsplattform berichten. Immerhin gibt es auf „supereule.pl“ auch eine sogenannte Elternzone, auf der die Mütter und Väter der Kinder und Jugendlichen allerlei Hinweise zu Veranstaltungen, Wettbewerben und Projekten mit Bezug zur deutschen Sprache finden können. „Wir haben neben kleinen Geschenken für die Schüler, wie einem Supereule-Stoffbeutel und Schreibmaterialien, immer auch Informationsflyer verteilt, damit auch die Eltern von uns und unserem Angebot erfahren“, sagt Beate Tur.
Mit dem Verlauf der Supereule-Live-Tournee zeigt sich die Kulturmanagerin zufrieden. „Wir konnten den Schülern etwas Neues beibringen und auch den Lehrern einige Inspirationen für ihren Deutschunterricht an die Hand geben. Und fast nebenbei haben wir natürlich Werbung für die Plattform ‚supereule.pl‘ und unsere Facebook-Seite gemacht. Und das Feedback, das wir von den Teilnehmern bekommen haben, zeigt: Die Workshops kamen bei den Schülern und Lehrkräften sehr gut an“, freut sie sich.
Auch Anna Dzielawski ist erfreut – und hat bei dem Ganzen auch selbst etwas gelernt: „Die Besuche haben mir gezeigt, wie unterschiedlich die Schulen sind. Während in einigen die modernen Unterrichtsmethoden schon zum Alltag gehören, sind sie in den anderen leider immer noch Neuland. Auch das Sprachniveau der Kinder unterscheidet sich stark voneinander. Auf dem Gebiet der Zweisprachigkeit ist auf jeden Fall noch Einiges zu tun“, betont sie.
Auch aus diesem Grund ist geplant, die Sprachworkshops mit der Supereule in Zukunft weiterzuführen. „Wir können uns gut vorstellen, diese Maßnahme als neues Projekt zu wiederholen, um dem Interesse der Schulen gerecht zu werden“, sagen Beate Tur und Anna Dzielawski einhellig.
Die vielen anderen Grundschulen in Schlesien dürfen sich also darauf freuen, dass die Supereule bei ihrer nächsten Tournee auch zu ihnen hineinflattert.
Lucas Netter
Das Projekt „Sprachworkshops mit der Supereule“ wurde gefördert durch das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) aus Mitteln des Auswärtigen Amts der Bundesrepublik Deutschland.
Supereule.pl
Die im Jahr 2022 ins Leben gerufene Online-Bildungsplattform der deutschen Minderheit in Polen „supereule.pl“ ist ein Projekt des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG) und der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien (SKGD). Sie hat das Ziel, alle relevanten Informationen mit Bezug zum Unterricht von Deutsch als Minderheitensprache an einem zentralen Ort zu bündeln, aufzubereiten und polenweit zugänglich zu machen. Das Angebot der Plattform (zum Beispiel die Vorstellung von Sprach- und Bildungsprojekten, Veranstaltungshinweise, didaktisches Material und rechtliche Aspekte des Deutschunterrichts) richtet sich sowohl an die Schüler und Lehrer als auch an die Eltern. Weitere Informationen zu dem Projekt finden Sie auf der Homepage der Supereule sowie auf deren Facebook-Seite. Die Inhalte der Internetauftritte sind jeweils auf Deutsch und Polnisch verfügbar.