Zum Wochenende des 7. und 8. Oktober hatte die in Hamburg ansässige Landsmannschaft Ostpreußen zum 14. Deutsch-Polnischen Kommunalpolitischen Kongress ins Allensteiner Hotel Warmiński eingeladen. Unter dem Titel „Nach der ‚Zeitenwende‘: Deutsche, Polen und die deutsche Minderheit im Zeichen des Ukrainekrieges“ sollten sich Vertreter der genannten Gruppen begegnen und sich zu damit verbundenen Themen sachlich austauschen.
Es ist eine langjährige Tradition, auf dieser Veranstaltung Themen zur deutschen Minderheit in Polen, aber vor allem auch zur Zusammenarbeit zwischen deutschen und polnischen Gemeinden und Städten aufzugreifen. Die Hoffnung, dabei Kontakte zu vermitteln und die Arbeit von unten zu stärken, erfüllte sich in diesem Jahr nur bedingt, da im Vorfeld der anstehenden Parlamentswahl nur wenige Vertreter der Selbstverwaltung den Weg nach Allenstein (Olsztyn) gefunden hatten.
Kooperation dank Rechtsstaat
Dabei sind es gerade die autonomen Selbstverwaltungen von Kreisen und Gemeinden sowie die Struktur der deutschen Minderheit, die Kooperationen und Partnerschaften möglich machen. Wie Wiktor Marek Leyk, der Beauftragte des Marschalls der Woiwodschaft Ermland-Masuren für Minderheitenfragen, in seinem Referat erläuterte, hätten beide ihre Basis in den rechtlichen Bestimmungen von Anfang der 1990er-Jahre. Das Recht über Gesellschaften, die Freiheit der Gründung von Vereinen war der Startpunkt der Organisationen der deutschen Minderheit in Polen. Auch die damaligen deutsch-polnischen Vereinbarungen haben viel dazu beigetragen.
Der heutige Zustand der Beziehungen der beiden Länder gebe hingegen Anlass zur Sorge, so Professor Arkadiusz Żukowski vom Lehrstuhl für politische Wissenschaften der Universität Ermland-Masuren. Es sei ein Taubstummendialog, da früher übliche, regelmäßige Konsultationen nicht mehr stattfinden und statt Konsens eher Konfrontation gesucht werde. Wichtig seien Basisinitiativen, wie etwa Jugendaustausch, das Kennenlernen. Dies umso mehr, da einerseits die Bilder des jeweils anderen Landes sehr plakativ seien, und andererseits die deutsche Minderheit als Brückenbauer mit ihren Projekten von der Presse ignoriert werde, wie Lech Kryszałowicz vom „Mitteilungsblatt“ des Verbandes der deutschen Gesellschaften in Ermland und Masuren (VdGEM) bitter feststellte.
Jugend im Blickpunkt
Erfreulich, nicht nur für die Organisatoren, war die große Zahl von Vertretern der Vereine der deutschen Minderheit und an jungen Referentinnen, die der etwas grauen Sicht auf die Dinge die Hoffnung und die Aktivität der Jugend entgegensetzten. Weronika Kordaczuk aus Allenstein präsentierte den Bund der Jugend der Deutschen Minderheit in Polen (BJDM), der seit 30 Jahren erfolgreich arbeitet und junge Menschen erreicht, die später in den Vereinen aktiv werden.
„Wie viele Personen wir erreicht haben? Es ist wichtiger, wie viele wir mit neuen Ideen erreichen werden“, erklärte Michał Schlueter vom Vorstand des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG), der auf dem Kongress die Strategie des VdG für die Jahre 2023 bis 2028 vorstellte, die einen Schwerpunkt zur Einbindung der Jugend enthält.
BJDM – bunt, jung, deutsch, modern – mit diesen Eigenschaften kann sich auch Andżelika Wolny vom Haus der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit (HDPZ) anfreunden, die das Projekt „Jugendpunkt“ leitet. Dabei werden Jugendklubs gegründet, in denen sich junge Menschen zwischen 14 und 20 Jahren verwirklichen und später selbst Verantwortung übernehmen können. „Für das nächste Jahr planen wir weitere Klubs und als Pilotprojekt den ‚Jugendpunkt Junior‘ für jüngere Kinder“, so Andżelika Wolny. Eine weitere Person, die sich der Jugend annehmen wird, ist Chantal Stannik, die neue Kulturmanagerin des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) beim VdGEM. Sie hat vor Kurzem ihren Dienst angetreten und stellte auf dem Kongress das ifa und seine Projekte vor.
Zusammenstehen für die Hilfe
Mit Bernard Gaida, dem ehemaligen Vorsitzenden des VdG, machte sich auch ein erfahrener Vertreter der deutschen Minderheit Gedanken über die Reichweite seiner Tätigkeit. „Bischof Nossol hat einmal gesagt, dass er viele Seelen erreichen will und sicher auch erreicht, er aber nie weiß, wie viele“, zitierte er einen großen Schlesier. Das gelte auch für die Hilfe und Unterstützung für die Ukrainer und besonders für die deutsche Minderheit in der Ukraine, die der VdG und die deutschen Minderheiten in der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) bereits am 25. Februar 2022 zu organisieren begannen.
Weitere Unterstützung für die Ukraine auf verschiedenen Ebenen mahnte Stefan Migus von der Abteilung Allenstein des Verbandes der Ukrainer in Polen, der Gast des Kongresses war, in einer sehr emotionalen Ansprache an. Diese Unterstützung und Förderung der Ukrainer in Polen oder Deutschland sowie in ihrer Heimat lasse sich dann erreichen, wenn man zusammensteht – womit sich der Kreis zur Notwendigkeit der lokalen Kooperation und der guten internationalen Beziehungen schließt.
Durch die vielfältigen Themen des Kongresses jedenfalls wurden viele Gespräche darüber angestoßen, die in den Kaffee- und Essenspausen sowie auch zwischendurch im Foyer lebhaft weitergeführt wurden.
Uwe Hahnkamp