Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Von Herausforderungen und Hoffnungen

Am Montag dieser Woche (08.01.) kamen Vertreter der deutschen Minderheit und mit ihr verbundene Kommunalpolitiker aus der Region Oppeln zum Neujahrsempfang zusammen. Traditionell war es eine Möglichkeit für ein erstes Resümee des vergangenen Jahres sowie ein Ausblick auf die kommenden Monate.

Bürgermeister, Landräte, Ratsmitglieder verschiedener Ebenen sowie Vorsitzende der Kreise und Gemeindevorstände der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen haben zunächst vom Vorsitzenden der Gesellschaft einen Rückblick auf die vergangenen Monate erhalten. Es sei ein Jahr voller Ereignisse gewesen, die für die Deutschen in Polen nicht einfach waren, resümierte Rafał Bartek. „Die Diskriminierung von rund 55.000 Kindern der deutschen Minderheit in Polen hielt trotz zahlreicher Bemühungen und Versprechen der Regierenden, sie abzuschaffen, an. Wir haben von der deutschen Seite zusätzliche Mittel für den außerschulischen Sprachunterricht erhalten, konnten diese jedoch aufgrund verspäteter Haushaltsentscheidungen und verfahrenstechnischer Hindernisse nicht in vollem Umfang nutzen. Wir haben uns aktiv an den Parlamentswahlen vom 15. Oktober beteiligt, aber aufgrund der hohen Wahlbeteiligung und der starken Polarisierung der Gesellschaft ist es uns zum ersten Mal nicht gelungen, unseren Abgeordneten in den polnischen Sejm zu bringen“, zählte Bartek auf.

SKGD-Neujahrsempfang 2024
Beim Neujahrsempfang kamen Kommunalpolitiker und DFK-Vertreter aus der ganzen Region zusammen.
Foto: Rudolf Urban

Zahlen und Fakten

Und doch war das vergangene Jahr, wie die vorherigen auch, von vielen Kulturprojekten geprägt. So zählte der SKGD-Vorsitzende auf: 387 Projekte im Rahmen der Begegnungsstättenarbeit, 115 Kultur- und Sprachprojekte, die vom Deutschen Konsulat in Oppeln unterstützt wurden, 84 Samstagskurse allein in der Oppelner Region, weiterhin sind zwölf Miro Deutsche Fußballschulen tätig, 29 Projekte wurden von 19 Gemeinden der Region finanziell unterstützt, neun Großprojekte unterstützte das polnische Innenministerium und 19 das Bundesinnenministerium.

Rafał Bartek
Rafał Bartek während seiner Rede
Foto: SKGD

„Mehr als 1.300 Mitglieder besuchten das Dokumentations- und Ausstellungszentrum der Deutschen in Polen im Rahmen des Projekts ‚Multiplikatorenschulungen für Mitglieder der SKGD Oppeln‘. Zehn DFK-Begegnungsstätten, an denen Sprachprojekte durchgeführt werden und werden sollen, wurden renoviert und ausgestattet. Am 11. September 2023 wurde in Chronstau auf dem Gelände des ehemaligen Klosters und Waisenhauses der dienstbaren Schwestern ein zweisprachiger Kindergarten eröffnet. Es gab 40 Gemeinden, in denen Stunden für Deutsch als Minderheitensprache aus den Gemeindehaushalten finanziert wurden“, berichtete Rafał Bartek weiter.

Selbstverwaltungswahlen

In das Jahr 2024 sieht der SKGD-Vorsitzende nun positiv, vor allem wegen der veröffentlichten Vorlage einer Verordnung, die die Deutschstunden als Minderheitensprache wieder auf das Niveau von drei Stunden wöchentlich anheben soll. „Es vor allem wichtig, dass wir als Gemeinschaft damit symbolisch in die Reihe der nationalen und ethnischen Minderheiten in Polen zurückkehren, die die gleichen Rechte genießen“, betonte Bartek und kam auch auf die jüngst veröffentlichten Zahlen der Volkszählung zu sprechen.

Gute Stimmung beim Neujahrsempfang
Foto: R. Urban

Eine der Hauptherausforderungen werden jedoch die Selbstverwaltungswahlen darstellen, bei denen die deutsche Minderheit nun zum ersten Mal nicht als eigenständiges Komitee antreten wird. „Ich weiß und bin mir bewusst, dass nicht jeder mit dieser Formel glücklich ist, aber bitte glauben Sie mir, dass den diesbezüglichen Entscheidungen des Vorstandes viele Diskussionen und Analysen vorausgegangen sind. Wir müssen offen sein für Veränderungen, auch für positive Veränderungen, wenn sich immer mehr Menschen polnischer Herkunft mit den Zielen unserer politischen Tätigkeit identifizieren. Wir müssen auch endlich bereit und offen sein für das, was in unserer Organisation schon immer diskutiert wurde, nämlich eine klarere Trennung von Politik und kulturell-bildnerischer Arbeit“, sagte dazu Rafał Bartek.

Politisch wird die deutsche Minderheit nun durch das Projekt „Schlesische Regionalpolitiker“ des Schlesischen Selbstverwaltungsvereins vertreten sein. Dessen Vorsitzender Łukasz Jastrzembski wandte sich beim Neujahrsempfang ebenfalls an die Versammelten und betonte die Bedeutung dieser Entscheidung. „Das war der letzte Moment, um auf den politischen Zug wieder aufzuspringen, der der deutschen Minderheit langsam davongefahren ist. Man könnte uns, auch mich, mit einem Frosch vergleichen, der im immer heißer werdenden Wasser sitzt und erst zu spät merkt, dass er fast schon gekocht wurde“, sagte Jastrzembski und fügte hinzu: „Es werden die ersten Wahlen ohne ein eigenständiges Komitee der Deutschen Minderheit sein, aber es werden Kandidaten aus den Reihen der deutschen Minderheit antreten, und zwar als ‚Schlesische Regionalpolitiker‘. Unsere Herkunft wollen wir dabei nicht verleugnen, sondern vielmehr betonen. Aber wenn wir politisch effektiv sein wollen, müssen wir uns öffnen.“

Łukasz Jastrzembski
Łukasz Jastrzembski
Foto: R. Urban

Danksagungen

Auch die Oppelner Vizemarschallin Zuzanna Donath-Kasiura betonte in ihrem Grußwort die Bedeutung der Selbstverwaltungswahlen, wies aber gleichzeitig darauf hin, dass man den Frauen in den Reihen der deutschen Minderheit mehr Raum geben solle, damit sie ebenso Verantwortung für die Gesellschaft und Politik übernehmen. „Und wir sollten nicht nur so fleißig wie bisher arbeiten, sondern vor allem auch über all unsere Tätigkeiten reden, damit auch die breite Öffentlichkeit sieht, wie aktiv wir als Minderheit und wir als Kommunal- und Regionalpolitikerinnen sind“, sagte Donath-Kasiura.

Zuzanna Donath-Kasiura
Zuzanna Donath-Kasiura
Foto: R. Urban

Der Neujahrsempfang war auch eine Gelegenheit, Ryszard Galla, dem langjährigen Abgeordneten der deutschen Minderheit, für seine Arbeit zu danken. Galla bekräftigte in seiner Rede nochmals die Hoffnung, dass nach der nun angebrochenen Pause, wenn es um einen Vertreter der Minderheit im polnischen Parlament geht, in vier Jahren wieder ein Abgeordneter die Volksgruppe repräsentieren werde.

Ryszard Galla
Ryszard Galla
Foto: R. Urban

Bei Empfang sprach auch Andrea Pownuk über die Tätigkeit des Bundes der Jugend der Deutschen Minderheit, der in diesem Jahr wieder seinen neuen Vorstand wählen wird. Und Maja Gerstenberg aus Oberglogau präsentierte den Versammelten ihre Gesangskünste.

Rudolf Urban

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